Sao Paulo. Sebastian Vettel und Fernando Alonso duellieren sich, Michael Schumacher steigt aus, Mercedes stürzt ab, Twittern ist gefährlich und Fluchen verboten. Wir blicken zurück auf die Tops und Flops der Formel-1-Saison 2012.
Das Duell des Jahres: Sebastian Vettel gegen Fernando Alonso
Sebastian Vettel und Fernando Alonso lieferten sich bis zum letzten Rennen des Jahres ein WM-Duell auf Augenhöhe. Abseits der Strecke duellierten sie sich auf unterschiedliche Art und Weise. Alonso griff mit Samurai-Schlaumeiereien und einem unsäglichen Gewehr-Foto an, Vettel hatte keine Lust auf Psychospielchen und konterte allenfalls mal spitzbübisch.
Der Aussteiger des Jahres: Michael Schumacher
Der zweite Rücktritt wird endgültig sein. Michael Schumacher beendet seine große Karriere. Den 91 Rennsiegen und sieben Titeln fügte er in den drei Comeback-Jahren bei Mercedes keine hinzu. Das Auto war einfach zu schlecht, Schumacher mit über 40 wohl einfach zu alt. Doch er hatte die meiste Zeit über Spaß, wirkte locker wie nie und brachte der Formel 1 eine Menge Reputation. So gesehen war seine Rückkehr kein Fehler. Sein endgültiger Rücktritt ist es aber sicher auch nicht.
Der Aufsteiger des Jahres: Nico Hülkenberg
Der "Hülk" war der Überflieger des Jahres. Nach einem Jahr Zwangspause hatte der Mann von Niederrhein zwar "Anpassungsschwierigkeiten", im zweiten Halbjahr diktierte er Force-India-Teamkollege Paul di Resta nach Belieben. Ferrari und Mercedes interessierten sich für den Mann, den Teamchef Vijay Mallya als "künftigen Weltmeister" sieht. Am Ende reichte es nur zum Wechsel zu Sauber. Doch die Schweizer fahren mit Ferrari-Motoren, die Hintertür zur Scuderia ist damit offen.
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Das Comeback des Jahres: Kimi Räikkönen
Der Iceman ist zurück. Brummelig wie eh und je, aber fahrerisch eine Klasse für sich. Bis zum Schluss in Schlagdistanz zu den WM-Rivalen sorgte er auch für Highlights abseits der Strecke. Seine Pressekonferenzen fielen öfter mal aus. In Shanghai war er "lost in China", in Bahrain kam er zehn Minuten vor dem Termin, sagte "niemand da" und ging wieder. In Abu Dhabi würgte er Ansagen am Boxenfunk mit den Worten: "Jajaja, lasst mich in Ruhe! Ich weiß, was ich tue" ab. "Und das waren nur die freundlichen Kommentare", sagte Teamchef Eric Boullier. Nach dem Rennen meldete sich Räikkönen für zwei Wochen zum Feiern ab: "Wenn ich beim nächsten Rennen da bin, ist das Team froh."
Die Enttäuschung des Jahres: Mercedes
Es schien das Jahr des großen Durchbruchs zu werden. Nico Rosberg gewann das dritte Rennen in Shanghai, in Monaco war der Silberpfeil das schnellste Auto. Doch in der zweiten Saisonhälfte kam der Absturz. Vor dem Saisonfinale blieb Mercedes fünf Rennen ohne einen einzigen Punkt: Ein Desaster. Niki Lauda als Aufsichtsratschef und Lewis Hamilton als neuer Fahrer sollen nun beim nächsten Anlauf den Erfolg bringen.
Der Fangio des Jahres: Nico Rosberg
Er holte den Sieg, den viele für Rekordweltmeister Michael Schumacher reseviert sahen: Den ersten im Silberpfeil seit dem legendären Juan Manuel Fangio vor fast 57 Jahren. In der zweiten Saisonhälfte ging Rosberg mit Mercedes unter. Doch er hat im dritten Jahr zum dritten Mal Schumacher geschlagen. Und er ist jetzt ein Siegfahrer.
