Hattingen. Mit dem Herbst endet auch die Pilzsaison? Von wegen. Ein Experte stellt fünf besondere Winterpilze vor – und warnt vor giftigen Doppelgängern.
Martin Maschka zieht sich die Gummistiefel über, schnappt sich seinen Weidenkorb und das kleine Klappmesser, dann kann die Suche beginnen. Ein schmaler Pfad führt ihn in den Hattinger Wald, wo er bereits nach wenigen Metern vor einem Stapel Holz stehenbleibt. Dicht an dicht wachsen auf den Baumstämmen die unterschiedlichsten Pilzarten.
Es ist Ende Oktober, Maschka bietet an diesem Nachmittag eine seiner letzten Touren für bekannte und weniger bekannte Herbstpilze wie Steinpilz, Krause Glucke oder Champignon an. „Die meisten denken, dass mit dem Herbst auch die Pilzzeit endet“, sagt Maschka. „Dabei kann man auch im Winter so viele tolle Pilze finden.“ Samtfußrübling, Austern Seitling & Co: Sobald der erste Frost einsetzt, beginnt die Zeit der Winterpilze. „Das Gute ist: Weil kaum jemand die Winterpilze kennt, kann man viel entspannter auf die Suche gehen als im Herbst“, sagt Maschka und lacht.
Pilze vorsichtig abschneiden, nicht aus dem Boden reißen
Seit mehr als 20 Jahren klärt der 40-jährige Hattinger während seiner Pilzwanderungen nun schon über die wichtigsten Erkennungsmerkmale, die leckerste Zubereitungsart und die tödliche Gefahr der Doppelgänger auf. Die Welt der Pilze fasziniert ihn dabei jedes Mal aufs Neue.
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Tatsächlich werden Pilze als eigene Form der Lebewesen klassifiziert. Sie sind heterotroph, das heißt, dass sie anders als Pflanzen keine Photosynthese betreiben. Stattdessen beziehen sie ihre Nahrung aus toten oder lebenden Organismen. „Der Pilz, den wir pflücken, ist eigentlich nur der Fruchtkörper. Unter der Erde liegen die Mycelien, die können riesig groß werden“, erklärt Maschka. Um dieses Netzgewebe nicht zu zerstören, sollten Sammlerinnen und Sammler die Pilze nie aus dem Boden reißen, sondern abschneiden oder aus dem Boden drehen.
Hattinger Pilz-Experte: Nicht mehr als ein Kilo sammeln
Nachhaltigkeit ist dem Pilz-Experten generell wichtig. „Man sollte zum Schutz der Wildtiere nicht tief in den Wald eindringen. Man kann einfach am Wegesrand suchen“, sagt er. Außerdem empfiehlt er, nicht mehr als ein Kilo Pilze zu sammeln und möglichst nach jungen Pilzen Ausschau halten.
„Wenn ich mich auf Jungpilze fokussiere und die alten stehenlasse, schone ich die Pilz-Population, weil sie sich dann über die Sporen weiterverbreiten können.“ Aber auch aus gesundheitlichen Gründen sollten alte Pilze nicht im Korb landen, warnt der Experte. Denn rund 14 Tage, nachdem ein Pilz aus der Erde tritt, beginnt die Verwesung. Isst man einen verdorbenen Pilz, kann das zu einer „unechten Pilzvergiftung“ führen – die starke und teils sogar lebensbedrohliche Magen- und Darmbeschwerden verursacht.
„Manche Leute vertrauen Handy-Apps ihr ganzes Leben an“
Besondere Vorsicht ist außerdem bei den sogenannten giftigen Doppelgängern geboten. Wie gefährlich diese sein können, zeigen jüngst die Fälle im Essener Uniklinikum. Dort wurden Mitte Oktober gleich drei Kinder mit Leberversagen nach einer schweren Pilzvergiftung eingeliefert. Sie alle schwebten in Lebensgefahr.
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„Das ist jedes Jahr leider die traurige Wahrheit. Aber es ist schlimmer geworden, finde ich. Das liegt vor allem daran, dass manche Leute den Handy-Apps ihr ganzes Leben anvertrauen, ohne an die Konsequenzen zu denken“, kritisiert Maschka. Mittlerweile gibt es viele Anwendungen fürs Smartphone, die dabei helfen sollen, Pilze zu bestimmen. Darauf dürfe man sich allerdings nie verlassen, warnt Maschka.
