Essen. Ryanair hat als Gesellschaft für Billigflieger in den letzten Jahren viel Kritik einstecken müssen. Dem Gewinnrückgang will das Unternehmen nun mit mehr Kundenfreundlichkeit und Service begegnen. Von dem Einstieg in den Pauschalreisemarkt, für den schon Tests laufen, verspricht sich Ryanair viel.

Bei Ryanair tut sich was. Seit einiger Zeit macht die Billig-Airline mit ihrer Service-Offensive auf sich aufmerksam. Nun will die Fluggesellschaft auch den Pauschalreisemarkt erobern: Tests für den Einstieg in das Reservierungssystem Traveltainment laufen bereits.

Nachdem der irische Low-Cost-Carrier mit dem schlechten Image Ende vergangenen Jahres erstmals seit fünf Jahren einen Gewinnrückgang hinnehmen musste, will Ryanair-Chef Michael O’Leary nun mit größerer Kundenfreundlichkeit und einem besseren Service punkten. Seit Februar sollen Sitzplatzreservierungen dem Gedrängel am Gate ein Ende bereiten, ein zweites kostenloses Handgepäck ist jetzt erlaubt und die Gebühren für vergessene Bordkarten oder zusätzliches Gepäck wurden gesenkt.

Geschäftsreisendeim Fokus

Die Service-Offensive zeigt bereits Wirkung: Die Passagierzahlen der Billig-Airline sind im Juni wieder um fünf Prozent gestiegen. Ein Grund dafür ist, dass Ryanair zunehmend auch Geschäftsreisende in den Fokus nimmt. Seit April besteht eine Kooperation mit dem Reservierungssystem Travelport, das auf Geschäftskunden spezialisiert ist. Bisher hat sich Ryanair aber vehement gegen den Zugriff von Pauschalreiseveranstaltern auf seine Angebote gewehrt.

Das soll sich noch in diesem Jahr ändern: Ryanair-Ferienflüge werden künftig auch über Online-Portale wie Expedia oder Holidaycheck und in Reisebüros verkauft. Die Pauschalangebote kommen von dynamisch paketierenden Reiseveranstaltern – sogenannte X-Veranstalter, die in Sekundenschnelle online nach dem günstigsten Flug suchen und diesen mit dem Hotel eines Veranstalters zu einem Reisepaket zusammenschnüren.

Mit einem Preiskampf ist zu rechnen

Für Urlauber werde sich dadurch jedoch wenig ändern, ist Aviation Management-Professor Dr. Christoph Brützel von der Internationale Hochschule Bad Honnef ∙ Bonn (IUBH) überzeugt. „Über das Reservierungssystem wird Ryanair hauptsächlich Flüge ab Weeze oder Hahn zu typischen Feriendestinationen anbieten.“ Die neuen Flugrouten ab Köln/Bonn nach Dublin, Madrid, Riga und Rom, die ab Oktober zur Verfügung stehen, seien hauptsächlich für Geschäftsreisende gedacht – ebenso wie die Verbindungen von Hamburg nach Lissabon und Porto.

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Die Urlaubstickets könnten nach Ansicht des Luftfahrt-Experten auch über die X-Veranstalter nicht wesentlich günstiger angeboten werden als die der Konkurrenz. „Natürlich ist mit einem Preiskampf zu rechnen. Ryanair bekommt bei diesen Buchungen aber keinen Zusatzerlös – Kreditkartengebühren, Gepäckstücke und ähnliches müssen also in der Basisrate mit einkalkuliert werden“, so Brützel.

Hohe Erwartungen an den Einstieg in Geschäfts- und Pauschalreisemarkt

Vor wenigen Monaten erst hatte die Verbraucherzentrale NRW kritisiert, dass die Extras der Billigflieger den Ticketpreis locker auf das Zehnfache katapultieren könnten. „Die Flüge im Distributionssystem sind aber standardisiert. Da muss Ryanair den gleichen Service bei Getränken, Essen und Gepäck bieten wie andere Gesellschaften“, weiß der Bonner Professor. Einen Kalkulationsvorteil habe die Airline deshalb nur, wenn sie weiterhin von dezentralen Flughäfen in die Ferien starte. Denn die Gebühren, die Airlines an den Flughäfen entrichten müssen, liegen bei zentralen Airports wie Köln/Bonn oder Düsseldorf deutlich höher als bei den bisherigen Ryanair-Standorten Weeze oder Frankfurt-Hahn.

Ryanair jedenfalls scheint von dem Einstieg in den Geschäfts- und Pauschalreisemarkt viel zu erwarten: „Unsere Bestellung von 180 neuen Flugzeugen wird es uns ermöglichen über die nächsten fünf Jahre um 30 Millionen Passagiere zu wachsen“, ist Robin Kiely, Leiter der Ryanair-Unternehmenskommunikation, überzeugt. Die Hälfte dieses Wachstums soll auf Primärflughäfen stattfinden, eine Anfrage in Düsseldorf hat es bisher aber noch nicht gegeben.