Ennepetal. . Eine 14-Jährige ist von zuhause abgehauen, sie lebt jetzt bei der Familie ihres Freundes, einer Roma-Familie. Jetzt soll sie dort ihren Freund heiraten, er ist 15 Jahre alt. Ihre Mutter ist in heller Aufregung, sie fordert: „Bitte helfen Sie, unser Kind wiederzubekommen.“

„Wir vermissen unsere Tochter.“ Bekin C. schluckt. Seit 14 Tagen ist seine 14-jährige Tochter Lisa aus ihrer Heimatstadt Ennepetal verschwunden. Wie Bekin und seine Frau Hismija inzwischen wissen: „Lisa lebt mit ihrem 15-jährigen Freund Mentor K. bei dessen Eltern in Oldenburg. Und soll ihn jetzt Mentors Kultur entsprechend in einer klassischen Sinti-Zeremonie heiraten“, behauptet der Vater.

Natürlich sind Bekin und Hismija zur Polizei gegangen. Haben Lisa als vermisst gemeldet. Hatten Angst, das Kind sei entführt worden. Doch: „Für uns liegt keine Straftat vor“, erklärt Dietmar Trust, Sprecher der Polizei Ennepetal. Man habe das Kind in Oldenburg gefunden, bei der Familie K. „Lisa möchte nicht nach Hause, weil sie geschlagen wird“, habe die 14-Jährige erzählt. „Lisa ist freiwillig dort“, so das Fazit von Trust.

Widersprüchliche Aussagen

„Ich schlage nicht“, erklärt Vater C.. Aber er fügt hinzu: „Meine Frau hat Lisa eine geklatscht, als sie erfahren hat, dass sie auf Facebook mit Mentor flirtet.“ Das habe er auch der Polizei gesagt.

Es ist ein unglaublicher Fall mit widersprüchlichen Aussagen und bürokratischen Mühlen, die scheinbar extrem langsam mahlen. „Ich verstehe das nicht. Die müssen mein Kind einpacken und mir bringen“, fordert der Vater. Der 37-jährige Deutsche, der vor 25 Jahren aus dem Kosovo kam, hat Angst, dass seine Tochter heute verheiratet wird. Die Feier sei geplant, hunderte Gäste geladen. „Sie haben uns 30 000 Euro für unsere Tochter geboten“, erzählt C. Als er das Geld abgelehnt habe, habe ein Bruder von K. ihn bedroht.

Die Vorstellung scheint Bekin C. in Panik zu versetzen, seine Frau bricht in Tränen aus. Die Mutter erzählt, dass sie seit Tagen nicht mehr schlafen könne. Die Familie fühle sich ohnmächtig. „Beschissen“, sagt der Vater. Über ihren Anwalt Sam Benecken wollten sie über eine einstweilige Anordnung beim Amtsgericht Schwelm ihre Tochter zurückholen und die Hochzeit verbieten lassen. Doch Amtsgerichts-Direktorin Nicole Clouth-Gräfin von Spee setzt erst für nächste Woche Mittwoch einen Verhandlungstermin an. Begründung: „Eine Hochzeit wäre eh’ gesetzeswidrig.“ In Oldenburg ist man anscheinend erstaunt. „Von einer Hochzeit weiß ich nichts“, sagt Polizeisprecher Stephan Klatte.

Das Kind ist nicht da

Nach wiederholten Medien-Anfragen kommt am Freitagnachmittag plötzlich Bewegung in den Fall. Von Spee fordert mit einstweiliger Anordnung die Herausgabe Lisas. Und Oldenburgs Jugendamtsleiter Frank Lammerding schickt um 15.30 Uhr Kollegen und Polizei zur Familie K. Sie treffen Lisa nicht an. „Wir haben der Familie K. mitgeteilt, Lisa möge sich beim Jugendamt melden“, erklärt er. Er verrät einen bisher nie genannten Fluchtgrund Lisas. „Die Eltern wollen das Kind in Mazedonien verheiraten.“

Die Mutter weist das zurück. „Warum sollten wir das tun? Meine Tochter ist ein Kind.“