Herne. .
Von wegen Kaffeefahrt nach Osterreich mit Heizdecke und Volksmusik! Durch die schottischen Highlands wandern, in Verona der Oper lauschen oder gleich im tunesischen Komfort-Hotel überwintern: So reisen die Best Ager heute.
Die Reisebranche hat sie längst als besondere Zielgruppe entdeckt, die Generation 50 plus. Die Reiseveranstalter tüfteln fleißig an speziell auf die Bedürfnisse älterer Urlauber zugeschnittenen Konzepten und in den Reisebüros sitzen immer öfter Graumelierte im Kundensessel. „Dass verstärkt Ältere reisen, beobachten wir eigentlich schon seit Jahren“, erklärt Gabriele Baertz, Inhaberin des Reisebüros Herne-Süd. In letzter Zeit falle es aber mehr auf, „weil die mittlere Zielgruppe weggebrochen ist“. „Für Familien mit Kindern ist es finanziell sehr schwierig geworden, verreisen oft nicht drin.“ Bei älteren Urlaubern sieht das offenbar anders aus, das nötige Kleingeld ist da und wird auch gern ausgegeben. Baertz: „Ältere geben im Schnitt mehr Geld für eine Reise aus, sie achten mehr auf die Qualität, buchen komfortablere Hotels und planen auch deutlich langfristiger als junge Leute.“ Eine Umfrage der Marktforscher der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hat ergeben, dass Rentner im Schnitt 351 Euro pro Reise ausgeben, 70 mehr als der Durchschnitt.
Ältere reisen aber nicht nur teurer, sie verreisen auch häufiger und länger. In einer aktuellen Studie stellt die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) fest: „Die Urlaubsreisehäufigkeit pro Reisendem liegt bei Personen über 50 Jahren deutlich über der jüngerer Jahrgänge.“ Best Ager reisen außerhalb der Ferien, am liebsten pauschal, per Auto oder Flugzeug, der Mittelmeer-Raum steht hoch im Kurs: „Viele wollen einfach dem Winter entfliehen und fahren manchmal gleich für acht oder zwölf Wochen nach Tunesien. Die Nachfrage ist definitiv stärker geworden“, bestätigt Michael Rossa vom Tui-Reisecenter in Herne-Mitte. Auch Mallorca, die Türkei und die Kanarischen Inseln sind beliebt, Mittelstrecken eben. „Und Kreuzfahrten auf Flüssen oder im Mittelmeerraum, am liebsten deutschsprachige Schiffe“, ergänzt Stefanie Rintjema vom Tui-Reisecenter in Wanne.
Der wichtigste Trend beim Reisen im besten Alter: „Sie wollen aktiv sein. Die Jungen wollen in erster Linie in der Sonne liegen und sich erholen, Ältere wollen was erleben“, sagt Gabriele Baertz. Besichtigungen, Kreativkurse, Wandertouren und Filmabende werden entweder am Urlaubsort dazu gebucht oder sind gleich Bestandteil der Reise. Das gilt übrigens auch für Busreisen, die unter den Älteren immer noch überdurchschnittlich beliebt sind. Allerdings: „Die heute 60-Jährigen sind früher zu den Stones gegangen, die wollen nicht in Österreich Volksmusik hören“, so Christian Dolf, Produktmanager bei Graf’s Reisen. „Der Trend geht zu Städtereisen und Events: Nach Verona in die Oper, zum Hafengeburtstag nach Hamburg.“
Weil es aber den Best Ager nicht gibt, fehlt das Konzept - die Branche reagiert flexibel: mal mit Seniorenrabatt ab 55, mal mit Katalogsonderseiten.