Hockenheim. Sebastian Vettel hatte sich schon über den verpassten Heimsieg beim Großen Preis von Hockenheim geärgert, doch jetzt kommt es noch dicker: Wegen eines geahndeten Überholmanövers kurz vor Schluss verlor der Formel-1-Weltmeister gleich drei Plätze. Die WM-Spitze gerät in immer weitere Ferne.
Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel ist dafür bekannt, seine Möglichkeiten auf der Strecke auszureizen. Was die Regeln angeht, steht ihm sein Team Red Bull in nichts nach. Den Beweis traten sowohl der zweimalige Champion als auch sein Rennstall beim Großen Preis von Deutschland eindrucksvoll an. Während das Team mit einem blauen Auge davonkam, wurde der 25-Jährige nach einem gewagten Überholmanöver gegen Jenson Button mit einer 20-Sekunden-Durchfahrtsstrafe belegt. Was Vettel Platz zwei und somit wertvolle WM-Punkte kostete. Als Fünfter gab es statt 18 nur noch zehn WM-Zähler.
Vettel hatte seine Aktion, als er mit allen vier Rädern die Strecke verließ, nach dem Rennen auf dem Hockenheimring noch verteidigt. "Wir waren Seite an Seite und ich wollte ihm etwas Platz lassen. Das letzte, was man zwei Runden vor Schluss will, ist ein Unfall. Deshalb habe ich uns beiden Platz gelassen", sagte er. Die Rennkommissare sahen das anders und erkannten einen Regelverstoß des Weltmeisters. "Ich muss die Entscheidung akzeptieren", sagte Vettel später.
Ärger gab es schon vor dem Rennen
Wenige Stunden vor dem Rennen hatte es bereits Ärger für Red Bull und Vettel gegeben. Wie der Technische Delegierte Jo Bauer mitteilte, solle sich die Drehmoments-Kurve des Renault-Motors markant von den Kurven bei früheren Rennen unterscheiden. Heißt im Klartext: Der Red Bull von Vettel und seinem Teamkollegen Mark Webber ist nach der Meinung Bauers illegal. Nach der Einschätzung des Deutschen komme dies einer unerlaubten Veränderung der elektronischen Einstellung des Motors gleich, was zugleich zu einer Veränderung der Aerodynamik führt. "Meiner Meinung nach liegt ein Verstoß gegen Artikel 5.5.3 des Technischen Reglements vor", wird Bauer in einer Pressemitteilung zitiert.
Allerdings schien es mal wieder viel Lärm um nichts gewesen zu sein, denn noch vor dem Rennen gaben die Rennkommissare grünes Licht. Auch wenn die Stewards offenbar nicht alle Argumente des Teams teilten, wurde kein Regelverstoß festgestellt, hieß es in der Mitteilung der FIA. Deshalb gebe es auch keine weiteren Sanktionen. Ein Freispruch zweiter Klasse, bei dem ein kleiner Nachgeschmack bleibt.
Möglichkeit zum Einspruch bleibt
Und die Möglichkeit, dass die anderen Teams Einspruch einlegen, ebenfalls. "Das wäre wirklich sehr enttäuschend, denn es ist eine klare Sache. Aber man soll niemals nie sagen, der Wettbewerb und die Konkurrenz sind sehr stark", sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner.
Es ist aber auch nicht das erste Mal, dass das Weltmeister-Team in den Fokus der FIA gerät. Nach dem Sieg Vettels in Bahrain im April kamen erste Gerüchte auf, Löcher im Unterboden des Red Bull seien nicht regelkonform. Nachdem Wochen später in Monaco zwar immer noch kein Team offiziell Protest eingelegt hatte, der Unmut aber immer lauter wurde, sprach die FIA ein Machtwort und verdonnerte Red Bull zum Umbau, um keine WM-Punkte zu verlieren. Die Löcher würden die Aerodynamik verbessern, erklärte die FIA die Maßnahme.
Kreativer Kopf Newey
Der kreative Kopf hinter den technischen Spielereien ist Design-Guru Adrian Newey, der in der Vorsaison den auspuffangeströmten Diffusor entwickelt hatte. Der hatte Vettel zum souveränen zweiten Titelgewinn getragen. Vor der aktuellen Saison wurde der Diffusor allerdings verboten. Das zerstörte den technischen Vorsprung des Weltmeister-Teams, Newey musste nach neuen Lösungen suchen.
Dass diese Lösungen teilweise sehr kreativ und am Rande der Legalität sein können, gehört zur Formel 1 wie die Reifen. Doch Bauer wirft dem Team nun vor, den Auspuff immer noch als aerodynamische Hilfe zu benutzen. Dabei hatten Red Bull, Vettel und vor allem Webber nach einem für Red-Bull-Verhältnisse durchwachsenen Start in die Saison in die Spur gefunden. Der Australier wurde für seine bis dato überzeugende Saison sogar mit einem neuen Einjahresvertrag belohnt. (dapd)