Essen.
55 Prozent der Deutschen über 14 Jahre haben sich schon einmal im Internet zum Thema Urlaubsreisen informiert, hat der Verband Internet Reisevertrieb (VIR) ermitteln lassen. 34 Prozent haben das Medium zur Buchung genutzt – Tendenz weiter steigend. Eine Studie der Internationalen Hochschule in Bad Honnef hat 2011 ergeben, dass 65 Prozent der Online-User Internetportale als Entscheidungshilfe nutzen.
Im Web-2.0-Zeitalter haben Erfahrungsberichte großen Einfluss auf die Entscheidungen der Verbraucher und sind entsprechend wichtig für die Hotelanbieter – groß ist dennoch die Gefahr ihrer Manipulation. Fälschungen von Kundenbewertungen sind weit verbreitet.
Ein Drittel unglaubwürdig
Etwa ein Drittel sind unglaubwürdig, hat eine Studie der Fachhochschule Worms ermittelt: zugespitzt, einseitig formuliert oder gar gefälscht. Gründe gibt es genug. Hoteliers schummeln Eigenlob zwischen die Kommentare, werden von Kunden mit Negativbewertungen erpresst oder die Konkurrenz sorgt heimlich für Kritik am Wettbewerber. Für die Häuser gibt es viel zu gewinnen – oder zu verlieren.
Das Prinsotel La Pineda in Cala Ratjada ist ein Vier-Sterne-All-Inclusive-Hotel und gut gebucht. Dies schlägt sich in den Bewertungsportalen nieder. Das Haus taucht überall auf und kommt meist gut weg: Bei Tripadvisor gehören 81 der 176 Bewertungen zur Kategorie „Ausgezeichnet“, 60 Mal ist „Sehr gut“ vergeben. Hier würde der ein oder andere überzogen griesgrämige Kommentar kaum ins Gewicht fallen.
Mehr als eine Bewertung lesen
Bei geringer Zahl kann indes schon ein einziger Kommentar das Gesamtbild verzerren. Ein Problem großer Portale wie Tripadvisor oder Holidaycheck: Jeder kann Bewertungen schreiben, der vorherige Aufenthalt im Hotel muss nicht nachgewiesen werden. Andere wie Hotel.de oder Booking.com fordern ihre Kunden per E-Mail zur Meinungsabgabe auf und werben mit Sätzen wie „bei uns wird nicht geschummelt“. Die Zahl der Bewertungen ist hier niedriger. So stehen für das Prinsotel bei Holidaycheck fast 1500 Bewertungen, während es bei Hotel.de 28 und bei Booking.com zum Zeitpunkt des Vergleichs nur 15 waren.
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„Die Authentizität unserer Bewertungen ist unser höchstes Gut“, sagt Pia Schratzenstaller von Tripadvisor. Sie empfiehlt, „mehr als eine Bewertung zu lesen, um sich ein Bild zu machen“, und extreme Kommentare „genau abzuwägen“. Die Portalbetreiber wollen sich vor Fälschungen schützen. Bei Tripadvisor scannen Computersysteme die Bewertungen auf verdächtige Verhaltensweisen, etwa wenn überdurchschnittlich viele Beiträge von indischen IP-Adressen abgesendet wurden.
Nur grobe Orientierungshilfe
Wird etwas Auffälliges entdeckt, übernimmt das „Investigations-Team“, um den potenziellen Betrug aufzudecken, heißt es. Auch Nutzer können mithelfen, indem sie fragwürdige Kommentare melden. „Wir sichten jeden Bericht und verfolgen jeden Hinweis, den wir erhalten“, verspricht Schratzenstaller. Stichprobenartig verschickt das Unternehmen zudem Verifizierungsanfragen per E-Mail.
Verbraucherschützer raten, die Nutzerbeiträge in Bewertungsportalen nur als „grobe Orientierungshilfe“ zu sehen. „Die Nutzerbeiträge haben keinen objektiven Erklärungswert, aus denen sich etwa Ansprüche herleiten ließen“, sagt Rechtsanwältin Beate Wagner von der Verbraucherzentrale NRW.