Der Skandal des Jahres: Bahrain
Dass die Formel 1 in diesem Jahr im Krisenstaat fahren musste, war schlimm genug. Die Krönung waren jedoch die höhnischen, znyischen, lächerlichen Kommentare von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone. Man fahre doch auch in China, wo ebenfalls Menschenrechte verletzt werden, Opfer eines Anschlags könne man schließlich überall werden. Fahrer und Angestellte wurden zudem zu Duckmäusern erzogen, niemand sagte seine Meinung. Bestraft wurden nur die, die nicht wegsahen. Wer daheim blieb, wurde entlassen. Als das Force-India-Team Zeuge eines Anschlags wurde und aufs 2. Training verzichtete, wurde es bei der 3. Einheit nicht im TV-Bild gezeigt. Ein schlechteres Bild hatte die Formel 1 vielleicht nie zuvor abgegeben.
Der Aufreger des Jahres: Twittern
Fernando Alonso hat das Twittern für sich entdeckt und macht sich einen großen Spaß draus. Auch wenn die Presseabteilung "mich im Auge hat", twitterte er munter Stuss. Regelmäßige Samurai-Schlaumeiereien oder gar eine skandalöse Kriegsansage an Vettel mit riesigem Paintball-Gewehr im Anschlag. Dümmer war nur Lewis Hamilton, der seinen 1,1 Millionen Followern erst geheime Telemetrie-Daten mitteilte, und dann Teamkollege Jenson Button Respektlosigkeit vorwarf, um kurz darauf zurückrudern zu müssen. 140 Zeichen sind eben manchmal zu schnell losgeschickt.
Verbot des Jahres: Fluchen
Sebastian Vettel sagte "fuck up", Kimi Räikkönen "shit". Und das im Interview auf dem Podium, und auch noch in Abu Dhabi, vor vielen pikierten Arabern. Die FIA fordert daraufhin alle Teams und Fahrer zu "angemessener Sprache" auf. Vettel sahs nicht ein. "Jeder hat die Fernbedienung in der Hand, und wer sensibel ist, kann Kindersendungen schauen." Als er kurz darauf in einer Pressekonferenz die Formulierung "to take a piss" verwendete, hielt er sich aber schnell die Hand auf den Mund. Und FIA-Pressechef Matteo Bonciani klopfte ihm lächelnd auf die Schulter.
Die Gurke des Jahres: Narain Karthikeyan
Mit einem Unfall in Malaysia brachte er Sebastian Vettel auf die Palme. Dieser beschimpfte ihn nicht nur als "Idiot", sondern auch als "Gurke". Juckte Karthikeyan wenig, denn der Inder wusste gar nicht, dass "Gurke" ein Schimpfwort sein soll. Als Vettel ihm in Austin aber noch die Schuld für das Überholmanöver von Hamilton gab und sein Boss Helmut Marko ihn als "Sch... Karthikeyan" bezeichnete, platzte dem sonst ständig freundlich lächelnden Inder der Kragen: "Ich kann diesen Blödsinn nicht mehr hören."
Der Rambo des Jahres: Romain Grosjean
Pastor Maldonado bewarb sich ebenfalls eindrucksvoll, doch der Titel des "Crash Kids" konnte nur an Romain Grosjean gehen. Der Massen-Crash in Spa war einer zu viel, in Monza war der Lotus-Pilot gesperrt. Nach dem nächsten Unfall in Japan forderte Red-Bull-Boss Marko drei Rennen Sperre für den "wahnsinnigen, französischen Experten" (Niki Lauda). Ecclestone empfahl ihm schon Mal den Gang zum Augenarzt.
Die Premiere des Jahres: Austin
Die Umgebung war trostlos. Doch mitten ins Cowboy-Land in der Prärie baute der Aachener Architekt Hermann Tilke eine spektakuläre Berg- und Talbahn. 260.000 Zuschauer an drei Tagen sorgten für ein sensationelles US-Comeback. "Besser als erwartet" sei es, sagte Ecclestone strahlend. Jetzt will er bis zu vier US-Rennen. (sid)