Deutschland. Mit der Sommersaison 2011 sind die Mitarbeitern bei den Tourismusverbänden recht zufrieden. Die kommende Saison aber macht Sorgen. Jetzt soll die Werbetrommel gerührt werden, um negative Auswirkungen des Regensommers auf die nahe Zukunft abzumildern.
Vorbei sind offensichtlich die Zeiten, als man mit der urlaubenden Familie oder den Freunden telefonieren und sich so den gut gelaunten Sonnenschein in den eigenen grauen Alltag holen konnte. Das scheint jedenfalls zumindest für Deutschland zu gelten. „Die erste Woche ging so“, war da das Zwischenfazit von der Ostsee. „Ging so“ – schon das klingt ja jetzt nicht so richtig nach Sommer, Sonne und blauem Himmel. Dabei ist doch Ende Juli. „In der zweiten Woche sind wir dann regelrecht abgesoffen.“ Das war dann Anfang August.
Ulf Sonntag von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reise, ist auch erstaunt, „wie viel Wasser so in der Luft sein kann“. Bleibt die Frage nach den Auswirkungen. Für 2011 sieht Sonntag keine gravierenden Konsequenzen. Die Ferien in Deutschland seien doch in aller Regel langfristig gebucht, „wer macht da dann schon wirklich einen Rückzieher?“.
Rekordkurs bei den Buchungen
Doch es ist auch nicht die Sommersaison 2011, die den Mitarbeitern bei den Tourismusverbänden die Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Deutschland war 2011 auf Rekordkurs bei den Buchungen. „Witterungsbedingt hatten wir zwar weniger Tagesgäste und auch Einbußen beim Campingtourismus und bei den Strandkorbvermietungen, aber kaum Stornierungen in den Urlaubsorten“, schildert zum Beispiel Christian Schmidt, Geschäftsführer der Tourismusagentur Schleswig-Holstein, die aktuelle Lage. Aber 2012 bereitet ihm Kopfschmerzen. „Das wechselhafte Wetter in den Ferienmonaten Juli und August wird sich auf die Buchungsanfragen für das Jahr 2012 niederschlagen“, prognostiziert Schmidt. Man müsse aktiv gegensteuern. Sprich: Es soll die Werbetrommel gerührt werden, um negative Auswirkungen des Regensommers auf die nahe Zukunft abzumildern, vielleicht sogar ganz zu vermeiden. „Zwar wird auch in 2012 der Trend Deutschlandurlaub weiter anhalten und es werden Inlandsreisen verstärkt nachgefragt, doch dafür müssen wir unsere potenziellen Gäste aktiv und nachhaltig ansprechen. Für die dafür nötigen finanziellen Mittel brauchen wir auch die Unterstützung des Landes.“
Ähnlich sind auch die Sorgen in Mecklenburg-Vorpommern. „Wir waren im ersten Halbjahr und mit dem besten Juni seit 1990 auf dem Weg zu einem sehr guten Jahresergebnis“, so Sylvia Bretschneider, Präsidentin des Tourismusverbandes des Bundeslandes. „Aber dann kam der Regen und spülte die Hoffnung auf ein Spitzenergebnis einfach fort.“ Zwar wurden auch in Mecklenburg-Vorpommern gebuchte Urlaube kaum storniert, aber die Spontanbesucher blieben aus.
„Deutschland hat weiter Potenzial“
Aufgabe der gesamten Branche sei es nun, so Bretschneider, negative Folgeeffekte weitestgehend zu vermeiden. Dazu startet man selbst bereits im Herbst eine zusätzliche Werbekampagne im Internet, im Hörfunk sowie in Printmedien. „Wir wollen möglichst viele Menschen noch in diesem Jahr zu einem Besuch motivieren. Wir können nicht allein auf Sommer- und Strandurlaub setzen, deswegen haben wir in die entsprechende Infrastruktur investiert. Das zahlt sich aus.“
Und im Süden der Republik? Auch dort war das Wetter schon mal besser, vom ganz großen Regen blieben Bayern und Baden-Württemberg aber verschont. „So schlimm war es nicht“, sagt Simone Zehnpfennig vom Allgäu-Tourismus. „In der zweiten Augusthälfte war sogar gutes Wetter.“ Keine Verluste, gut gelaunte Gäste auf den Hütten: Das Bild, das Zehnpfennig beschreibt, ist in deutlich helleren Farben gemalt. Und auch für 2012 wird die Farbe Schwarz gänzlich ausgeklammert. „Natürlich spielt das Wetter eine wichtige Rolle bei der Wahl der Urlaubsdestination. Entscheidend ist aber die Zielregion an sich. Und wenn ich gerne in die Berge fahre, weiß ich, dass es dort auch mal regnen kann.“ Deutschland habe weiter Potenzial.
„Man kann dann nicht alles auf das Wetter schieben.“
Das findet auch Ulf Sonntag von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reise, auch wenn er fein unterscheidet. „Die Regionen abseits der Hotspots, denen es sowieso nicht so leicht fällt, sich im Konkurrenzkampf zu behaupten, werden sicher mehr unter dem Wetter gelitten haben.“ Aber das sei vor allem auch ein strukturelles Problem. „Man kann dann nicht alles auf das Wetter schieben.“
Den Knick, den die Tourismusbranche nach der nassen Enttäuschung in diesem Sommer für Deutschland 2012 befürchtet, sieht Sonntag jedenfalls nicht. Gerade Stammgäste wüssten, wie schön es in Deutschland ist, wenn die Sonne scheint. „Sie kehren der Republik bestimmt nicht nach einem schwierigen Sommer den Rücken.“
Mehr Nachfrage als Kapazität vorhanden
Zwar habe man bei der Forschungsgemeinschaft noch keinen mit Zahlen fundierten Überblick, dafür sei es einfach noch zu früh. „Dennoch stellen wir in vielen Regionen nach wie vor wesentlich mehr Nachfrage fest als Kapazität vorhanden ist. Das Interesse an Urlaub in Deutschland hat in den vergangenen zehn Jahren spürbar zugenommen. So ein Trend kehrt sich doch nicht einfach um.“
Die nächsten Telefonate mit der Familie oder Freunden werden es zeigen...