Tansania. Vor fast genau 50 Jahren holperten John Wayne und Hardy Krüger im Hollywood-Streifen „Hatari!“ als Tierfänger durch die Safari. Wer Hatari heute besucht, der reist zurück in die Vergangenheit und kann auf den Spuren der Filmhelden den Arusha-Nationalpark entdecken: ein kleines Paradies.
Es ist schon fast dunkel, als der Geländewagen über eine schlammige Piste hoppelt. Der Mount Meru hängt in Wolken. Es ist ein kühler Abend. Ein paar Fliegen schwirren umher.
Die Büffel, die wir eben noch beim Grasen beobachtet haben, sind gerade im Unterholz verschwunden, als Jörg Gabriel den Wagen zum Stehen bringt. „Hier müssen sie gestanden haben“, sagt der 42-Jährige. „Hier heckten sie aus, welche Tiere sie am nächsten Tag fangen würden.“ Mit „sie“ meint Gabriel John Wayne und seinen Partner Hardy Krüger.
Gemeinsam drehten die beiden vor fast genau 50 Jahren im damaligen Tanganyika den oscargekrönten Hollywood-Streifen „Hatari!“. Als professionelle Tierfänger holperten sie mit klapprigen Jeeps durch die Serengeti und den Ngorongoro-Krater, um Nashörner, Giraffen und anderes Großwild für die Zoos in aller Welt zu fangen. Es war das erste Mal, dass Tiere vor laufender Kamera nicht einfach erlegt, sondern lebend gefangen wurden.
Eine neue Heimat zwischen Kilimandscharo und Meru
Es ist früher Abend. Die Sonne versinkt hinter dem Mount Meru. Jörg Gabriel streckt den Arm aus und deutet auf das hell beleuchtete Farmhaus. „Und das war ihr Basislager.“ Der Großteil der Filmaufnahmen für den Hollywood-Streifen, der im Sommer 1962 in die Kinos kam und Tausende begeisterte, wurde hier im Momella-Gebiet am Rande des Arusha-Nationalparks im Norden Tansanias gedreht. Paramount Pictures hatte das alte Farmhaus damals gekauft und große Wildgehege errichten lassen. Momella diente als Wohnort für die Crew und als Filmkulisse gleichermaßen. Legendär ist bis heute die Einstiegsszene des Films, als beide in vollem Tempo durch den Ngorongoro-Krater rasen, um mit dem Lasso ein Nashorn zu fangen – am Ende ohne Erfolg, Wayne und Krüger müssen unverrichteter Dinge wieder auf ihre Farm zurück.
Gedreht wurde Hatari Anfang der 60er-Jahre. Die Geschichte von Momella begann jedoch schon viel früher. 1906 gelangte die Deutsche Margarete Trappe mit ihrem Ehemann Ulrich auf Ochsenkarren nach Tansania. Zwischen den Gipfeln des Kilimandscharo und des Mount Meru fanden die beiden eine neue Heimat und errichteten ihre Farm, auf der sie Rinder und Ziegen züchteten.
Hardy Krüger führte Buschhotel „Momella Lodge“
Als mutige Jägerin und „Mutter der Masai“ wurde Margarete Trappe später berühmt. Nach ihrem Tod verpachtete Sohn Rolf 1957 einen Teil des Geländes an Paramount Pictures. Kaum waren die Dreharbeiten beendet, kaufte Hardy Krüger zusammen mit seinem Partner Jim Mallory das Anwesen und erfüllte sich den lange gehegten Traum von Afrika. 1961 eröffnete Krüger sein legendäres Buschhotel „Momella Lodge“, und schon bald erwies sich die Investition als Erfolg. Mit dem Bau des Kilimandscharo-Flughafens gelangten immer mehr Touristen nach Ostafrika.
Der moderne Safari-Tourismus nahm seinen Anfang. Und Momella wuchs und wuchs. Doch 1974 musste Hardy Krüger seine Farm aufgeben. Die schlechte wirtschaftliche Lage und der Anfang der 70er-Jahre voranschreitende Sozialismus zwangen ihn dazu.
