Gaienhofen. Die Halbinsel Höri ist ein Gartenbauland. Bekannt für die Höri Bülle, einer Zwiebel mit einer roten Schale, liegt die Insel im Untersee. Schon vor hundert Jahren war die Halbinsel als naturnahes Domizil beliebt: Hermann Hesse und Maria Bernoulli wollten hier frei von bürgerlichen Zwängen leben.
Schon im Spätsommer stellen die Bauern wieder ihre Tische heraus: Wenn die Apfel- und Zwetschgenbäume übervoll hängen, packen sie Tüten mit dem Obst zur Selbstbedienung ab, die Kasse daneben wartet auf ehrliche Kunden. Die Höri ist ein Gartenbauland. Die Halbinsel liegt im Untersee, der stillen Ecke des Bodensees.
Der besondere Stolz wächst aber nicht auf den Bäumen, sondern wird mit den Händen aus der Erde gebuddelt: Die Höri Bülle, eine flache, bauchige Zwiebel mit einer feinen roten Schale. Innen ist sie weiß und mild. Das traditionelle Büllefest wird immer am ersten Oktobersonntag in der Gemeinde Moos gefeiert. Es gibt Büllebrot, eine Scheibe Bauernbrot, üppig mit rohen Zwiebelringen belegt, und Bülledünne, eine Art Flammkuchen. Freunde der Zwiebel können hier schlemmen. Wer sich allerdings despektierlich über das Agrarprodukt äußert, kann sich schnell den Unmut der Einheimischen zuziehen.
Naturnah und frei von bürgerlichen Zwängen leben
Ganz so genau nahm man es vor hundert Jahren wohl noch nicht mit der Zwiebel - mit dem Gartenanbau aber schon. Maria Bernoulli, Fotografin aus Basel, kam 1904 auf die Halbinsel, um ein Domizil für sich und ihren Lebensgefährten, Hermann Hesse zu suchen. Beseelt von den Ideen der Lebensreform wollte man naturnah und frei von bürgerlichen Zwängen leben. Eigenanbau war Teil des Konzepts und so widmete sich der junge Schriftsteller Hesse, ab 1907 im eigenen Haus hoch über Gaienhofen, tatsächlich der Anlage und Pflege eines großen Gartens. Eva Eberwein, Diplom-Biologin und heutige Besitzerin des Anwesens, zeigt bei Führungen auch die Gemüsebeete im Garten.
Während das Ehepaar Hesse aus freien Stücken auf die Halbinsel Höri zog, kamen in den 1930er Jahren zunehmend Künstler, die den Repressionen des Nazi-Regimes zu entkommen suchten. Ihre Lebenswege kann man am besten im Hermann-Hesse-Höri-Museum in Gaienhofen studieren. Es verfügt auch über die größte Sammlung an Originalgemälden der Höri-Künstler.
"Eine Künstlerkolonie war das hier nie"
Ute Hübner, Leiterin des Museums, sagt: "Eine Künstlerkolonie war das hier nie, eher ein locker zusammengesetzter Kreis sehr individueller Künstlertemperamente." Walter Kaesbach gehörte dazu, bis zu seiner fristlosen Entlassung durch die Nationalsozialisten Direktor der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf. An den See kam er auf Vorschlag von Helmuth Macke, der bereits in Hemmenhofen wohnte. Kaesbach vermittelte Otto Dix 1936 das Baugrundstück in Hemmenhofen.
Im vergangenen Jahr wurde die Villa von Otto Dix, nun unter der Regie des Kunstmuseums in Stuttgart, nach einjähriger Renovierung wieder eröffnet. Mit einem Audio Guide lässt sie sich am besten erkunden. Allein die Rast auf der Terrasse, die schon von der Familie Dix belebt wurde, ist den Besuch wert: Zu fantastisch ist der Blick über den schmaler werdenden Untersee hinüber zur Schweiz. (dpa)