Sao Paolo. Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel hat die Pole Position für den Showdown in São Paulo verpasst, aber dennoch allerbeste Chancen auf den dritten Titel in Folge. Denn sein Rivale Fernando Alonso, der ohnehin die Hypothek von 13 Punkten Rückstand trägt, startet vier Plätze hinter ihm.
Sebastian Vettel kniete gedankenverloren in der Box, seine Augen klebten am Bildschirm. Den Zeigefinger verkniffen in den Mund gesteckt, schaute sich der Formel-1-Weltmeister auf dem TV-Schirm missmutig noch einmal seine letzte Qualifikationsrunde an. Diese hatte zwar nur für Startplatz vier am Sonntag (17 Uhr MEZ/live im DerWesten-Ticker) in Sao Paulo gereicht, doch eigentlich war der Red-Bull-Pilot damit der große Gewinner.
„Wir wussten, dass es sehr eng wird. Im Q3 war es nicht so gut von mir selbst. Hier und da war ich zu schüchtern, ich habe nicht ganz das Optimum rausgeholt“, sagte Vettel.
Vettel hat beste Chancen auf Titel-Hattrick
WM-Rivale Fernando Alonso (Ferrari), der ohnehin die Hypothek von 13 Punkten Rückstand trägt, startet nämlich noch vier Plätze weiter hinten. Damit hat Vettel allerbeste Chancen, am Sonntag seinen Titel-Hattrick perfekt zu machen und in dieser Kategorie zum legendären Juan Manuel Fangio und Rekordchampion Michael Schumacher aufzuschließen. Ein vierter Rang reicht Vettel unabhängig von Alonsos Abschneiden zum erneuten Titelgewinn.
Die Pole Position sicherte sich Lewis Hamilton im McLaren vor Teamkollege Jenson Button und Vettel Stallrivale Mark Webber. Schumacher verpasste derweil im letzten Qualifying seiner Karriere Q3 und startet nur von Rang 14. Will er erstmals nach sechs Rennen zum Abschluss punkten, muss er also mindestens vier Plätze wettmachen. Mehr Hoffnungen auf den ersten Mercedes-Punkt seit fünf Rennen hat Nico Rosberg, der als Zehnter startet. Nico Hülkenberg (Force India), der vor zwei Jahren in Brasilien sensationell die Pole geholt hatte, geht als Siebter ins Rennen, Marussia-Pilot Timo Glock von Platz 21 aus.
Den ersten „Titel“ hat Vettel derweil schon sicher. Nach der schnellsten Rennrunde in 6 der bisherigen 19 Rennen ist in dieser Kategorie nicht mehr zu verdrängen und erhält am Sonntagmorgen um 11.20 Uhr den Pokal eines Sponsors. Im Vorjahr hatte diesen noch Teamkollege Mark Webber für insgesamt sieben schnellste Runden erhalten.
Vettel war in dieser Rangliste nach seinen Bestzeiten in Bahrain, Montreal, Budapest, Suzukua, Abu Dhabi und Austin sogar konkurrenzlos. Nach ihm folgen Rosberg (Valencia, Monza), Jenson Button und Kimi Räikkönen mit jeweils zwei. Auch Schumacher in Hockenheim und Hülkenberg in Singapur schafften bei jeweils einem Rennen die schnellste Runde. Insgesamt sind in der Liste 2012 elf Fahrer vertreten - nicht aber Alonso.
Mateschitz befeuert Spekulationen
Derweil hat Red-Bull-Besitzer Dietrich Mateschitz die eigentlich abgeebbten Gerüchte um einen möglichen Wechsel Vettels zu Ferrari unnötig befeuert. „Wenn ich Rennfahrer wäre, hätte ich auch vielleicht Freude daran, irgendwann einmal bei Ferrari zu fahren. Das ist nicht nur ganz natürlich, sondern durchaus legitim“, sagt er den Salzburger Nachrichten: „Und wenn es jemals so sein sollte, wünschen wir ihm alles Gute, und dann würde halt Alonso oder Hamilton für uns fahren. Es geht letztlich um Sport, und da ist nur wichtig, dass es spannend bleibt.“ Allerdings sei das Thema bisher „nur ein mediales und kein wirkliches. Sebastian hat mit uns nicht nur Verträge, sondern uns verbinden auch Loyalität und Freundschaft. Was nicht ausschließt, dass er Angebote von anderen Teams bekommt.“
Wie nahe er dem Team steht, beweist Vettel am Dienstag, wenn er unabhängig vom Ergebnis am Sonntag in die Red-Bull-Fabrik nach Milton Keynes reisen wird, um sich bei allen 550 Angestellten für das erfolgreiche Jahr zu bedanken. (sid)