Unna. . Sie suchen Zuflucht im Frauenhaus. Die jungen Frauen zwischen 19 und 25 Jahren versuchen Elternhäusern zu entkommen, in denen sie psychische oder körperliche Gewalt erleben. Mittlerweile sind es 38 Prozent der Bewohnerin im Frauenhaus.

Der Kühlschrank in der Wohnung der Mutter ist seit Tagen leer. Dass der Magen der 19-jährigen Tochter knurrt, interessiert sie aber nicht. Auch der Strom ist abgestellt, weil sich die unbezahlten Rechnungen in der Wohnung stapeln. Schließlich fällt einer Schulpsychologin auf, dass etwas in der Familie nicht stimmt. Sie stellt den Kontakt zum Frauenhaus in Unna her. Wenig später zieht das 19-jährige Mädchen dort mit seinen wenigen Habseligkeiten in ein Zimmer ein.

Die Zahl der jungen Frauen steigt

Die Zahl von Frauen zwischen 19 und 25 Jahren, die Zuflucht im Frauenhaus suchen, ist in den vergangen Jahren rapide gestiegen. Alleine von 2010 bis 2011 stieg sie um sieben Prozent. Mittlerweile sind 38 Prozent der Plätze im Frauenhaus von jungen Frauen belegt. 2011 waren es 26. Neben den deutschen Mädchen, gibt es auch einige mit Migrationshintergrund, die einer Zwangsheirat entkommen wollten.

Und die 20-Jährigen, die weit davon entfernt sind erwachsen zu sein, verändern die Arbeit der Mitarbeiter des Frauenhauses. „Wir übernehmen ein Stück weit die Elternfunktion“, sagt Melanie Deschner-Kolodzey. Sie ist Sozialarbeiterin beim Frauenforum, das das Haus in Unna unterhält.

Ältere Frauen musste sie nie so an die Hand nehmen, wenn es um Behördengänge oder die Suche nach einer Arbeit ging. Zudem gilt die Prämisse nicht, dass die Frauen einen eigenen Haushalt geführt haben, wenn sie sich an Melanie Deschner-Kolodzey oder eine ihre Kolleginnen wenden. Zuhause – selbst in ihren zerrütteten Familien – hielten sie die Eltern an, aufzuräumen. Oder es war ihnen egal. Aber im Frauenhaus müssen sie sich an einen Putzplan halten.

Oft sie das erst dort lernen. Sie lassen anfangs ihr Geschirr herumstehen und putzen nicht gern. „Dadurch wird es für die Frauen mit Kindern schwer“, erklärt Martina Ricks-Osei, Leiterin des Frauenhauses. So veränderte sich auch das Verhältnis zwischen Frauen und Kindern. 2010 waren es noch 72 Kinder und 64 Frauen. Nur ein Jahr später erfasste die Statistik des Frauenforums nur 44 Kinder, aber dafür 69 Frauen.

Sie rotten sich zu Cliquen zusammen

Das hat Folgen: „Es war auffällig, dass Frauen mit Kindern wieder sehr schnell gegangen sind“, beobachtete Martina Ricks-Osei. Sie kennt das Konfliktpotenzial, wenn zu viele junge Frauen mit einigen wenigen Müttern unter einem Dach wohnen. Die Mädchen schließen untereinander schnell Freundschaft, rotten sich zu Cliquen zusammen und bilden eine gemeinsame Front. „Gegen so eine geballte Anzahl junger Mädels kommt man nicht so leicht an“, erklärt die Leiterin des Frauenhauses, aber von Mobbing will sie nicht direkt sprechen.

Es wäre allerdings einfacher, wenn die Mischung im Frauenhaus wieder etwas bunter würde. Die älteren Frauen übernähmen dann die Erziehung der Jüngeren mit. „Zurzeit haben wir aber leider überwiegend junge Frauen“, so Ricks-Osei.