Essen. Schlechte Noten für das Ruhrgebiet: Laut dem neuen Lernatlas der Bertelsmann-Stiftung hinken die Revier-Städte bei der Bildung deutlich hinterher. Die Stadt Essen zeigt sich betroffen und will mehr in die Bildung investieren.
Im Süden der Republik lernt es sich richtig gut, im Norden am schlechtesten. Das ist das Ergebnis einer neuen Bildungsstudie der Bertelsmann-Stiftung, dem „Deutschen Lernatlas“. Geografisch liegt NRW da zwar eher auf der Mittellinie, bei diesem Bildungs-Ranking aber verschieben sich die Linien drastisch: Die Werte für NRW liegen gerade mal im Mittelfeld, meist unter dem Bundesschnitt.
Die meisten Erkenntnisse stimmen mit anderen Bildungs-Untersuchungen wie der Pisa-Studie überein. Wirklich neu ist etwas anderes: Der Lernatlas hat nicht nur Schulleistungen berücksichtigt, er fasst den Bildungsbegriff viel weiter. Der Lernatlas fragt nach Angeboten, die ein lebenslanges Lernen ermöglichen. Die Autoren nahmen vier Bereiche unter die Lupe:
Schulisches Lernen: Dazu gehört etwa allgemeine Schulbildung, Lesekompetenz.
Berufliches Lernen: Dazu gehören Ausbildungsmärkte für Jugendliche, Weiterbildungsmöglichkeiten.
Soziales Lernen: Mitarbeit bei der Freiwilligen Feuerwehr, in Chor oder Partei.
Persönliches Lernen: Museen, Theaterbesuche, Sportvereine, Bücherlesen.
Gemessen daran schneiden die meisten Ruhrgebietsstädte schlecht ab. Essen etwa kommt bei dem beruflichen Lernen auf einen Wert von 33, der Hochsauerlandkreis auf immerhin 57 und der Landkreis Wesel auf 41. Zum Vergleich: Der Sieger-Landkreis Main-Spessart liegt bei 69.
Stadt Essen reagiert betroffen auf Bildungsstudie
„Wir zeigen, dass das Schaffen von guten Lern-Bedingungen nicht nur eine Frage des Geldes ist“, so André Schleiter, Projekt-Manager bei der Bertelsmann-Stiftung. Indikatoren wie etwa das Engagement bei der Feuerwehr könne eine Kommune auch ohne viel Geld fördern. Die Stadt Essen reagierte indes betroffen. „Das zeigt, dass wir noch mehr in Bildung investieren müssen als wir ohnehin schon tun“, erklärte Sprecher Detlev Feige.
Eine große Schwäche der Studie ist dem Bildungsforscher Klaus Klemm, emeritierter Professor der Uni Duisburg-Essen, nicht verborgen geblieben: „Es gibt definitiv keine regionalen Daten über das schulische Lernen in NRW.“ Die Autoren hätten Daten aus den Bundesländern auf Regionen und Kommunen übertragen. „Diese Daten sind nicht belastbar“, sagte er dieser Zeitung. „Aus dem Lernatlas kann man zumindest im schulischen Feld keine kommunalen Rankings ableiten.“ Dennoch begrüßt er die Stoßrichtung. „Es ist wichtig, dass der Lernatlas das Lernen weiter fasst.“