Bergkamen. . Die Zwangsverheiratung junger türkischstämmiger Frauen ist längst ein Thema in Bergkamen. So auch am Mittwoch im Integrationsrat.

Die Zwangsverheiratung junger türkischstämmiger Frauen ist längst ein Thema in Bergkamen. So auch am Mittwoch im Integrationsrat. Rosemarie Degenhardt fragte nach dem Geistlichen aus Bergkamen, der in einem Prozess wegen Entführung einer jungen Frau in Bönen eine unrühmliche Rolle gespielt haben soll. Er soll, so war in einer Verhandlung vor dem Unnaer Schöffengericht zu hören, die Zwangsehe abgeschlossen haben.

Zunächst schauten sich die Migrantenvertreter im Integrationsrat ratlos an, bis klar war, dass es sich bei dem Bergkamener nicht um einen offiziellen Iman an einer Moschee gehandelt habe, sondern um einen Laien. Vor dem Schöffengericht wurde er als Inhaber eines Supermarktes bezeichnet.

„Solche Ehen sind natürlich nicht rechtsgültig“, stellt Rosemarie Degenhardt fest. Keiner der Migrantenvertreter wollte hier widersprechen. Anders sieht es allerdings dann aus, wenn die Zwangsehe nicht in Deutschland, sondern in der Türkei geschlossen werden. Es sind eine Reihe von Fällen bekannt, wonach junge Frauen unter dem Druck ihrer Familien in die Türkei reisen mussten, um dort einen ihnen völlig unbekannten, aber „versprochene Mann“ zu heiraten.

Deshalb wurde bereits 2008 unter der Federführung der Gleichstellungsstelle des Kreises und der RAA Kreis Unna mit Sitz in Bergkamen ein Netzwerk „Wegen der Ehre“ gegründet, um die Menschen in der Region für die Themen Zwangsheirat und Ehrenmord sensibilisieren.

Netzwerk-Gründung

Dazu werden regelmäßig Fortbildungen, Veranstaltungen und Vorlesungsreihen organisiert. Jetzt unternimmt das Netzwerk einen neuen Anlauf, und zwar mit einer Lesereihe mit der bekannten Autorin und Journalistin Sineb El Masrar. Ziel ist es, junge Mädchen und Frauen zu ermutigen, ein selbstbestimmtes Leben in Deutschland zu führen.

Sineb El Masrar ist Gründerin und Herausgeberin der ersten deutschen Frauenzeitschrift „Gazelle“ für Migrantinnen und Autorin des Buches „Muslim Girls – Wer wir sind, wie wir leben“. Darin erzählt sie, wie die muslimischen Frauen hierzulande ihr Leben gestalten, wie sie um ihre Unabhängigkeit kämpfen und wo sie ihren Platz in der Gesellschaft sehen. Mit Humor und Einfühlungsvermögen beschreibt die Autorin das Leben von Deutschen und Zuwanderern.

Die Lesungen aus dem Buch „Muslim Girls“ finden in diesem Monat auch in Bergkamen und Bönen statt.