Osnabrück/Essen. Stehplatz-Verbot in Stadien, höhere Zäune, saftige Geldstrafen - die Forderungen der Deutschen Polizeigewerkschaft nach strengeren Regeln bei Fußballspielen werden immer umfassender. Fans, die sich einer gründlichen “Leibesvisitation“ verweigern, sollen “vor dem Stadion bleiben müssen“. Innenminister Friedrich geht noch einen Schritt weiter.

Mit Blick auf Ausschreitungen bei Fußballspielen mit Pyrotechnik fordert die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) die Innenminister dazu auf, empfindliche Strafen gegen Vereine und Fußball-Ligen durchzusetzen. "Die Stehplätze gehören abgeschafft, die Zäune erhöht und bei jeder Ausschreitung sollten für den Verein 100.000 Euro fällig werden", sagte der DPolG-Vorsitzende Rainer Wendt der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Wem zudem strenge Leibesvisitationen nicht passen, der soll vor dem Stadion bleiben müssen." Die Sicherheit in Fußballstadien ist auch Thema der Innenministerkonferenz am heutigen Mittwoch in Göhren/Lebbin in Mecklenburg-Vorpommern.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat sich im Vorfeld bereits für eine elektronische Fußfesseln für notorische Hooligans ausgesprochen. Der CSU-Politiker sagte am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin", wenn eine Einigung mit der Justizministerin über die entsprechende Gesetzesänderung möglich wäre, sei er durchaus für eine solche Maßnahme. Generalbundesanwalt Harald Range hatte zuvor für Fußfesseln plädiert. Diese würden die Möglichkeiten der Polizei zur Kontrolle bekannter gewaltbereiter Fans verbessern, sagte Range. Bislang könnten die Beamten nur Platzverweise aussprechen.

Weitere Gespräche von Politikern mit DFB und DFL lehnte Wendt ab. "Am Runden Tisch drehen sich die Teilnehmer meist nur im Kreis", sagte er. "Die Innenminister müssen sich endlich gegen die Borniertheit der Vereine und Ligen durchsetzen: Ein Fußballspiel mit Zigtausenden Zuschauern ist nicht mit dem Hausrecht bei einer privaten Grillparty gleichzusetzen." Bei der Inneren Sicherheit sei es am Staat und nicht an DFB und DFL, die "Spielregeln für empfindliche Geldbußen" festzulegen.

Rauball: "Stehplätze gehören zur Fußball-Kultur."

Reinhard Rauball, Präsident von Borussia Dortmund und des Ligaverbandes, warnte vor Aktionismus: „Stehplätze gehören in die Stadien. Sie sind ein Stück Fußball-Kultur.“ Der Funktionär stellte vor einigen Tagen im Gespräch mit der WAZ-Mediengruppe klar: „Ich werde bis zum Schluss dafür kämpfen, dass es nicht zu einer Abschaffung kommt. Das wäre der falsche Weg.“

Der Fan-Abteilungsleiter vom BVB, Marco Blumberg, stellte gegenüber der WAZ-Mediengruppe kürzlich fest: „Wenn es einen Zusammenhang zwischen Stehplätzen und Gewalt geben würde, dann müsste Dortmund mit seinen über 25.000 Stehplätzen die Gewalthochburg schlechthin sein.“ Ganz im Gegenteil, sei gerade die Südtribüne aber weltweit für ihre Stimmung bekannt und mit ein Grund, warum die "Times" das Dortmunder Stadion zum schönsten der Welt kürte.

In England wurden die Stehplätze nach der Hillsborough-Katastrophe von 1989 gesetzlich nach und nach abgeschafft. In Deutschland wollen Bundesliga und DFB auf die bedenklichen Entwicklungen von einem kleinen, aber aktiven Teil der Fans reagieren. Die Vereine sollen stärker in die Pflicht genommen werden. Mit konsequenterem Umsetzen von Stadionverboten, besserer Kameraüberwachung, verstärkten Einlasskontrollen. (we/dapd)