Seit einiger Zeit geht die Geschichte von Momella nun aber weiter: 2004 ließen Jörg und seine Frau Marlies Gabriel aus den ehemaligen Wohnhäusern Krügers und Mallorys die Hatari-Lodge entstehen. „Uns ist damit ein Traum in Erfüllung gegangen“, sagt Marlies heute. Die Namibierin lebt seit 2000 in Tansania.
Ihr Mann wuchs in Indien und Ostafrika auf, ging später in Kenia zur Schule und studierte in Deutschland Politologie und Geografie. Schon in seiner Kindheit bereiste der Diplomatensohn den afrikanischen Kontinent viele Dutzend Male.
Momella ist ein Juwel
Wer Hatari heute besucht, der reist zurück in die Vergangenheit und zu den markigen Sprüchen von John Wayne und Hardy Krüger. Überall in den modern eingerichteten Gebäuden hängen die Bilder der Darsteller. Die Bar heißt John Wayne-Bar. Das Haus von Krügers Freund und Farmverwalter Jim Mallory ließen die Gabriels zum Hauptgebäude der Lodge umbauen.
Berühmt sind die Szenen am steinumrahmten Kamin, an dem John Wayne und Hardy Krüger ihren Whisky tranken und ihre Ausfahrten besprachen. Er existiert bis heute. Abends wird hier nach alter Tradition für die Gäste das Dinner serviert: Am Feuer gibt es hausgemachte Kürbiscremesuppe, Hühner-Curry und feine südafrikanische Weine.
Kinobesucher waren neugierig auf Afrika
Die neun Gästezimmer gestaltete Marlies im Stil der 70er-Jahre. „Die meisten Einrichtungsgegenstände sind in Tansania hergestellt“, sagt sie. Die Möbel sind aus Mkudu-Holz, die Sisalteppiche haben Frauen aus Daressalam gewebt, das bunte Geschirr fertigten die Frauen eines Community-Projekts ihrer Momella Foundation in einem Nachbardorf.
„Hatari!“ – das Wort bedeutet auf Suaheli „Gefahr“ – läutete einst die Ära der modernen Safari ein. Die Neugier vieler Kinobesucher auf Afrika wuchs. Immer öfter tauschten die Gäste großkalibrige Gewehre gegen Kameras ein.
Ein kleines Paradies
Der Arusha-Nationalpark ist ein kleines Paradies: Auf rund 300 Quadratkilometern vereint der Park die gesamte Vielfalt der tansanischen Nationalparks. „Es ist eine Art Afrika in klein“, sagt Jörg Gabriel. Die Tierwelt kann sich sehen lassen: Kaum in einem anderen Park Afrikas leben so viele Giraffen wie hier. Ungezählte Büffel, Wasserböcke, Buschböcke, Zebras, Flusspferde, Hyänen und Leoparden, ja selbst Elefanten bevölkern den Park, dazu verschiedene Affenarten wie die drollig anmutenden Colobus-Affen.
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Abends auf dem Holzsteg, wenn rechts der Mount Meru sein dunkles Antlitz zeigt, links der Kilimandscharo, wenn die Eiswürfel im Glas zum Sundowner klickern, wenn sich unten am Wasserloch Warzenschweine, Giraffen und Büffel tummeln, dann fühlt man sich zurückversetzt in die Zeit der 60er-Jahre, dann könnten John Wayne, Hardy Krüger und die hübsche Elsa Martinelli, die im Film eine Fotografin spielt, hier durch die Kulisse spazieren. Man bekommt großen Respekt vor der Natur, wenn man in dieser archaischen Landschaft steht und zusieht, wie die Sonne glühend rot hinter dem Mount Meru versinkt.
Und so kann man als Besucher dieses Ortes verstehen, warum Hardy Krüger in seinem Buch „Meine Farm in Afrika“ begeistert schrieb: „Die Seen. Die Hügel. Der Kilimandscharo. Der Mount Meru. Die Tiere. Momella ist ein Juwel. Es gibt in Ostafrika nichts Schöneres.“