Washington. Im US-Bundesstaat Utah kriegt ein 17-jähriger Torhüter die Gelbe Karte. Danach schlägt er den Unparteiischen. Eine Woche später stirbt Ricardo Portillo. Sein Tod wird in den US-Medien mit großer Aufmerksamkeit dargestellt. In etlichen Berichten wird zum Vergleich der Fall des holländischen Linienrichters Richard Nieuwenhuizen erwähnt.

Für Ricardo Portillo war es viel mehr als die schönste Nebensache der Welt. Damit die spanisch-stämmige Jugend in den Vorstädten von Salt Lake City im US-Bundesstaat Utah an der frischen Luft Teamgeist lernt und nicht neben Chipstüten vor dem Fernseher versauert, stellte sich der 46-jährige Einwanderer aus dem mexikanischen Guadalajara seit Jahren kostenlos als Schiedsrichter der „La Liga Continental de Futbol“ zur Verfügung.

Ein buntes Sammelbecken für Familien, die am Wochenende mit Picknick-Korb und Liegestuhl zusammenkommen. Väter und Mütter lassen am Spielfeldrand gemütlich die Woche ausklingen, während ihr zwischen 5 und 17 Jahren alter Nachwuchs vor den Ball tritt. Freizeitsport, Hobby. Eigentlich ein harmloser Spaß. Bis zum 27. April.

Schiris als Prügelknaben?

Vor einer Woche wurde der zweifache Vater auf dem Spielfeld der Eisenhower Junior High School im Vorort Taylorville von einem 17-jährigen Torhüter mit einem Faustschlag niedergestreckt. Tausende schickten, ausgelöst durch die breite Berichterstattung in den Medien über den tagelang im Koma liegenden Unparteiischen, E-Mails und Briefe. „Werde bald wieder gesund, wir brauchen Dich!“, schrieb Juan Diaz aus Phoenix/Arizona. Vergebens.

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Am Wochenende erlag Ricardo Portillo seinen schweren Hirnverletzungen. Und Amerika, wo Fußball neben den Hauptsportarten Basketball, Eishockey, Baseball und Football gerade im Freizeitbereich immer beliebter wird, reibt sich entsetzt die Augen: „Werden Fußball-Schiedsrichter jetzt wie in Europa auch bei uns zum Prügelknaben?“, fragte ein Experte auf dem Sportkanal ESPN.

Die Szene, die Portillo zum Verhängnis wurde, begann nach Berichten der „Salt Lake Tribune“, die sich auf Polizeiakten beruft, vergleichsweise harmlos. Portillo gab dem 17-jährigen „Goalie“ die Gelbe Karte, als der vor einem Eckball im Strafraum einem gegnerischen Spieler regelwidrig in den Rücken fiel, um sich Freiraum zu verschaffen. Der Torhüter, der nach den Worten von Trainer James Yapias zum ersten Mal zwischen den Pfosten stand und bis dahin unauffällig war, protestierte nach Angaben von Ohrenzeugen lautstark.

Anklage wegen Körperverletzung mit Todesfolge

Als Portillo den Charakter der Verwarnung erläutern und den Verstoß in seinem Heft notieren wollte, traf ihn seitlich am Kopf ein einziger heftiger Faustschlag. Der Referee ging zu Boden, spuckte Blut. Als die Sanitäter eintrafen, klagte Portillo über Übelkeit und Schwindelgefühl. Im Krankenhaus verschlechterte sich sein Zustand: schwere Gehirnerschütterung. Die Ärzte um Dr. Shawn Smith im Intermoutain Medical Center ließen Flüssigkeit aus dem Schädel, „um den Druck zu verringern“.

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Es half nichts. Am Samstag gab die Familie den Tod bekannt. Die Todesursache bleibt einer Autopsie vorbehalten. Der Täter sitzt in Untersuchungshaft, die Identität ist mit Rücksicht auf sein Alter noch unter Verschluss. Über seine Schilderung des Falles ist bisher nichts bekannt. Ihm droht eine Anklage wegen Körperverletzung mit Todesfolge. „Das kann im schlimmsten Fall lebenslange Haft bedeuten“, berichtet der Rechtsexperte des TV-Senders NBC.

Mario Vasquez, Präsident der Freizeit-Liga im Großraum Salt Lake City, ordnete nach dem Zwischenfall die Aussperrung des Torhüters und seiner kompletten Mannschaft an. Portillos Töchter, Johanna und Ana, sagten bei einer Pressekonferenz, ihr Vater sei schon häufiger beim Schiedsrichtern angegriffen und teilweise, etwa durch Rippen- und Beinbrüche, schwer verletzt worden. „Wir baten ihn mehrmals, doch endlich damit aufzuhören. Aber er wollte nicht. Fußball war seine Leidenschaft.“ Damit die Schwestern von Ricardo Portillo aus Mexiko zur Beerdigung anreisen können, ist ein Spendenkonto eingerichtet worden.