Dortmund. . Viele Vorschläge werden zurzeit diskutiert, um die Stadien vor Randalierern besser zu schützen. Eine Ideallösung ist nicht dabei. Wir haben die Ideen abgeklopft.
Da sag' noch einer, wir seien nur das Land der 80 Millionen Bundestrainer. Wir können noch viel mehr: Sicherheitsexperte, zum Beispiel. Kaum einer, der sich nicht berufen fühlt, einen Vorschlag zu machen, wie der Fußball wieder sicherer wird. Edmund Stoiber, immerhin Aufsichtsrat des FC Bayern, hat es als Letztes getan: Die Zäune sollen wieder hochgezogen werden. Andere fordern höhere Ticketpreise, wieder andere wollen die Stehplätze abschaffen. Doch welche Überlegungen spielen in den derzeitig intensiv geführten Gesprächen der Bundesliga-Vereine wirklich eine Rolle?
Besser qualifizierte Ordner
Wer sich bislang die Weste mit der Aufschrift „Ordner“ übergestreift hat, tat dies vornehmlich aus Liebe zum Verein. Der materielle Lohn: ein Trinkgeld. Doch das Relegationsspiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Berlin bewies: Guter Wille reicht im Ernstfall nicht aus. „Die Ordner sind nicht bundesligareif. Sie sind den Anforderungen in einer solchen Stresssituation nicht gerüstet und müssen besser qualifiziert werden“, sagt Frank Richter von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Dies müsse mit einem höheren Lohn einhergehen. Die Verbesserung der Einlasskontrollen ist ein weiterer Aspekt. Dort schlägt die GdP Sprengstoffhunde vor.
Erfolgschance: Mittelprächtig, aber ein erster Schritt. Ein Allheilmittel ist das nicht. Nicht nur an der Qualität hapert’s, auch die Quantität hätte in Düsseldorf angesichts von 3000 Platzstürmern nicht ausgereicht. Zudem gilt auch dann: Wer Pyrotechnik ins Stadion bringen will, der schafft das auch.
Hochauflösende Kameras
Die Anonymität der Masse ist der größte Freund des Rowdys. Wer Pyrotechnik zündet, ist bislang im roten Rauch unerkannt entschwunden. Bei Hannover 96 will Vereins-Boss Martin Kind den Randalierern mit einer neuen Videotechnik auf den Leib rücken, auch Borussia Dortmund hat die Pläne für die nächste Saison in der Schublade. „Das tut weh und spricht sich in der Fanszene herum“, ist sich Kind sicher.
Erfolgschance: Hoch, mit einem Aber. Die Abschreckung, die von Kameras ausgeht, ist enorm. Doch schon heute schützen sich Pyro-Nutzer mit einem einfach Trick: Fahne rauf, zünden, Fahne runter, danach Fahne rauf, Klamotten mit dem Nachbarn wechseln, Fahne runter. Die Beweislage kann dann schnell wieder so dünn wie das Gemüt des Zünders werden.
Höhere Strafen
Theo Zwanziger hatte es gut gemeint, hatte Vertrauen in die „Fans“ und senkte die Strafe für Gewalttäter in Stadien. Drei Jahre bundesweites Stadionverbot ist seither die Höchststrafe. Reinhard Rauball, DFL-Präsident, will diese Strafe wieder erhöhen – wenn die zu Gewalt neigenden Fans die Hand, die ihnen gereicht wird, nicht ergreifen.
Erfolgschance: Hoch. Allerdings muss das Verbot auf das Stadionumfeld ausgeweitet werden. 95 Prozent der Gewalttaten passieren vor dem Stadion.
„Es muss getan werden“
Fazit: Vorschläge gibt es reichlich. GdP-Landesvorsitzender Frank Richter sagt: „Alle wissen, was zu tun ist. Jetzt muss es nur getan werden.“ Die Vereine müssten ihre Problemfans isolieren und bestrafen.
Das Beispiel des 1. FC Köln sollte keine Schule machen: Nachdem Ultras der „Wilden Horde“ einen Polizisten halbtot getreten haben, entzog der Club ihnen alle Privilegien: Sie durften keine Fahnen mehr im Stadion lagern, durften nicht mehr die Choreographie im Stadion proben und nicht mehr selbst Karten verteilen. Nach zwei Wochen hob der FC die Strafe aber wieder auf.
Höhere Ticketpreise
Ein Vorschlag, der Gehör verschafft. Vereine sind auch Wirtschaftsunternehmen und müssen für jedes Vergehen im Stadion Strafe zahlen. Als letzte Konsequenz überlegen die Klubs, die Strafe durch höhere Ticketpreise umzulegen. „Der falsche Weg“, sagt auch GdP-Sprecher Stephan Hegger.
Erfolgschance: Gering. Dies wäre eine Sanktion, die alle trifft – nicht nur die 4000 gewalttätigen Fans in Deutschland, auch die Familien und friedlichen Fans. Die Randale ginge indes weiter.
Nur noch Sitzplätze oder höhere Zäune
Randale oder Pyrotechnik ist ein Phänomen der Kurve. Daraus zu folgern, mit den Stehplätzen auch die Gewalt zu verbannen, liegt für manche Vereine nahe. Hannover-Boss Kind drohte bereits mit Sitzplätzen. In England ist dies per Gesetz vorgeschrieben. Das Resultat: halbvolle Stadien.
Erfolgschance: Siehe höhere Ticketpreise. Es löst das Problem nicht. Wer einen Sitzplatz hat, kann auch stehen. Es sei denn, man ist in England: Da passen Sicherheitsmänner auf, dass alle sitzen.