Berlin. Hochspringer Raul Spank gewinnt überraschend Bronze, die deutsche Staffel verpatzt im Vorlauf einen Wechsel und Sprint-Star Usain Bolt ist zu Tränen gerührt. Alle Emotionen und alle Dramen vom sieben WM-Tag im Überblick.

Die WM-Entscheidungen

Bronze für Raul Spank im Hochsprung

Das deutsche Team hat in Berlin die siebte Medaille gewonnen. 24 Stunden nach Favoritin Ariane Friedrich (LG Eintracht Frankfurt) flog auch Außenseiter Raul Spank mit 2,32 Metern zu Hochsprung-Bronze. Sieger wurde der dreimalige WM-Zweite Jaroslaw Rybakow mit dem vierten Gold für Russland (2,32 m). Ebenfalls 2,32 m sprang als Zweiter der Grieche Kyriakos Ioannou. Raul Spank profitierte von der Regen-Unterbrechung.

Müller lässt Diskus in Medaillen-Nähe fliegen

Nadine Müller hat im Diskuswurf den sechsten Platz belegt: Die 1,93 m lange Hallenserin Müller übertraf mit 62,04 m und Rang sechs alle Erwartungen. Nachfolgerin der dreimaligen Titelträgerin Franka Dietzsch wurde die frühere U18- und U20-Weltmeisterin Dani Samuels, die mit 65,44 m das erste Wurf-Gold für Australien bei Weltmeisterschaften gewann.

Felix macht 200-m-WM-Hattrick perfekt

Allyson Felix hat den Titel-Hattrick über 200 m perfekt gemacht. Die Jahres-Weltbeste aus den USA siegte im Finale in 22,02 Sekunden vor Olympiasiegerin Veronica Campbell-Brown aus Jamaika, die in 22,35 Sekunden gestoppt wurde. Bronze ging an die 33 Jahre alte Debbie Ferguson-McKenzie von den Bahamas in 22,41 Sekunden. Deutsche Läuferinnen waren auf dieser Strecke nicht am Start.

Olympiasieger Merritt auch Weltmeister

400-m-Olympiasieger LaShawn Merritt hat seinen großen Rivalen Jeremy Wariner erneut bezwungen und sich erstmals WM-Gold gesichert. Im US-Duell setzte sich Merritt in 44,06 Sekunden souverän gegen Titelverteidiger Wariner durch, der in 44,60 ins Ziel kam. Bronze holte sich in 45,02 Sekunden Renny Quow aus Trinidad und Tobago. Deutsche Läufer waren auf dieser Strecke nicht am Start.

Die Vorkämpfe

Speerwerfer Frank steht im Finale

Speerwerfer Mark Frank steht am Samstag im Finale. Der Rostocker qualifizierte sich am siebten WM-Tag mit 80,85 m. Klar scheiterte dagegen der Leipziger Tino Häber mit 74,11 m. Er war damit der 19. Ausfall im 89-köpfigen Team des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) in Runde eins.

Weitsprung-Trio verpatzt die Qualifikation

Im Dauerregen hat das deutsche Weitsprung-Trio den Finaleinzug verpasst und mächtig Frust geschoben. Als 23. blieb Lokalmatadorin und U23-Europameisterin Melanie Bauschke mit 6,32 m auf der Strecke. Bianca Kappler (Rehlingen) belegte mit 6,29 m Rang 25, die Gießenerin Beatrice Marscheck kam mit 6,19 m nur auf Rang 31 unter 36 Teilnehmerinnen.

Böse Pleite des Sprint-Quartetts

Die deutsche 4x100-m-Staffel der Männer hat eine böse Pleite erlebt. Im Vorlauf verpatzte das Quartett den zweiten Wechsel und schied aus. Auch für die USA kam das Aus: Das Quartett wurde disqualifiziert.

Favorit Kaka stürzt im 800-m-Halbfinale

Dem Weltranglistenersten Abubaker Kaki bleibt bei großen Meisterschaften das Pech treu. Der 20-jährige Sudanese stürzte im 800-m-Halbfinale, als ihm der niederländische 800-m-Europameister Bram Som zu nah auflief und beide hinfielen. Dabei rissen sie auch noch den Polen Marcin Lewandowski mit. Kaki, der mit einer Zeit von 1:43,09 Minuten die Saison-Bestenliste anführt, war im März 2008 aus dem Nichts Hallen-Weltmeister geworden und schon bei Olympia in Peking als Mitfavorit gehandelt worden. Dort verpasste er aber ebenfalls das Finale.

