Durban. Die Kampagne Fair Trade in Tourism South Africa (FTTSA) ist weltweit einzigartig. Sie vergibt das Fair-Trade-Label an Tourismusanbieter, die fairen, umweltverträglichen und sozialverantwortlichen Urlaub in Südafrika ermöglichen. Öko-Urlaub steckt aber noch in den Kinderschuhen.

Steuermann Sean hat unglaubliche Augen. "Ein Krokodil! Rechte Seite, schnell, sonst ist es weg!" Viel zu langsam nesteln die Touristen an Bord des Exkursionsschiffes Advantage Cruiser die Kameras aus den Taschen und stürzen an die Reeling. Das Krokodil, von dem ohnehin nur die Augen zu sehen waren, ist längst im schlammigen Wasser abgetaucht. Merke: Wer auf Safaris in Südafrika zu spät kommt, hat viele Bilder ohne Tiere.

Eine zweistündige Autofahrt von Durban entfernt liegt das Unesco-Weltnaturerbe St. Lucia Wetlands Park. Bis dahin säumen endlose Zuckerfelder die Küstenstraße, ab und an tauchen am Wegrand die runden Hütten der Zulus auf, einer südafrikanischen Volksgruppe. Weit weg ist nun die Weltklimakonferenz, auf der sich die Delegierten auch mit der Frage beschäftigen, ob die Menschen in Zeiten des Klimawandels noch ruhigen Gewissens in den Urlaub fliegen dürfen. Man darf: Hier in St. Lucia, einem rund 60 Kilometer langen Feuchtgebiet am Indischen Ozean, gibt es mehr Krokodile und Flusspferde zu sehen als in allen südafrikanischen Naturparks. Und hier kann man Urlaub mit Öko-Label machen.

Tourismus zu fairen Konditionen

Kathy Bergs ist Managerin der Kampagne "Fair Trade in Tourism South Africa (FTTSA)". Ihr Job ist weltweit einzigartig: Urlauber aus aller Welt sollen Reisen nach Südafrika buchen, die die Kriterien des fairen Handels erfüllen. "Wir verleihen den Tourismusanbietern das Fair-Trade-Label, die fairen, umweltverträglichen- und sozialverantwortlichen Urlaub ermöglichen", sagt Kathy Bergs.

Reisen mit dem Öko-Etikett soll schon bald ebenso einfach zu buchen sein, wie man in Deutschland in einem Weltladen oder Supermarkt Blumen oder Kaffee aus fairen Handel kaufen kann. "Wir haben bislang 65 Angebote in Südafrika zertifiziert", sagt Kathy. Von der einfachen Unterkunft für Rucksack-Reisende bis hin zur luxuriösen Fünf-Sterne-Lodge, von der aus Safaris zu den "Big Five" starten: Büffel, Elefant, Nashorn, Löwe und Leopard.

Zehn Millionen Touristen kommen jedes Jahr nach Südafrika, davon 400.000 aus Deutschland. Öko-Urlaub aber steckt noch in den Kinderschuhen: "Wir haben das Ziel, innerhalb der nächsten fünf Jahre ein Prozent dieser Reisenden für Fair-Trade-Angebote zu gewinnen", sagt Kathy Bergs. In Deutschland gibt es bislang nur einen Anbieter: SKR Reisen in Köln.

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Was Reisen mit dem Öko-Label bewirken kann, verdeutlicht Riette Bennett. Die zierliche Mittdreißigerin ist Kapitänin und Eignerin des Ausflugbootes "Advantage Cruiser". Gemeinsam mit ihrem Mann, der mit seinem Boot im Indischen Ozean Touristen zu den Wal-Revieren fährt, beschäftigt das "Unternehmen Bootstour" in St. Lucia 25 Menschen - zu fairen Konditionen, wie die Chefin betont. Wartung des Bootes, Verpflegung, Bereitstellung von Unterkünften: Arbeit gibt es reichlich. Bis zu 6000 Menschen können im kleinen Ferienort St. Lucia übernachten: "Von dem, was wir unseren Beschäftigten zahlen, leben viele Familien in der ländlichen Gegend", sagt Riette Bennett. Das Geld bleibe in der Region und wandere eben nicht in die Taschen großer Tourismusanbieter.

Ungerechter Tourismus schafft Armut

Für Sabine Minninger vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED), ist das Öko-Label auf dem Koffer ein echter Beitrag zur Armutsbekämpfung: "Ungerechter Tourismus schafft Armut, anstatt sie zu linden", sagt sie. Ägypten ziehe jährlich viele Millionen Urlauber an. "Dass es aber 2008 eine Brot-Revolte gab, weil die Menschen die gestiegenen Lebensmittelpreise nicht mehr zahlen konnten, ist in der Öffentlichkeit nicht angekommen."

Eine zweistündige Autofahrt vom St. Lucia Naturpark entfernt, in der zubetonierten Innenstadt von Durban, ringen die Delegierten der Weltklimakonferenz derweil um die Frage, ob man zur Finanzierung des Klimaschutzes Flugreisen mit einer Extrasteuer belegen solle. Aus diesen und anderen Einnahmen sollen arme Länder Maßnahmen bezahlen, um die Folgen der Klimaveränderungen zu bewältigen. Gerecht sei es, wenn Flugreisende gleich besteuert würden, sagt Sabine Minninger. Es treffe diejenigen, die das Problem verursacht hätten - die privilegierte Minderheit: "Nur jeder zehnte Mensch auf der Erde hat jemals ein Flugzeug von Innen gesehen."