Essen/Bochum. Formel-3-Pilot Lirim Zendeli feierte in diesem Jahr seinen ersten Triumph in der Nachwuchsklasse. Er will schon 2021 in der Formel 2 fahren.

Es ist verboten, Schlangenlinien zu fahren. Zumindest im Zweikampf mit einem Gegner, so lauten die Regeln des Motorsportweltverbands Fia. Es ist aber sehr beliebt bei den Siegern, so zelebrieren sie in ihren Rennwagen gerne die letzten Meter vor einem Sieg. Das tat auch der 20 Jahre alte Bochumer Lirim Zendeli vom Trident-Team, als er vor zwei Wochen beim Formel-3-Hauptrennen im belgischen Spa-Francorchamps seinen ersten Triumph in seiner zweiten Saison in der Nachwuchskategorie schaffte.

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Er beschleunigte aus der letzten Schikane heraus und schmiss sein Auto auf dem kurzen Stück bis zur Ziellinie vor Freude mehrmals von links nach rechts. Beim Saisonfinale in Mugello verpasste er am Samstag einen zweiten Sieg – er hatte bis etwa zur Rennhalbzeit geführt. Mit abbauenden Reifen musste er die Konkurrenz dann aber ziehen lassen. Er wurde Vierter, schneller waren der Däne Frederik Vesti (Prema), Jake Hughes (HWA Racelab) aus England und der Franzose Theo Pourchaire (ART Grand Prix). Am heutigen Sonntag geht die Formel-3-Saison mit dem Sprintrennen (10.30 Uhr) zu Ende.

Lirim Zendeli holte sechs Punkte in der Rookie-Saison

Sein erstes Jahr in der Nachwuchsklasse bestritt Zendeli 2019 für das Team Charouz, zu Beginn dieser Saison wechselte er zu Trident. Für den Youngster mit albanischen Wurzeln war das ein Glücksfall – denn nach lediglich sechs Punkten in seinem Rookie-Jahr ging es nun aufwärts, vor dem Saison-Finale liegt er mit 104 Punkten auf Rang acht.

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„In meinem ersten Jahr in der letzten Saison bin ich einfach drauflos gefahren. Es konnte mir niemand sagen, wie ich ein Formel-3-Auto fahren soll, ich bekam da nicht viel Hilfe“, erzählt Zendeli. „Als ich jetzt zu Trident gekommen bin, hieß es: Das ist der Weg und so werden wir ihn bestreiten. Nur so kannst du schnell sein.“

Lirim Zendeli: Professionelle Vorbereitung auf Formel-3-Saison

Die Rennvorbereitung sei komplett anders. Er könne vorab im Simulator üben und bekomme einen Haufen Daten zur Verfügung gestellt. Wenn es dann das erste Mal auf die Strecke geht, wisse er direkt, wo Brems- und Einlenkpunkte liegen. Zudem habe er Vergleichswerte von seinem Hagener Teamkollegen David Beckmann (20): „Ich sehe genau, wer von uns in der jeweiligen Kurve schneller war“, erklärt Zendeli. Beckmann liegt vor dem Finale am Sonntag mit 127,5 Punkten auf Rang sechs.

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Alles andere als professionell war Zendelis Einstieg in die Welt des Motorsports. „Wir waren am Anfang ein bisschen planlos und wussten nicht, was es heißt, hier dabei zu sein“, verrät er. Mit zehn Jahren saß er zum ersten Mal in einem Kart und machte die Bahnen in Dortmund, Herne und Essen unsicher: „Ich war schnell und durfte schon bald mit größeren Karts fahren“, erinnert er sich. Schließlich kaufte Papa Jauni ihm das erste eigene.

Zendeli sollte Fußball bei SG Wattenscheid spielen

Da hatte sich Zendeli gegen sein anderes Hobby entschieden: „Ich war kein all zu schlechter Fußballspieler, ich habe in der Kreisauswahl gespielt und sollte auch mit zehn Jahren zur SG Wattenscheid wechseln. Die Wahl fiel aber auf den Kartsport, weil das einzigartiger und cooler als Fußball war.“

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Die Karriere von Lirim Zendeli nahm jedoch erst Fahrt auf, als er für das Kartteam KSM an den Start ging. Mitgründer des Rennstalls ist Michael Schumacher. Von den Begegnungen mit dem Formel-1-Rekordweltmeister als kleiner Junge schwärmt Zendeli noch heute: „Michael ist ein Vorbild für mich, gerade was die Persönlichkeit angeht. Er ist unheimlich bodenständig. Er hat sich auf der Kartbahn immer oben hingestellt, uns beobachtet und dann Tipps gegeben.“

Gegen Schumachers Sohn Mick ist Zendeli 2016 in der Formel 4 gefahren. Während der Sohn des früheren Ferrari-Stars Vizemeister wurde, landete Zendeli in seiner Debütsaison auf Rang zwölf. Auch mit dem aktuellen Meisterschaftsanwärter in der Formel 2, dem Russen Robert Schwartzman (20), hat er sich in den Nachwuchsserien bereits duelliert. „Grundsätzlich ist der Motorsport eine kleine Welt. Man fährt eigentlich gegen jeden irgendwann einmal, der im selben Alter ist. Selbst Lando Norris (Formel-1-Pilot bei McLaren; Anm. d. Red.) habe ich einige Male geschlagen“, berichtet Zendeli, der seine drei Jahre in der Formel 4 2018 mit dem Titelgewinn abschließen konnte.

2021 in die Formel 2

Für 2021 peilt Zendeli den Schritt in den Unterbau der Formel 1 an: „Wir sind gerade dabei, das Budget zusammenzukriegen. Ich möchte nächstes Jahr in der Formel 2 fahren.“ Das sei deutlich teurer als die Formel 3, in der man durchschnittlich einen niedrigen siebenstelligen Betrag mitbringen müsse. In der Formel 2 stünden mehr Rennen und weitere Reisen auf dem Programm. Falls es nicht klappt, wolle er aber auch ein drittes Jahr in der Formel 3 nicht ausschließen, sagt Zendeli.

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Langfristig soll ihn sein Weg in die Königsklasse führen. „Die Formel 1 ist natürlich ein Traum für die Zukunft“, sagt er. Es wäre ein Aufstieg von ganz unten: „Wir haben über all die Jahre versucht, so wenig wie möglich auszugeben, es war nicht immer einfach und ich hatte nie das beste Material, aber ich habe mich durchgekämpft.“

Lirim Zendeli: Vorbild ist Lewis Hamilton

Als sein zweites Vorbild neben Michael Schumacher bezeichnet Zendeli Lewis Hamilton. „Leider bin ich ihm im Fahrerlager noch nicht über den Weg gelaufen. Mit jedem Formel-1-Fahrer habe ich ein Foto – nur mit Lewis nicht“, erzählt der Youngster.

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Aber das kann ja noch kommen. Vielleicht sogar schon in Mugello. Hier hat Zendeli heute auch noch einmal die Chance auf ein bisschen Zickzack-Jubel. Er freue sich aber auch schon auf die Pause: „Ich liebe es, in der Welt unterwegs zu sein, aber genauso gerne bin ich in meinem gewohnten Umfeld in Bochum. In den letzten zehn Wochen war ich wegen des dichten Kalenders vielleicht insgesamt vier Tage dort – deshalb freue ich mich schon ein bisschen auf zuhause.“ Dann kann er noch ein bisschen das Jahr mit seinem ersten Sieg in der Formel 3 genießen – und von der Zukunft träumen.