WM-Splitter

Bolt zu Tränen gerührt

Als 43.378 Besucher im Berliner Olympiastadion ein Geburtstagsständchen anstimmten, da blieb auch bei Usain Bolt kein Auge mehr trocken. Nach der Siegerehrung für den 200-m-Lauf am Freitagabend forderte der Stadionsprecher die Besucher auf, für Bolt zum 23. Geburtstag das 'Happy-Birthday-Lied' zu singen.

Bolt wollte mit der Hand noch seine Tränen verbergen, doch die Rührung war auf der großen Videowänden für alle Besucher gut ersichtlich. Der Superstar der WM hatte in Berlin über 100 (9,58) und 200 m (19,19) jeweils Fabel-Weltrekorde aufgestellt. Seinen dritten Gold-Coup plant der Top-Sprinter aus der Karibik am Samstag im Finale der 4x100-m-Staffel (20.50 Uhr).

WM wegen Regen unterbrochen

Ein starker Dauerregen über dem Olympiastadion hat die Wettkämpfe verzögert. Der Beginn des für 19.15 Uhr geplanten Hochsprung-Finales der Männer musste zunächst auf 20.00 Uhr verschoben werden. Die Speerwurf-Qualifikation wurde unterbrochen, die restlichen Wettbewerbe um 40 Minuten nach hinten verlegt.

Skeptische Zuschauer

Die Leistungen bei der Leichtathletik-WM stoßen in der deutschen Bevölkerung auf große Skepsis. In einer Repräsentativ-Umfrage des Sport-Informations-Dienstes (SID) unter 1191 Personen durch das Dortmunder Meinungsforschungsinstitut promit glauben immerhin 45,3 Prozent, dass die Athleten in Berlin nicht 'sauber' sind. Die Zahl der Optimisten, die den Aktiven keine unerlaubten Mittel zur Leistungssteigerung unterstellen, ist mit 47, 7 Prozent nur geringfügig größer. 7,0 Prozent sind sich in Bezug auf die Verwendung von Dopingmitteln bei der Leichtathletik-WM unsicher.

6,84 Millionen sehen Bolts nächsten Weltrekord

Der zweite Weltrekord des Jamaikaners Usain Bolt hat erneut viele Menschen vor den Fernseher gelockt. Beim 200-m-Finale am Donnerstagabend schalteten im Schnitt 6,84 Millionen Zuschauer die ZDF-Übertragung ein. Dennoch liegen die Werte deutlich unter der Traumquote bei Bolts erstem Weltrekord. Am vergangenen Sonntag hatten bei Bolts Fabel-Zeit von 9,58 Sekunden über die 100 Meter durchschnittlich 9, 92 Millionen Zuschauer vor den Bildschirmen gesessen. In der Gunst der TV-Zuschauer wurde Bolt am Donnerstag sogar vom Hochsprung-Duell zwischen Ariane Friedrich und der kroatischen Weltmeisterin Blanka Vlasic übertroffen.

Das Hochsprung-Finale sahen in der Spitze bis zu 8,6 Millionen Zuschauer. Die gesamte ZDF-Übertragung am Donnerstagabend verfolgten im Schnitt 6,14 Millionen Zuschauer (25,8 Prozent Marktanteil). Am Vormittag schalteten durchschnittlich 1,41 Millionen Zuschauer (21, 9 Prozent) ein.

Bayer muss operiert werden

Nach seinem Qualifikations-Aus muss der mit großen Hoffnungen bei der WM gestartete Hallen-Europarekordler Sebastian Bayer den nächsten Rückschlag verdauen. Der Bremer muss am Fuß operiert werden. Wie lange der 23-Jährige ausfällt, ist ungewiss. Bayer leidet an einem Kapselanriss im Zehengrundgelenk und sprang in der Qualifikation mit Schmerzmitteln. 'Es war meine eigene Entscheidung, zu starten. Aber die Qualen haben sich nicht gelohnt', sagte Bayer. Er war im Winter bei der Hallen-EM in Turin 8,71 gesprungen und als Weltranglisten-Vierter mit 8,49 m bei der WM angetreten. Kritik übte der Freund von Hürdensprinterin Carolin Nytra an den Medien, die seiner Meinung nach seine Verletzung in der Beurteilung des Ergebnisses zu wenig berücksichtigen würden.

Förderung deutscher Athleten zu gering?

Mit je zwei Gold- und Silber- sowie drei Bronzemedaillen hat der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) bereits vor dem Berliner WM-Finale mit Hammerwurf-Titelverteidigerin Betty Heidler sein Soll erfüllt. Doch der Weg zurück zu einstiger Stärke bleibt wegen fehlender Mittel wohl ein unerfüllter Traum. 'Wir haben keine Chance', sagt Jürgen Mallow (64). Doch für den scheidenden Sportdirektor im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) gibt es keine Alternative zum bisherigen Handeln: 'Wer nicht kämpft, hat schon verloren.' (mit sid)