Am Samstag beginnt mit der Leichtathletik-WM in Berlin das Weltsportereignis 2009. Höhepunkt ist der 100-m-Showdown zwischen Olympiasieger Usain Bolt und Weltmeister Tyson Gay.

Die Sportwelt blickt für neun Tage gebannt nach Berlin. Am Samstag hebt sich im Olympiastadion der Vorhang zur 12. Leichtathletik-WM (bis 23. August), dem Weltsportereignis 2009. Rund eine Milliarde Menschen an den Fernsehschirmen und 500.000 in der Arena werden den Wettstreit der rund 2000 Athleten aus 200 Nationen um 47 Titel und 141 Medaillen verfolgen. Das absolute Highlight verspricht am Sonntag das 100-m-Finale mit Jamaikas Wundersprinter Usain Bolt zu werden, der bereits zum WM-Auftakt am Samstag auf die Bahn tritt.

"Ich will der Welt zu zeigen, dass das letzte Jahr kein Witz war", sagt Bolt, der zusammen mit seinem Rivalen Tyson Gay (USA) längst vor dem Startschuss der 44 Millionen Euro teuren WM als Hauptmotiv der Berliner Werbekampagne präsent war: Auf den Plakaten reißt er schon die Arme zum Jubeln empor.

In Peking sprintete der 22-Jährige in neue Dimensionen: Olympia-Gold über 100m (9,69 Sekunden), 200m (19,30) und 4x100m (37,10) - alles in Weltrekordzeit. Bei idealen Bedingungen kann er in Berlin für die nächste Fabelzeit sorgen. Gewinnt er wie in Peking dreimal (Einzel 60.000, für die Staffel 80.000 Euro Prämie), könnte der Jungmillionär im Falle neuerlicher Weltrekorde (je 100.000 Euro) rund 350.000 Dollar verdienen.

Tyson Gay mit Jahresbestzeiten nach Berlin

Doch Rivale Tyson Gay ist schnell wie nie. Der Dreifach-Weltmeister von Osaka rannte 2009 auf beiden Strecken zwei bzw. eine Hundertstel schneller als der oft von Regen und Rückenwind gestoppte Bolt: 9,77 über 100 und 19,58 Sekunden über 200m.

"Bei der WM vor zwei Jahren war ich am Knie verletzt und musste pausieren. Damals bin ich als Underdog ins Rennen gegen Asafa Powell gegangen. Jetzt hatte ich wegen Leistenprobleme eine Pause und trete als Underdog gegen Usain an", sagt der Mann aus Lexington/Kentucky.

Auch wenn die Amerikaner vielleicht wie bei Olympia in Peking das Sprint-Duell mit der Karibikinsel klar verlieren, die fünf von sechs Titeln gewann (100/200/4x100m Männer und Frauen) - sie werden nach jeweils 14 Goldmedaillen bei den Titelkämpfen 2005 in Helsinki und 2007 in Osaka (WM-Rekord) den Medaillenspiegel im Duell mit Russland, Jamaika sowie den Läufernationen Kenia und Äthiopien wohl erneut dominieren, wenn auch nicht so klar.

Mikitenkos Ausfall trifft DLV hart

Deutschland will wie 1993 bei seiner ersten WM in Stuttgart wieder ein weltweit hochgelobter Gastgeber sein, aber nicht nur Gastgeschenke verteilen. "Ziel sind sieben Medaillen wie 2007 in Osaka. Ob wir es trotz besserer Weltranglisten-Platzierungen als in den letzten Jahren erreichen, ist eine andere Sache. Leider trifft uns der Ausfall von Marathon-Favoritin Irina Mikitenko hart", sagt DLV-Präsident Clemens Prokop zur Chance des 90-köpfigen Teams.

Vor zwei Jahren gab es in Japan zwei Siege, zweimal Silber, dreimal Bronze, ähnlich wie bei der Heim-WM 1993 in Stuttgart (2-2-8). Prokop: "Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Ergebnis besser wird als beim einzigen Olympia-Bronze 2008 in Peking."

Irina Mikitenko, zweimalige London-Marathonsiegerin, verzichtet nach dem Tod ihres Vaters auf den Start. Nun ruht die große Last auf den Schultern von Hochspringerin Ariane Friedrich (Frankfurt/Main), die 2009 drei der vier Duelle mit Kroatiens Weltmeisterin Blanka Vlasic gewann und mit 2,06m an der Spitze der Weltrangliste steht.

Werfer mit Formschwächen

2009 unübertroffen ist mit ihren 68,59 m auch Christina Obergföll (Offenburg) im Speerwurf, angesichts ihres Leistungstiefs gilt sie wie Europameisterin Steffi Nerius (Leverkusen) derzeit aber nur als Bronzekandidatin. Ähnliches gilt im Diskuswurf für den Berliner Diskus-Vizeweltmeister Robert Harting und Hammer-Weltmeisterin Betty Heidler (LG Frankfurt). Weniger für die formschwache und ebenfalls per Wildcard startende Neubrandenburger Diskuswerferin Franka Dietzsch.

Anstelle der deutschen Titelverteidigerinnen könnten zwei Russinnen nach Dopingsperren siegen. Hammer-Weltrekordlerin Tatjana Lysenko und Ex-Diskus-Weltmeisterin Natalja Sadowa kehrten wie rund drei Dutzend andere bestrafte Athleten zurück. Der Weltverband IAAF hat in Berlin sein bisher größtes Anti-Doping-Programm mit 1500 Kontrollen aufgelegt. Ob es effektiv ist, kann bezweifelt werden. Doch inklusive Kanadas Ex-Sprint-Star Ben Johnson verloren seit 1987 immerhin 14 Weltmeister WM-Gold, 13 andere Silber oder Bronze.