Schladming. . Maria Höfl-Riesch aus Garmisch-Partenkirchen gewinnt bei den Titelkämpfen in Schladming den Titel in der Super-Kombination. Dabei hatten sie und die 30.000 Fans bis zuletzt eine andere auf dem Zettel. Tina Maze allerdings,die Gold im Super-G geholt hatte, war knapp eine halbe Sekunde langsamer.

Als sich Tina Maze ganz oben im Starthäuschen für den abschließenden Slalom der Super-Kombination bereit machte, freute sich Maria Höfl-Riesch bereits ganz unten im Zielbereich der Schladminger Planai. „Okay, Silber ist super“: Diese Worte seien ihr in diesem Moment durch den Kopf gegangen, gestand Höfl-Riesch später. Maze, das Maß aller Dinge in dieser Ski-Saison; Maze, die am Dienstag gleich zum Auftakt der WM das erste Gold im Super-G abschöpfte; Maze, die Top-Favoritin, würde sich die Führung nach der Abfahrt doch nicht mehr abjagen lassen. So dachte Höfl-Riesch – und mit ihr nicht nur 30.000 Zuschauer im Schladminger Hexenkessel, sondern fast alle Ski-Fans und Experten auf der Welt.

Und dann passierte der schönste Irrtum der Maria Höfl-Riesch: Als Maze über die Ziellinie raste, leuchtete hinter dem Namen der Slowenin die „2“ auf. „Plötzlich bin ich Weltmeisterin. Das ist der Hammer“, versuchte die 28-jährige Höfl-Riesch, die das erste Gold für Deutschland bei dieser WM gewann, ihre Überraschung in Worte zu fassen und ließ die verbalen Beschreibungen der Seelenlage folgen, die schon so viele vor ihr gesagt haben: „Unglaublich! Unfassbar! Wahnsinn! Wahnsinn! Einfach Wahnsinn!“

Schlucken bei der Hymne

Eine halbe Stunde später hatte Höfl-Riesch ihre Goldfahrt immer noch nicht richtig verarbeitet. Als sie bei der Siegerehrung, eingerahmt von der Silbermedaillengewinnerin Maze (0,46 Sekunden zurück) und der Dritten, Nicole Hosp aus Österreich (1,00 Sekunden), die deutsche Hymne sang, musste sie einige Male schlucken.

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Normalerweise wäre ihr Gold keine Überraschung gewesen, schließlich hatte sie sich schon 2010 noch unter dem Namen Maria Riesch in der Superkombination zur Olympiasiegerin gekrönt. Aber was ist schon normal gelaufen in dieser für sie so verhexten Saison? Fast nichts. Gerade zweimal stand sie in dieser Weltcup-Saison auf dem Podium: völlig ungewohnt für die Seriensiegerin der vergangenen Jahre.

Rechtzeitig zum Höhepunkt aus einem Tief

Immer wieder schlichen sich fatale Fehler in die Fahrten der Perfektionistin ein. Einige kosteten sie bessere Platzierungen, andere brachten sie sogar von der Strecke. „Das hat schon an meinem Selbstvertrauen genagt“, gab die Doppel-Olympiasiegerin von Vancouver zu, „ich wusste, dass es nicht am Skifahren lag. Also musste es eine Kopfsache sein. Manchmal habe ich an meiner mentalen Stärke gezweifelt.“

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Sich rechtzeitig zum Höhepunkt aus einem Tief zu ziehen, negative Erlebnisse auszublenden und in positive Gefühle umzuwandeln, das war Höfl-Riesch schon einige Male gelungen. So machte sie 2009 nach einer bis dahin verkorksten WM am letzten Tag noch im Slalom ihr Goldstück perfekt.

Der Widerspruch

Aber in dieser Saison ging selbst der Frau aus dem Werdenfelser Land der Optimismus aus. Ihr Mann, Marcus Höfl, der als Manager von Franz Beckenbauer die Fußball-Szene bestens kennt, empfahl ihr, ein Mentaltraining durchzuführen. „Ich weiß, im Fußball ist es weit verbreitet, einen Psychologen zu Rate zu ziehen. Und vielen hat das auch geholfen, aber ich wollte nicht mitten im Winter damit anfangen“, erzählte Höfl-Riesch am Freitag, warum sie ihrem Gatten in diesem Punkt widersprochen hatte.

Und dann ging nach einer verpatzten Saison auch noch der Auftakt bei der Weltmeisterschaft in Schladming schief. Im Skandalrennen der Entscheidung um den Super-G -Titel schied sie nach 20 Sekunden aus. „Aber ich habe rechtzeitig wieder zu mir gefunden“, sagte die Weltmeisterin und gab dann zu: „Es war eine große Genugtuung, diesen Befreiungsschlag geschafft zu haben. Deshalb hat dieser Titel auch eine ganz besondere Bedeutung für mich.“

Sonntag folgt die Abfahrt

Es war aber nicht nur die mentale Stärke, die Höfl-Riesch im richtigen Moment wieder entdeckt hatte, es war auch ein kleiner, aber feiner Trick, der sie letztlich in die Goldspur geführt hatte. Nach der Abfahrt, die sie als Vierte mit einem Rückstand von 0,20 Sekunden auf die Spitzenreiterin Tina Maze beendet hatte, nutzte sie die zweistündige Pause, um mit dem Auto zur wenige Kilometer entfernten Reiteralm zu fahren.

Dort hatten die deutschen Trainer bereits einen Slalom-Kurs gesteckt. So konnte sich Höfl-Riesch nach der Abfahrt bestens auf die rund einen halben Meter kürzeren Slalom-Bretter umstellen. „Das war ein sehr guter Schachzug von uns“, sagte sie über ihren Ausflug auf die Alm.

Mit der Goldmedaille hat Höfl-Riesch ihre WM-Ziel schon überfüllt, wie sie mit einem süffisanten Lächeln erzählte. Doch am Sonntag hat sie bereits die nächste Medaillenchance, wenn auf der Planai die beste Abfahrerin der Welt ermittelt wird. „Ich bin jetzt wohl ein bisschen mehr Favoritin als vor der Kombination“, sagte die Weltmeisterin. Kein Einspruch, Frau Höfl-Riesch.