Hattinger: „Ich bin in die Pilze hineingeboren“
Manche Arten seien sich schließlich so ähnlich, dass man sie nicht allein anhand ihres Aussehens unterscheiden kann. „Pilze muss man auch am Geruch, am Geschmack testen. “ Sein Appell: „Man sollte nur die Pilze sammeln, die man zu 100 Prozent kennt.“
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Diese fünf Winterpilze findet man in NRW-Wäldern
Auch im Winter lassen sich Pilze sammeln. Wo sie zu finden sind und wie man sie erkennt, erklärt Martin Maschka während seiner Pilzwanderungen im Ruhrgebiet und der Region. Wann diese stattfinden, sehen Sie unter: www.wildnisschule-ruhr.de. Hier stellt Experte seine fünf Lieblingssorten vor:
Austernseitling
Martin Maschka: „Der Austernseitling ist der bekannteste Pilz unter den Winterpilzen. Man kann ihn schließlich das ganze Jahr über im Supermarkt kaufen. Das ist dann die Sommervariante aus den USA. Der echte Austernseitling braucht Frost. Deshalb kann man ihn erst nach dem ersten Frost im Wald finden. Dafür sollte man in der Nähe von Rotbuchen suchen, da wächst er am liebsten. Das Gute ist: Er ist sehr ergiebig, mit etwas Glück findet man auf Anhieb genug Pilze für vier Personen. Der Austernseitling ist sehr lecker, sehr würzig und festfleischig. Man nennt ihn deshalb auch Kalbsfleischpilz. Am besten schmeckt er, wenn man ihn paniert und dann anbrät.“
Goldgelber Zitterling
Martin Maschka: „Der Goldgelbe Zitterling ist ein richtiger Gärtner. Er zersetzt das Totholz der Eiche und hilft ihr damit. Man muss deshalb auch auf vermoderten Ästen nach ihm suchen. Der Pilz sieht nicht nur sehr besonders aus, er hat auch einen sehr besonderen Geschmack: Er riecht und schmeckt nach weißer Schokolade. Weil er so wabbelig ist, ist es sehr wichtig, dass man ihn weder kocht noch brät. Man sollte ihn mit Wasser vorsichtig waschen und dann kann man ihn zusammen mit Olivenöl, Kräutern und ein wenig Knoblauch zu einer köstlichen Vinaigrette zubereiten.“
Judasohr
Martin Maschka: „Das Judasohr wächst besonders gern am Holunderbaum. Und der Sage nach hat Judas sich, nachdem er Jesus verraten hat, an einem Holunderbaum erhängt. Zu der Zeit sollen dort die Pilze gewachsen sein, daher hat das Judasohr seinen Namen. Das Judasohr wächst nicht nur im Winter, sondern das ganze Jahr über. Der Pilz mag Regen besonders gern. Er ist ein toller asiatischer Suppenpilz, aber auch ein Vitalpilz. Er ist gut für das Herz und die Durchblutung. Wenn man Blutverdünner nimmt, sollte man allerdings vorsichtig sein und vorher mit seinem Arzt abklären, ob man den Pilz essen darf.“
Samtfußrübling
Martin Maschka: „Wer einen Samtfußrübling finden will, kann an mehreren Stellen suchen. Er wächst an Buchen und Weiden, aber auch an Haselnuss- oder Laubbäumen. Allerdings wird man ihn nie in großen Mengen finden, aber für eine gute Portion für eine Person wird es erreichen. In Japan wird der Pilz ,Enoki‘ genannt. Dort ist er auch bekannt für seine heilende Wirkung. Er stärkt das Immunsystem und fördert den Darm. Man kann mit dem Samtfußrübling leckere Suppen kochen, er schmeckt aber auch gebraten.“
Frostschneckling
Martin Maschka: „Wie der Name schon verrät, wächst der Frostschneckling, sobald der erste Frost kommt. Er kündigt also den Winter an. Er liebt sandige Böden, man findet ihn zum Beispiel in Kiefernwäldern. Er schmeckt sehr aromatisch, das ist nicht für jeden etwas. Beim Frostschneckling sollte man bei der Suche besonders vorsichtig sein, weil er sehr schnell mit giftigen Pilzen verwechselt werden kann. Er ist also eher etwas für Pilz-Profis.“
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