Essen. . Berauscht von den Erfolgen und dem attraktiven Fußball des Vorjahres haben sie beim FC Bayern in der laufenden Saison die Zeichen einer schleichenden Krise missachtet. Die Quittung dieser Arroganz trifft sie umso härter. Ein Kommentar.
Um der Leistung von Louis van Gaal beim FC Bayern gerecht zu werden, ist ein Rückblick auf seine erste Saison Pflicht. Nachdem der Holländer zunächst alle Vorurteile gegen ihn bedient hatte und von vielen bereits als nächstes Missverständnis nach Jürgen Klinsmann abgeschrieben war, erwarb er sich Respekt und Sympathiepunkte, indem er auf junge Spieler setzte und einen attraktiven Fußball spielen ließ.
Angesichts des aktuellen Saisonverlaufs wird leicht vergessen, dass die zuvor meist wegen ihrer Effektivität bewunderten Bayern in der vergangenen Rückrunde für berauschenden Fußball gefeiert wurden. Was also ist passiert, dass diese Mannschaft, die um ein Haar das Triple (Meisterschaft, DFB-Pokal, Champions-League) geschafft hätte, nicht mehr wiederzuerkennen ist? Es mag simpel klingen und von Klubfanatikern als typischer Anti-Bayern-Reflex abgetan werden, aber vieles spricht dafür, dass van Gaal und die Bayern – beide nicht zum ersten Mal – den Preis für ihre Arroganz zahlen.
Keine Frage: Gerade das extrem hohe Anspruchsdenken, um das Wort Hochmut zu vermeiden, hat die Bayern stark gemacht. Weil es die eigene Mannschaft im gleichen Maße antrieb, wie es die Konkurrenz einschüchterte. Aber es birgt, zumal wenn es an Führungspersönlichkeiten mangelt, auch immer das Risiko, zu viel Druck aufzubauen, im schlimmsten Fall gar Realitätsverlust zu verursachen. Kein noch so großer Vorsprung des BVB konnte denn auch den Bayern-Glauben, nach wie vor die beste deutsche Mannschaft zu sein, erschüttern. Bis zu dem ernüchternden und demütigenden 1:3 im eigenen Stadion. Die folgenden Pleiten gegen Schalke und Hannover trafen eine Mannschaft, die nicht darauf vorbereitet war, für so etwas Profanes wie Platz zwei oder drei zu kämpfen.
Bezeichnend für eine solche Haltung ist, dass die Bayern seit der Vergabe des Champions-League-Finals 2012 nach München ihrer Zeit stets voraus waren, zumindest verbal: „Da müssen wir dabei sein“, hat Uli Hoeneß die Fangemeinde noch auf der letzten Jahreshauptversammlung beschworen, als ob es sich dabei um ein Naturgesetz handele. Vielleicht aber steckt ja auch bloß pure Angst dahinter. Davor, dass mit Borussia Dortmund womöglich doch ein ernstzunehmender dauerhafter Rivale heranwächst. Und sich der Bayern-Albtraum von 1997 wiederholt, als der BVB die größte Trophäe des europäischen Fußballs ausgerechnet in den Münchener Nachthimmel stemmte ...