Essen. . Es wird gelogen, gepfuscht und getäuscht in den Hotelbewertungsportalen im Internet. Ein noch nicht rechtskräftiges Urteil könnte nun das Ende der kommerziellen Portale bedeuten. Der Anbieter Holidaycheck hingegen verweist auf andere Urteile.
Die Hotelbewertungsportale stehen mehr denn je im Kreuzfeuer der Kritik. Es wird gelogen, gepfuscht und getäuscht, die Glaubwürdigkeit und damit die Existenzberechtigung der Reiseportale steht auf der Kippe. So oder so ähnlich könnte man die mediale Stimmung zusammenfassen, die sich seit einigen Wochen zusammengebraut hat. Gesteigert wird die Unruhe noch durch ein (nicht rechtskräftiges) Urteil des Hamburger Landgerichts gegen das Portal Holidaycheck, welches für die kommerziellen Bewertungsportale das Ende bedeuten könnte.
Ein Streifzug durch den Blätterwald hilft beim Einstieg ins Thema. Die Süddeutsche Zeitung sprach zuletzt von „wertlosen Bewertungen“ und davon, dass die „Internet-Portale inzwischen schlechter seien als die Hotels“. Zuvor hatte die Fachzeitschrift Top Hotel, aber auch das ZDF die Echtheit von Bewertungen in Onlineportalen wie Holidaycheck und tripadvisor in Zweifel gezogen.
Zwölf Ziele pro Tag – ein Ding der Unmöglichkeit
Auch die britische Verbrauchervereinigung „Kwikchex“ will bei tripadvisor 3000 manipulierte Kommentare im Zeitraum von einem Jahr ausgemacht haben. Besonders drastisch sind folgende Fälle, die „Kwikchex“ identifiziert hat. Demnach habe ein einziger britischer User in den vergangenen sieben Jahren mehr als 32.300 Bewertungen auf dem Meinungsportal veröffentlicht. Rein rechnerisch hätte der reiselustige User somit zwölf Ziele am Tag aufsuchen müssen – ein Ding der Unmöglichkeit. Ebenso wie die Aktivität von zwei weiteren Mitgliedern der Reise-Community, die insgesamt 56.000 Einträge verfasst hatten.
Diese extremen Beispiele ziehen die Kritiker der Hotelbewertungsportale nun heran, um auf ein grundsätzliches Problem aufmerksam zu machen. Jenes nämlich, dass die Bewertungsportale schon lange von professionellen Fälschern unterwandert werden, die im Auftrag von Hoteliers ihre direkten Wettbewerber schlecht machen oder selbst Ergebniskosmetik bei den Bewertungen betreiben.
Oliver Winter, General Manager der Berliner Hostelkette A&O, will dies nicht länger hinnehmen und kämpft seit Monaten juristisch gegen Holidaycheck. Er wirft der Tochtergesellschaft des Medienunternehmens Hubert Burda im Gespräch mit dem Reise Journal sogar Manipulation vor.
Kein Motiv ohne Eigennutz
Erstmals sind nun die Richter des Landgerichts Hamburg seiner zentralen Argumentation gefolgt, dass Holidaycheck kein Meinungsportal, sondern ein professioneller Reisevermittler ist. So befanden die Richter, dass Holidaycheck sein Meinungsportal nicht etwa aus dem uneigennützigen Motiv die Öffentlichkeit zu informieren betreibe, sondern um die Attraktivität ihres kommerziellen Online-Angebots zu steigern.
Und genau dieser Unterschied könnte noch von zentraler Bedeutung sein. „Denn ein gewerbliches Unternehmen muss sich im Internet an die gleichen Regeln halten wie im normalen Geschäftsleben“, so Oliver Winter. Und dazu gehöre, dass man seine Wettbewerber nicht mit anonymen Behauptungen oder Veröffentlichungen schädigen dürfe. Die Richter sehen dies ähnlich: Wer als Mitwettbewerber herabsetzende Tatsachen über einen anderen Wettbewerber verbreite, müsse diese auch beweisen können, heißt es in den Auszügen der Begründung.
Nichts gegen Meinungsportale
„Sollte sich das Urteil in den nächsten Instanzen bestätigen, dann kann sich Holidaycheck ein neues Geschäftsmodell suchen“, frohlockt Winter bereits. Und betont gleichzeitig, dass er prinzipiell nichts gegen reine Meinungsportale habe, sofern diese nicht kommerziell ausgerichtet seien. „Solche Rückmeldungen sind sogar überaus hilfreich. Ebenso Bewertungsportale, die nur auf Basis von wirklich getätigten Buchungen funktionieren wie etwa bei Expedia oder HRS.“
Und Holidaycheck? Das Unternehmen verweist auf anderslautende Urteile, die den Fall in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen würde. „Es gibt ein anderslautendes Urteil vom Kammergericht Berlin und in einer laufenden Klage vor dem Landgericht Köln wurde eine einstweilige Verfügung von A&O ganzheitlich vom Gericht abgewiesen“, so Holidaycheck-Sprecher Claudius Moarefi.