Die Erfolge des FC Bayern München basieren nicht zuletzt auf beispielhafter Vorstandsarbeit, für die vor allem Uli Hoeneß steht. Der Eiertanz um Trainer Louis van Gaal deckt jetzt aber auch eine sich abzeichnende Führungskrise auf. Ein Kommentar.
Den Hamburger SV mit Bayern München vergleichen zu wollen, käme einer Beleidigung des deutschen Rekordmeisters gleich. Riskierten die Münchener mal wieder eine große Lippe, steckte in den allermeisten Fällen auch viel dahinter. Anders als beim HSV, dessen große Erfolge über zwanzig Jahre zurückliegen. Was die Hanseaten nie davon abhielt, sich unverdrossen zu den Großen der Branche in Deutschland zu zählen.
Dabei schafft es der Gernegroß aus dem Norden fast nur noch, durch seine permanente Führungskrise Schlagzeilen zu machen. Der unwürdige Abschied auf Raten von dem seit dem ersten Tag umstrittenen Vorstandschef Bernd Hoffmann steht beispielhaft dafür.
Im Gegensatz zum HSV gilt der FC Bayern als Muster an Kontinuität in der Vereinsführung. Wenn nicht alles täuscht, ist jedoch seit Uli Hoeneß’ Rückzug auf den Präsidentenjob die Balance in den Machtstrukturen des Rekordmeisters empfindlich gestört.
Für die These, dass sich die Waage zugunsten des Vorstands-Bosses Karl-Heinz Rummenigge zu neigen scheint, spricht nicht zuletzt der Eiertanz um Louis van Gaal. Konterkariert dieser doch die unmissverständliche Hoeneß-Aussage nach dem 1:3 in Hannover, jetzt müsse gehandelt werden. Die Erfahrung lehrt, dass die „Lösung“, an dem zur „lahmen Ente“ degradierten Holländer bis zum Saisonende festzuhalten, die Trainerdiskussion nach jeder weiteren Pleite neu entfachen wird.
Eine sportliche Talfahrt zu stoppen ist eine eher leichte Übung im Vergleich zur Handhabung einer Führungskrise, wie sie sich jetzt erstmals beim FC Bayern abzeichnet. Uli Hoeneß hat seine neue Rolle immer noch nicht gefunden. Sein Nachfolger als Manager, Christian Nerlinger, besitzt nicht annähernd das Gewicht (wie es etwa ein Oliver Kahn gehabt hätte), um öffentlich ernst genommen zu werden. Und Karl-Heinz Rummenigge wird die Seele der von Hoeneß immer wieder beschworenen großen Bayern-Familie nie wärmen können.
Die Konsequenz: Der FC Bayern steht wohl vor der größten Herausforderung der vergangenen Jahre. Dazu gehört, endlich auch für Kontinuität in der Trainerfrage zu sorgen, wie sie große Klubs wie Manchester United und Arsenal seit Jahren vorleben.