Mogadischu. . Dietmar Roller lebte jahrelang in Afrika, knüpft nun ein Netz der Hilfe für die Kinder Somalias.
Mit Dietmar Roller, Koordinator der Kindernothilfe am Horn von Afrika, sprach Annika Fischer.
Sie waren im Flüchtlingslager Dolo Ado und kommen jetzt nach Mogadischu – wie sieht es dort aus?
Dietmar Roller: Ein einziges Elend. So schwer hungernde Kinder habe ich noch nie gesehen. Die Leute sind 200, 300 Kilometer unterwegs gewesen, und dann gibt kein Essen, kein Trinken, keine medizinische Versorgung, die Kinder werden sich selbst überlassen.
Wo leben die Menschen?
Mogadischu ist eine geschundene, zerbombte Stadt, überall sind Ruinen. Die Menschen lagern überall an den frei gewordenen Plätzen, sie legen Tücher über eine Art Weidengeflecht, das sind ihre sehr schlichten Behausungen. Sie sind zu Abertausenden, es gibt keine sanitären Einrichtungen, eine Kloake fließt durch die Stadt: Das ist sehr, sehr gefährlich. Wir haben mit Durchfall zu kämpfen und mit Tuberkulose.
Was können Sie tun?
Ich habe mit dem Gouverneur gesprochen, die Zusammenarbeit ist gut, aber diese Stadt hat keine Mittel. Wir versuchen mit unseren Partnern vor Ort, die Menschen zu registrieren, ihnen Essen und Medizin zu geben sowie Aufgaben, um sich selbst zu helfen, nach dem Prinzip „Cash for work“. Wir müssen die Leute stark machen, die Solidarität unter den Somalis ist sehr groß.
Und die Shabab-Milizen?
Sie sind in den Außenbezirken immer noch aktiv, es gibt keinerlei Sicherheit. Ich kann mich nur bewegen mit mindestens zwölf schwer bewaffneten Militärs, die auf einem Pickup hinter mir herfahren. Güter einzuführen ist sehr schwierig.
Wie können Sie also helfen?
Wir kaufen lokal ein, das ist ohnehin besser; es kommen ja Waren aus Kenia. Und wir richten Kinder-Zentren ein, wo die Kleinen kindgerecht zu essen bekommen, wo sie spielen können und wo jemand ist, der ihnen zuhört. Vielleicht können wir sogar so etwas wie Schulunterricht bieten, einen Hauch von Normalität.
Wie ertragen Sie die Bilder?
Ich habe schon viel gesehen im Leben, aber so etwas noch nie. Eben habe ich mit einer Mutter gesprochen, sie hatte Zwillinge auf dem Arm, die Beinchen so dünn wie mein Daumen. Wer diese sterbenden Kinder sieht, den stärkt vielleicht der Gedanke: Man hilft genau diesen Menschen.