Sotschi. . Die deutschen Biathletinnen geraten in Sotschi komplett aus der Spur und haben schon nach 600 Metern nichts mehr mit den Medaillen zu tun. Später wurde noch dazu die positive Dopingprobe von Evi Sachenbacher-Stehle bestätigt.

Nach dem Staffeldesaster der deutschen Skijägerinnen irrte Uwe Müssiggang erkennbar orientierungslos im Zielbereich des olympischen Biathlonstadions herum. Der Chef-Bundestrainer, der nach dieser Saison von seinem aktuellen Job zurücktreten wird, war am Ende eines für seine Abteilung rabenschwarzen Tages angelangt. Aber noch war er am Ort des Schreckens.

Dort, wo seit einigen Minuten das Statement von Evi Sachenbacher-Stehle kursierte, in dem die 33-Jährige ihre positive Dopingprobe und die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln bestätigte. Und dort, wo die die deutschen Staffelfrauen weit abgeschlagen hinter den ukrainischen Siegerinnen als Elfte gestrandet waren.

Preuß übergab mit drei Minuten Rückstand an Henkel

Elfter unter 17 gestarteten Teams – nachdem sie in den bisherigen Weltcups dieses Winters die Plätze zwei, eins und zwei belegt hatten. Dabei war das Rennen, das ihnen nach enttäuschenden Winterspielen wenigstens einen versöhnlichen Abschluss bescheren sollte, für die deutschen Biathletinnen schon gelaufen, kaum dass es begonnen hatte. Startläuferin Franziska Preuß hatte gerade die ersten 600 Meter ihres sechs Kilometer langen Parts hinter sich, als sie stürzte. Dabei zerbrach einer ihrer Skistöcke, und später, am Schießstand, musste die junge Frau dann erst mal umständlich ihre Waffe vom Schnee befreien.

Immerhin war die 19-Jährige so geistesgegenwärtig, beim Saubermachen nicht gegen die Sicherheitsbestimmungen zu verstoßen – was eine Disqualifikation zur Folge gehabt hätte. Das zumindest blieb dem DSV-Quartett erspart – doch die knapp drei Minuten Rückstand, mit denen Preuß schließlich an Andrea Henkel übergab, konnten weder die routinierte 36-Jährige noch Franziska Hildebrand und auch nicht Schlussläuferin Laura Dahlmeier wettmachen.

Am Ende kamen die deutschen Frauen 3:41,7 Minuten hinter dem Quartett aus der Ukraine ins Ziel. Etwas später machte der demnächst ausscheidende Boss aus seinem Herzen dann keine Mördergrube mehr – sondern stellte klar, dass die unangenehme Doping-Geschichte im eigenen Haus nicht nur lang-, sondern auch kurzfristig großen Schaden angerichtet hatte.

Letzten olympischen Spiele für Chef-Bundestrainer Müssiggang

„In der Mannschaftsbesprechung wurde angedeutet, dass so ein Fall vorliegt“, berichtete die 26-jährige Hildebrand zuvor noch rasch und meinte nach dem Debakel auf der Strecke: „Wir wollten noch mal ein anständiges Rennen machen und zeigen, dass wir als Team wirklich stark sind.“ Unter den gegebenen Umständen war dieser Plan, wie sich zeigte, jedoch zum Scheitern verurteilt. Dafür reichte dem erzürnten Chef bereits ein kurzer Blick ins Gesicht der Olympia-Novizin Preuß.

„Sie war wirklich angeknockt, gerade als Jüngere im Vergleich zu den Älteren“, berichtete Müssiggang und führte den Gedanken fort: „Da hat man schon gemerkt, dass die Summation der ganzen Geschichte für sie nicht vorteilhaft war, so in ein Rennen zu gehen.“

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Das klang eher gestelzt, praktisch sah es bei Franziska Preuß so aus: Die 19-Jährige musste im Ziel gestützt werden, und die Tränen liefen ihr noch lange nach dem Rennen übers Gesicht.

„Mir ist vor dem Start eine ganze Menge durch den Kopf geschossen“, sprach derweil der 62-jährige Müssiggang offen über sein aufgewühltes Inneres. Zum Beispiel dies: „Dass das meine letzten Olympischen Spiele sind. Und dann weiß man schon kurz nach dem Start, dass man dieses Rennen kaum mehr zu einem guten Ende bringen kann. Das war ganz bitter – und das bei Olympia.“