Dortmund. Am Tag nach dem Ende der Verhandlung wird der 31-Jährige zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Er möchte nun wieder in der Nordstadt arbeiten.

Am Donnerstag wird er freigesprochen: Der Mann, der auf Mouhamed Dramé schoss, trägt keine Schuld an dessen Tod. Am Freitag hat der Polizeikommissar einen Termin im Polizeipräsidium: Der 31-Jährige bekommt eine Urkunde, er ist jetzt Beamter auf Lebenszeit. Das bestätigt sein Rechtsanwalt Christoph Krekeler dieser Zeitung.

Eigentlich war dieser Schritt schon für den 1. September 2022 geplant. Doch dreieinhalb Wochen zuvor starb bei einem verhängnisvollen Einsatz der junge Flüchtling Dramé, getroffen durch fünf Schüsse aus der Maschinenpistole von Fabian S. Der damals 29-jährige Polizist stand als Sicherungsschütze am Rande eines Innenhofs im Dortmunder Norden: Hier hockte Mouhamed mit einem Messer an der Wand seiner Jugendeinrichtung, er hatte offenbar vor, sich umzubringen.

Urteil: Polizeikommissar musste seine Kolleginnen schützen

Die Polizei wurde gerufen, um das zu verhindern, doch der Einsatz endete tödlich: Reizgas und Stromstöße brachten den Senegalesen nicht dazu, sein Küchenmesser fallen zu lassen, stattdessen bewegte er sich auf die Beamten zu. Nach allen Erkenntnissen der Beweisaufnahme und dem Urteilsspruch des Schwurgerichts war es zwar ein sogenannter „Tatbestandsirrtum“, dass die Polizisten glaubten, angegriffen zu werden. Nichtsdestotrotz habe der Hauptangeklagte seine Kolleginnen und sich selbst geschützt, wie es seine Aufgabe war, argumentierte in ihrem Plädoyer auch die Staatsanwaltschaft.

Der Sicherungsschütze (M.) am ersten Prozesstag im Dezember 2023 mit seinem Verteidiger Christoph Krekeler (r.). Zum Schutz vor den Kameras halten sich die Angeklagten Aktendeckel vors Gesicht.
Der Sicherungsschütze (M.) am ersten Prozesstag im Dezember 2023 mit seinem Verteidiger Christoph Krekeler (r.). Zum Schutz vor den Kameras halten sich die Angeklagten Aktendeckel vors Gesicht. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Der Freispruch ist noch nicht rechtskräftig, der Bundesgerichtshof wird sich mit dem Fall beschäftigen müssen: Die Ankläger haben inzwischen Revision eingelegt, auch die Vertreterin der Nebenklage hatte das bereits angekündigt. Die betrifft allerdings nicht die vier zuvor angeklagten jungen Polizisten, sondern ihren Dienstgruppenleiter (56), der den Einsatz von Pfefferspray und Tasern angeordnet hatte. Für ihn war im Schlussvortrag der Staatsanwälte eine Freiheitsstrafe auf Bewährung gefordert worden.

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Der Polizist, der mehr als ein Jahr nach dem Tod Dramés wegen Totschlags angeklagt worden war, hatte zunächst weiter in der Dortmunder Wache Nord gearbeitet. Erst im September 2022 wurde er im Verlauf der Ermittlungen vom Dienst suspendiert. Seine später mitangeklagten Kollegen wurden ebenfalls aus dem Dienst in der Nordstadt entfernt, sie wurden zunächst in den Innendienst versetzt. Fabian S., dessen Partnerin zugleich eine Kollegin ist, durfte gar nicht mehr arbeiten, zwei Jahre und drei Monate nicht. Der Polizeikommissar wartete zu Hause auf den Ausgang des Prozesses. In Untersuchungshaft saßen er und seine wegen Körperverletzung im Amt angeklagten Kollegen nie.

„Sehr erleichtert“ verlässt der 31-Jährige in der vergangenen Woche den Gerichtssaal. Gleich am Folgetag ernennt man ihn zum Beamten auf Lebenszeit. Ab wann und wo genau der Polizeibeamte seinen Dienst tatsächlich wieder antritt, ist noch offen. Wie Verteidiger Krekeler bestätigt, hat sich sein Mandant eine Rückkehr in den Wach- und Wechseldienst gewünscht. Im Gespräch mit dieser Zeitung hatte der Angeklagte im Juni sogar den Wunsch geäußert, wieder in der Nordstadt zu arbeiten. In „seiner“ Wache Nord, wo er seit seinen ersten Tagen bei der Polizei Dienst getan hat.