Essen. Eine ungenaue Auskunft des Auswärtigen Amtes sorgte für Verwirrung in der Reisebranche. Ist es sinnvoll nach Ägypten zu reisen, oder sollte man lieber warten bzw. Flüge umbuchen? Die meisten Reisegesellschaften bieten noch keine Reisen nach Ägypten an, nur DER Touristik fliegt das Land wieder an.
Die politischen Unruhen in Ägypten spalten nun auch die deutsche Reisebranche. Anlass: das Auswärtige Amt lässt mit seiner uneindeutigen Position zur Sicherheitslage in Ägypten viel Raum für Spekulationen. Erst Mitte August haben sämtliche deutschen Veranstalter bis auf weiteres die Zahl ihrer Ägypten-Reisen drastisch nach unten gefahren, nachdem das Auswärtige Amt generell und ausdrücklich von Reisen ins gesamte nordafrikanische Ferienziel „abgeraten“ hatte. Die Krux: Ein Abraten ist noch keine offizielle Reisewarnung. Erst bei Reisewarnungen tritt im Tourismusgeschäft Alarmstufe Rot ein. Pauschaltouristen werden dann vom Veranstalter sofort aus dem betroffenen Land evakuiert.
Gebührenfreie Umbuchungen
Obwohl also eine offizielle Reisewarnung für ganz Ägypten fehlte, boten die deutschen Reise-Unternehmen ihren Kunden an, Ägypten-Reisen entweder gebührenfrei zu stornieren oder – ebenfalls kostenfrei – auf andere Destinationen umzubuchen. Laut dem Deutschen Reise Verband (DRV) haben die meisten Touristen diese Angebote erleichtert angenommen. „Nur ein sehr geringer Prozentsatz der Kunden hat auf die Einhaltung der Verträge gepocht und wurde deshalb nach Ägypten geflogen“, fasst Thorsten Schäfer vom DRV zusammen. Die Frage, ob diese Kunden nun auf eigenes Risiko im Land der Pharaonen weilen, und wer die Kosten für ihre Evakuierung trägt, falls es vor Ort zu Ausschreitungen kommt, ist indes ungeklärt. Immerhin hat die ägyptische Regierung den Ausnahmezustand erklärt. Selbst Reiserecht-Experten verweisen auf die schwierige Rechtslage: „Es ist heikel, ein Szenario zu entwerfen, bevor ein konkreter Schadensfall vorliegt. Zu denken geben sollte Urlaubern aber eine Aussage des Auswärtigen Amtes. In den Sicherheitshinweisen zu Ägypten heißt es ausdrücklich, dass nach dem Konsulargesetz Reisenden die Kosten für erforderlich werdende Hilfsmaßnahmen in Rechnung gestellt werden können“, weiß Dunja Richter von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Ägypten nicht mehr im Programm
Um langwierige Rechts-Debatten zu umgehen, haben so gut wie alle deutschen Reiseveranstalter Ägypten aus ihrem Programm genommen. Sie beugen sich damit auch dem Willen des Auswärtigen Amtes, das nach brancheninternen Angaben „großen Druck“ ausgeübt haben soll. Ziel der Behörde war und ist es, Urlauber aus Ägypten fernzuhalten.
Allein DER Touristik (ITS, Jahn Reisen, Tjaereborg u.a.) probt nun den Aufstand. Anfang dieser Woche verkündete der Branchenriese, ab dem 16. September wieder nach Ägypten zu fliegen. Ein einsamer Entschluss, dem kein anderer Veranstalter folgt und den das Auswärtige Amt als „verantwortungslos“ scharf kritisiert. Sören Hartmann, Sprecher der Geschäftsführung der DER Touristik Köln, begründet den Alleingang so: „Während der letzten zwölf Tage ist die Lage in den Badeorten am Roten Meer entgegen ursprünglicher Befürchtungen ruhig geblieben. Wir gehen davon aus, dass es so bleibt und bieten deshalb ab 16. September ein umfangreiches Ägypten-Programm an.“
Interesse tendiert gegen Null
Sollte es bis dahin am Nil krachen, sichert das Unternehmen Urlaubern volle rechtliche Ansprüche zu. Sören Hartmann: „Sollte sich die Einschätzung zur Sicherheitslage am Roten Meer nach dem 15. September verändern und eine vorzeitige Rückkehr der Gäste erforderlich machen, übernehmen wir als Veranstalter die Kosten für den Rücktransport nach Deutschland.“ Ob die Rechnung für DER Touristik aufgeht, bleibt abzuwarten. Derzeit zeigen Urlauber wenig Interesse an Ägypten. Buchungsanfragen tendieren gegen Null.