Verden. 585 Kilogramm Wasserstoffperoxid hatte die Sauerland-Gruppe für ihre geplanten Anschläge zur Verfügung. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den mutmaßlichen Lieferanten (38) wegen 55 Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz erhoben. Das Urteil fällt wohl erst 2010.

Die Staatsanwaltschaft Verden hat Anklage gegen den mutmaßlichen Chemikalien-Lieferanten für die geplanten Anschläge der Sauerland-Gruppe erhoben. Der 38-jährige Deutsche aus Hodenhagen soll die in Düsseldorf vor Gericht stehenden Terroristen mit insgesamt 585 Kilogramm Wasserstoffperoxid beliefert haben, wie die Anklagebehörde mitteilte. Aufgrund seiner Kenntnisse habe er billigend in Kauf genommen, dass damit Sprengstoffe hergestellt werden. Dem Chemikalienhändler werden zudem viele weitere Verstöße vorgeworfen.

Laut der 44-seitigen Anklage lieferte der Mann auch in weiteren Fällen auf Bestellung Chemikalien, die mit anderen Substanzen vermischt zur Herstellung von Sprengstoff geeignet waren. Insgesamt soll er in 55 Fällen gegen das Sprengstoffgesetz verstoßen und in 27 Fällen gewerbsmäßige Beihilfe zum Herstellen und Handeln mit Betäubungsmitteln geleistet haben. In 123 Fällen habe er Arzneimittel in den Verkehr gebracht, bei denen ein begründeter Verdacht auf schädliche Wirkung bestehe. Zudem soll er ohne Erlaubnis giftige Stoffe wie weißen Phosphor, Methanol oder Formaldehyd angeboten haben.

Als Zeuge im Sauerland-Prozess erschienen

Der als Rädelsführer der Sauerland-Gruppe geltende Fritz Gelowicz soll bei dem Händler aus Hodenhagen unter falschem Namen Wasserstoffperoxid-Lösung bestellt haben. Im Mai war der Mann als Zeuge im Sauerland-Prozess erschienen, hatte aber überraschend den Angeklagten Daniel Schneider als möglichen Käufer identifiziert. Vom Gesicht her könne es Schneider gewesen sein, sagte er damals: «Die anderen definitiv nicht.» Mit dieser Identifizierung könnte sich der Zeuge getäuscht sein: Nach Aussagen der inzwischen geständigen Angeklagten hatte tatsächlich Gelowicz die Chemikalie besorgt.

Zum dem eigentlichen Wasserstoffperoxid-Verkauf an die Angeklagten hatte der 38-Jährige allerdings schon damals die Aussage verweigert, weil bereits gegen ihn ermittelt wurde.

Urteil fällt wohl erst im kommenden Jahr

Im Terrorismusprozess gegen die sogenannte Sauerland-Zelle wird das Urteil voraussichtlich erst im kommenden Jahr fallen. Der Staatsschutzsenat des Düsseldorfer Oberlandesgerichts beraumte vorsorglich weitere 30 Verhandlungstage bis Ende März an, wie das Gericht am Donnerstag mitteilte. Grund sei die Dauer der Vernehmung der Angeklagten und der noch anstehenden Beweiserhebungen unter anderem zur Festnahme von drei der vier Beschuldigten vor gut zwei Jahren im Sauerland, sagte ein Gerichtssprecher. Ob der Senat alle zusätzlichen Verhandlungstage tatsächlich benötigt, hänge aber vom weiteren Prozessverlauf ab. (ap/afp)