Berlin/Hannover. Das Auswärtige Amt rät von Reisen nach ganz Ägypten ab. Das gab Ministeriumssprecher Andreas Peschke am Freitag in Berlin bekannt. Es gebe eine “sehr zugespitzte Lage“ in der Hauptstadt Kairo. Daraufhin sagte zunächst Tui alle Reisen nach Ägypten ab - die meisten deutschen Reiseveranstalter folgten.

Wegen der Unruhen in Ägypten haben die meisten deutschen Veranstalter ihre Reisen dorthin bis Mitte September abgesagt. Hintergrund ist, dass das Auswärtige Amt seit Freitag von Reisen in alle Teile des Landes abrät. Es gebe eine "sehr zugespitzte Lage" in der Hauptstadt Kairo, während in den Touristenzentren am Roten Meer die Situation "derzeit noch anders sei", sagte Ministeriumssprecher Andreas Peschke in Berlin.

Für den Norden der Sinai-Halbinsel sowie die Grenzgebiete zu Israel gilt weiter eine Teilreisewarnung. In den Touristengebieten am Roten Meer könne derzeit noch von einer ruhigeren Lage gesprochen werden, sagte der Ministeriumssprecher. Die weitere Entwicklung im Land sei aber unkalkulierbar. Daher sei auch für Touristen für ganz Ägypten ausdrücklich der Rat formuliert worden, nicht zu reisen. Peschke betonte, dass es sich um einen Reisehinweis und keine Reisewarnung handele.

Protestlager in Kairo geräumt

Nach tagelangem Nervenkrieg hat die Polizei in Kairo die beiden Protestlager von Anhängern des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi gestürmt. Dabei gab es schwere Zusammenstöße und viele Tote.
Nach tagelangem Nervenkrieg hat die Polizei in Kairo die beiden Protestlager von Anhängern des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi gestürmt. Dabei gab es schwere Zusammenstöße und viele Tote. © dpa
Nach tagelangem Nervenkrieg hat die Polizei in Kairo die beiden Protestlager von Anhängern des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi gestürmt. Dabei gab es schwere Zusammenstöße und viele Tote.
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Der Deutsche Reiseverband (DRV) teilte mit, dass viele Veranstalter beschlossen hätten, ihre Verträge für den Urlaub am Roten Meer mit Abreisen bis Mitte September zu kündigen. Alternativ könnten Kunden umbuchen und stornieren. Bei Tui (mit den Marken Tui, 1-2-FLY, Airtours und Discount Travel) gilt diese Kulanzregelung zunächst für Anreisen bis zum 22. August. Die Veranstalter von Thomas Cook (Neckermann Reisen, Thomas Cook, Bucher Last Minute und Öger Tours) bieten kostenloses Umbuchen für Anreisen bis zum 23. August an.

Viele Reiseveranstalter stornieren kostenlos

Phoenix Reisen ermöglicht bis 14. September eine kostenlose Stornierung für Scharm el Scheich. Die Regelung gilt jedoch nicht für Hurghada. Alltours bietet Kunden für alle Abflüge bis einschließlich 29. August eine kostenlose Umbuchung zu anderen Zielen an. Bei FTI können alle Kunden, die eine Reise mit den Zielflughafen Scharm el Scheich, Hurghada und Marsa Alam gebucht haben und diese bis zum 22. August nicht antreten wollen, kostenlos umbuchen.

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Alle sechs Veranstaltermarken von DER Touristik sehen für Anreisen bis einschließlich 22. August die Option für kostenlose Umbuchungen vor - entweder für einen späteren Reisezeitraum in Ägypten oder für ein anderes Ziel. Urlauber, die jedoch bereits vor Ort sind, werden nicht in einer großen Aktion zurückgeholt. Lediglich einige Veranstalter bieten einen Abbruch der Reise an.

Erneute Gewalt am "Tag des Zorns" in Ägypten 

Unterdessen hat es nach dem Freitagsgebet in Ägypten erneut blutige Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi gegeben. In der Hauptstadt Kairo wurde nach einem Bericht der staatlichen Medien ein Polizist in einem Hinterhalt getötet, bei einem Polizeieinsatz im nördlichen Ismailija töteten die Sicherheitskräfte nach eigenen Angaben fünf Mursi-Anhänger.

In mehreren Stadtvierteln von Kairo waren am Nachmittag nach den Freitagsgebeten Schüsse aus Schnellfeuerwaffen zu hören. Das Fernsehen übertrug Aufnahmen von Männern, die aus Kalaschnikows feuerten - es war jedoch nicht zu erkennen, ob die Schützen Polizisten in Zivil oder Demonstranten waren. In der Stadt Tanta im Nildelta setzten die Sicherheitskräfte den Angaben zufolge Tränengas und Schrotgeschosse gegen Mursi-Anhänger ein, die auf ein Regierungsgebäude zustürmten. Gewalttätige Auseinandersetzungen wurden am frühen Nachmittag aus mehreren Städten gemeldet.

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Mursis Anhänger hatten einen "Freitag der Wut" mit Massenprotesten angekündigt. Sie protestierten in verschiedenen Städten gegen den brutalen Einsatz der Sicherheitskräfte, bei dem am Mittwoch nach offiziellen Angaben mindestens 578 Menschen getötet und 3000 verletzt wurden.

Auch andere Staaten raten Touristen von Reisen ab

Wegen der andauernden Gewalt haben mittlerweile auch andere Staaten den Verkauf von Touristenreisen gestoppt. Neben Deutschland sprachen am Freitag auch Frankreich, Großbritannien, Spanien, Italien und Russland Hinweise für Urlauber aus. "Wer bereits alle nötigen Papiere hat, kann zwar fliegen - aber wir raten dringend davon ab", betonte Irina Tjurina vom Verband der russischen Reiseveranstalter am Freitag in Moskau. Das Außenministerium in Moskau denke darüber nach, den Urlaubern die Rückkehr zu empfehlen und Heimflüge zu organisieren, hieß es.

Großbritannien riet seinen Urlaubern am Freitag, in der Urlaubsregion am Roten Meer in den Hotels zu bleiben. Derzeit befinden sich rund 40.000 Briten in Ägypten. Italien riet von Reisen in Gebiete außerhalb der Tourismusregionen und in Städte ab. Rund 19.000 Italiener halten sich nach offiziellen Schätzungen derzeit im Land auf.

Auch mehrere skandinavische Reiseveranstalter haben entschieden, ihre Urlauber aus dem Land zurückzuholen. Für die ohnehin schon gebeutelte ägyptische Tourismusindustrie, die ein wichtiger Pfeiler der Volkswirtschaft des nordafrikanischen Landes ist, ist dies ein schwerer Schlag. Der Wirtschaftszweig hat seit Beginn des Arabischen Frühlings 2011 mit massiven Buchungsrückgängen zu kämpfen. (dpa/afp/rtr)