Ruhrgebiet. Seit 50 Jahren sind sie befreundet – bis er ihr eröffnet, dass er nun AfD-Mitglied ist. Das kann sie nicht so hinnehmen.

Ein Riss geht durch die Gesellschaft. Wir haben Sie, unsere Leser, gefragt, wie sie Diskussionen mit AfD-Anhängern erleben. Wie sich also das große politische Geschehen im Kleinen spiegelt. Und die Fronten verhärten sich. Es zerreißt Freundeskreise, spaltet im Vereinsheim, ja sogar durchs Ehebett geht dieser Riss. Diese Geschichten der Entfremdung haben wir aufgeschrieben.

Hier erzählt Christiane B. (Name geändert):

Meine beste Freundin habe ich vor 50 Jahren kennengelernt, genau wie ihren damaligen Mann. Als die beiden sich scheiden ließen, bin ich auch mit ihm in Kontakt geblieben. Bis vor drei Monaten. Da ging es einfach nicht mehr.

Der Ex-Mann meiner Freundin ist ein sehr sympathischer, kraftvoller Mensch, aber in den letzten Jahren ist er mehr und mehr unzufrieden geworden. Er ist nun im Rentenalter und hat nur eine kleine Rente zur Verfügung. Darum geht er nebenbei weiter arbeiten. Immer öfter hat er gesagt: „Alle kriegen hier was, aber ich, der ich so lange hart gearbeitet habe …“

Unser Schwerpunkt zum „Kampf um die Demokratie“

Lange konnten wir darüber noch diskutieren und sogar mal einen Scherz machen. Aber seine politische Einstellung hat sich Stück für Stück verhärtet. Irgendwann hat er erzählt, dass er nun die AfD wählt. Er stand immer eher auf der linken, als auf der rechten Seite. Nun hat er von „asozialen Geldempfängern“ geredet, die man alle loswerden müsste. Das war noch nicht ausschließlich auf Ausländer bezogen. Wir konnten trotzdem noch miteinander reden.

Die Sicht der AfD-Anhänger auf solche Diskussionen, lesen Sie hier

Aber vor drei Monaten hatte ich ihn zu mir zum Essen eingeladen. Dabei hat er mir eröffnet, dass er nun AfD-Mitglied geworden ist. Das war mir zu viel. Vorher habe ich gedacht: Hunde, die bellen, beißen nicht. Aber nun steht dieser Freund hinter allem, was die AfD sagt – und will auch aktiv daran mitwirken, wenn man ihn fragt. Das Wort Remigration war damals noch nicht in aller Munde, aber dem Sinn nach hat er die Meinung vertreten: Alle, die auf unsere Kosten leben, müssen raus. Ich habe das dann nicht weiter mit ihm diskutiert und ihm gesagt, dass ich mit ihm nicht mehr an einem Tisch sitzen möchte. Er ist dann mit bösen Worten gegangen, und ich saß als heulendes Elend zu Hause.

Ich habe mir Rat von Freundinnen geholt, die haben mich in meiner Sicht bestärkt. Dem Freund habe ich dann einen seitenlangen Brief geschrieben, in dem ich auch versucht habe, aufzuzeigen, was die Positionen der AfD anhand ihres Parteiprogramms bedeuten. Ich habe keine Antwort mehr bekommen. Ich hoffe, ich begegne ihm nicht in den nächsten Tagen auf der Gegenseite einer Demonstration.