Oberhausen. . Der zweite „Day of Song“ führt junge Sänger aus dem ganzen Ruhrgebiet zum “Metropolen-Chor“ zusammen. Für die 53 Ruhrgebiets-Kommunen soll jeweils ein Sänger oder eine Sängerin ihre Stimme beisteuern. Jetzt war Probe im Oberhausener Gasometer.
Bochum schickte den Bass Jacob, Bottrop den Tenor Tobias, aus Moers kommt Michael, Tenor, und aus Mülheim Bastian, Bass. Hagen meldete Carolin, Hamm Selina und Ennepetal Luisa, die sich gerade in die Brust wirft – nicht um zu singen, um zu sagen: „Ich vertrete meine Stadt.“ Mit Stolz und Stimme. Auftritt „Metropolenchor“: 30 junge Sänger, gut gelaunt und gut gestimmt, die meisten nicht einmal 20 Jahre alt, aus dem ganzen Ruhrgebiet.
Aus dem ganzen? So hatte es sein sollen, das war die Idee. Einen „Botschafter“ aus jeder Stadt haben sie beim „Day of Song“ gesucht, einen „kosmopolitischen Chor“ als Auftakt und Schlussakkord für den großen Revier-Sing-Tag am 2. Juni. 53 Sänger hätten es deshalb sein müssen. Doch es fehlen im Konzert: ein Sopran aus Sonsbeck, ein Bass aus Waltrop, ein Alt aus Hünxe. . . Aber dort singen sie offenbar in den höchsten Tönen, jedenfalls schickten sie einen Sopran.
Höchste Konzerthalle Europas
Macht nichts, sagt das Projektteam nun – der Chor kann ja noch wachsen, das Interesse auch, und singen diese jungen Leute nicht auch ohne Oer-Erkenschwick und Neukirchen-Vluyn schon ganz wunderbar? Stehen da im Hall der „höchsten Konzerthalle Europas“, wie „Day of Song-“Chefin Benedikte Baumann sagt: dem Gasometer Oberhausen. Lassen den Mond aufgehen und holen den Zuhörern die Sterne vom Himmel. Denn sie mögen Jugendliche sein in Jeans und kurzen Hosen, die Hände in den Taschen, die Füße verlegen verknotet – ihre klaren Stimmen füllen die gigantische Tonne bis unters 117 Meter hohe Dach.
„Faszinierend“, sagt Luisa, die schon einiges gewohnt ist aus der Musik. Eine Musicalrolle, eine Marching-Band, Gesangsstunden, gar eine Aufnahmeprüfung! „Ich hätte nie gedacht, dass das so bombastisch wird.“ Nun kannte die 20-Jährige das Gasometer auch nicht; wie Rune, der aus Oberhausen kommt. Und sich plötzlich wiederfindet im tiefen Bass, obwohl er sonst Tenor singt im Klosterchor. Aber, man höre und staune, der Metropolenchor hat Überschüsse im Tenor. „Ich weiß nicht mal, ob ich’s gut kann“, gesteht der 18-Jährige. „Aber mir hat auch noch keiner gesagt, dass ich’s nicht kann.“
Keine Sänger aus Essen und Dortmund
Das würde Anthony Heidweiller nicht einmal denken, der oben in den Balustraden herumturnt auf der Suche nach dem besten Klang. Der niederländische Opernregisseur war schon beim ersten „Day of Song“ vor zwei Jahren dabei, diesmal bespielt er das Gasometer, lässt Papier regnen und Sterne, lacht und ruft und lässt die jungen Leute wieder und wieder singen: „My Lord, what a morning!“ Nur soll es ein Abend werden, ein „Sonnenuntergangskonzert“, bei dem auch ein Profichor singt, eine Solistin – und der Hall des Gebäudes hat die Führungsstimme.
„Tutti, bitte, alle an Bord!“ Diese Stimme gehört Christian Jeub, Chordirektor des Musiktheaters Gelsenkirchen. Er macht, was wohl alle Chorleiter tun in diesen Tagen: üben, üben, üben für den „Day of Song“. Ruhiger sollen die Sänger es angehen, dort im Dunkeln, nicht schneller laufen, als sie singen können: „Manche können es besser, und die wollen die anderen dann mitziehen.“ Das, unkt jemand, sei nun wie draußen in der Realität der Metropole, nur stimmt das nicht ganz: Dortmund und Essen sind hier überhaupt nicht dabei! Für Essen singt jetzt offiziell ein Mädchen aus Schermbeck. Und Dortmund, die anerkannte Chorstadt, aufgerufen, einen Tenor zu senden, soll in bald 30 Jugendchören angeblich keinen gefunden haben, der fürs Ruhrgebiet singt.
Das aber kann im Revier dieser Tage auch andere Gründe haben: Weit über 50.000 Sänger sind angemeldet für den „Day of Song“, über 800 Chöre. Nicht gerechnet jene, die einfach mitsingen, ohne Bühne und Verein. Schon weil keiner überall gleichzeitig sein kann: ist das wohl Metropolenchor genug.