Essen. . Die Nordseeküste ist lang, vielfältig und damit spannend. Die Region ist beliebt als Urlaubsziel, das Wattenmeer zudem auch noch Unesco-Weltnaturerbe. Doch es gibt noch viel mehr zu entdecken. Wir haben zehn außergewöhnliche Tipps zusammengestellt.
Wer kennt sie nicht – die deutsche Nordseeküste. Die Region ist beliebtes Urlaubsziel, das Wattenmeer zudem auch noch Unesco-Weltnaturerbe. Viel zu entdecken gibt es noch immer, wir haben zehn außergewöhnliche Tipps:
Der Vogelwart
Er muss einer der einsamsten Menschen an der ganzen Nordseeküste sein – denkt man. Doch Enno Janßen, der Vogelwart von Memmert, einer Insel südwestlich von Juist, fühlt sich nicht einsam. Von März bis Oktober bewohnt der Naturfreund das einzige Haus auf der Insel und wacht darüber, dass zigtausende Vögel ihre Ruhe haben. Erst nach der Brutzeit, an ausgewählten Tagen im August und September, darf man Janßen besuchen – wenn man sich rechtzeitig und persönlich beim Reisebüro Kiesendahl auf Juist angemeldet hat. Dann führt Janßen kleine Gruppen über seine Insel und erzählt, wie es so ist – ohne Nachbar und E-Mail.
Letzte Kneipe vor New York
Wer in Bremerhaven mehr essen möchte als nur ein Fischbrötchen, der fährt zum „Treffpunkt Kaiserhafen“, im Volksmund nur: „Die letzte Kneipe vor New York“. In der ehemaligen Pausenkantine kehrt vom Werftchef bis zum Touristen so ziemlich alles ein, was maritime Atmosphäre und eine anständige Mahlzeit sucht. Serviert wird an Tischen mit Schlingerleisten – die sorgten früher auf einer schwankenden England-Fähre dafür, dass nichts zu Boden fiel...
Tiefster Punkt Ostfrieslands
Wenn in Ostfriesland eine natürliche Erhebung höher ist als 20 Meter, so wie die höchsten Dünen auf Spiekeroog und Norderney, dann findet das schon mal Erwähnung in einem Reiseführer. Aber auch Freepsum, ein Dorf in der Krummhörn bei Emden, kann mit einem Superlativ aufwarten: Hier weisen Schilder den Weg zum tiefsten Punkt Ostfrieslands, immerhin 2,30 Meter unter Normalnull. Und ganz unwillkürlich beginnt man zu hoffen, dass die Deiche halten...
Der Leuchtturm von Dorum
125 Jahre wird er in diesem Jahr alt: der Leuchtturm Obereversand in Dorum bei Bremerhaven. Früher stand er in einer Fahrrinne der Weser und wies den Schiffen den Weg. Dann wurde er nicht mehr gebraucht. Im Jahre 2003 schleppten sie den 113 Tonnen schweren Koloss nach Dorum. Dort ragt er nun außendeichs wie eine Rakete in den Himmel. Ein kleines Museum vermittelt Besuchern ein unverfälschtes Bild vom Leben und Arbeiten der Leuchtturmwärter anno dazumal.
Nordsee - Schleswig-Holstein - Mit allen Sinnen genießen!
Friesensport
Es gibt Dinge, die wirken auf Menschen, die nicht an der Küste groß geworden sind, auf den ersten Blick ein wenig befremdlich. Kohlfahrten gehören dazu, aber auch das Boßeln, bei dem sich zwei Mannschaften auf einer einsamen Landstraße treffen und eine Kugel durch die Gegend werfen. Was zunächst anmutet wie Kegeln im Freien, ist echter Sport und für die ostfriesische Identität ungefähr so wichtig wie Plattdeutsch oder Teetrinken. Also bitte keine abschätzigen Bemerkungen.
Boomtown Bremerhaven
Es ist noch nicht allzu lange her, da sagten viele Leute zu Bremerhaven einfach nur „Fishtown“. Das sagt heute kaum noch jemand. Denn inzwischen gibt es hier mit dem Deutschen Schifffahrtsmuseum, dem Zoo am Meer, dem Deutschen Auswandererhaus und dem Klimahaus gleich vier Besuchermagneten. Allein das Klimahaus: Auf dem achten östlichen Längengrad reist man einmal quer durch die wichtigsten Klimazonen der Erde, mit Temperaturen zwischen 38 Grad (tropischer Regenwald) und minus sechs Grad (Antarktis). Danach ist dann unser wechselhaftes, aber eben auch sehr gemäßigtes Wetter gar nicht mehr so schlimm.
Der Trockenstrand
Vor gut zehn Jahren standen zwei Männer auf dem Uplewarder Deich bei Emden und grübelten, wie sie ein paar mehr Touristen in die Krummhörn bekommen könnten. Bis einer von ihnen die Idee hatte, einen neuen Strand anzulegen – nicht auf der Wasserseite, sondern auf der Landseite des Deiches. Dafür erfand eine Zeitung sogar ein neues Wort: „Trockenstrand“. Nun bekam die Sache Schwung, zumal sich das Ganze doch sehr nach einem Ostfriesenwitz anhörte. War es aber nicht. Im August 2000 wurde der „erste Trockenstrand der Welt“ offiziell eingeweiht: eine Sandfläche, kleiner als ein Fußballfeld, aber mit richtigen Strandkörben. Und baden kann man auch, auf der anderen Seite des Deiches – wenn nicht gerade Ebbe ist...
Rhabarberkuchen & Kunst
Ja doch, er ist legendär: der Rhabarberkuchen im Alten Kurhaus zu Dangast. Es soll Leute geben, die nur deshalb in das Dorf am Jadebusen fahren. Als gäbe es nichts Wichtigeres, zum Beispiel die Stätten, an denen einst bedeutende Künstler wie Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff oder Franz Radziwill ihre Staffelei aufgebaut haben. Doch irgendwann bekommt auch der größte Expressionismus-Fan Hunger. Dann geht er ins Alte Kurhaus, bestellt Rhabarberkuchen und guckt raus aufs Wattenmeer...
„Schiffe gucken“
Eine Promenade hat fast jede Insel, aber von keiner kann man so schön „Schiffe gucken“ wie von der auf Wangerooge. Kein Wunder, schließlich liegt die östlichste der Ostfriesischen Inseln am dichtesten an den großen Schifffahrtsstraßen. Unentwegt tuckert irgendein Containerschiff, Öltanker oder Autotransporter nach Hamburg, Bremen oder Wilhelmshaven. Und wo viele Schiffe sind, sind auch viele Türme. In den blauen Himmel über Wangerooge ragen der kantige Westturm (das Wahrzeichen für die Insulaner, heute eine Jugendherberge), der Neue Leuchtturm und der Alte Leuchtturm (auf dem sich im Jahresdurchschnitt 400 Paare das Ja-Wort geben).
Das schwimmende Dach
Not macht erfinderisch, das war schon 1705 so. Damals wurde auf Spiekeroog ein Haus gebaut, das heute nur das Alte Inselhaus heißt. Und weil es damals kaum Schutz gegen Sturmfluten gab, wurde das Dach so konstruiert, dass es sich, wenn das Wasser an die Haustür schwappte, mittels weniger Handgriffe zu einem Rettungsfloß umfunktionieren ließ. Heute kann man im Alten Inselhaus in aller Ruhe Tee trinken, mit „Kluntjes“ (Kandis) und „Wullkje“ (Sahnehaube) – und nur Banausen rühren um.