Herne. Die Hochschulallianz Ruhr eröffnet in Herne ein Forschungszentrum. Untersucht wird, wie Städte klimaneutral werden können – mit diesen Ideen.
Wie sieht das Ruhrgebiet in Zukunft aus? Wie werden Menschen in Herne und anderen Großstädten wohnen? Und welche Technologien sind nötig, damit die Industrie in der Ruhrregion in Zukunft möglichst klimaneutral betrieben werden kann? Antworten auf diese Fragen wollen Wissenschaftler und Experten ab sofort in Herne finden. Am Montag, 18. September, eröffnete im alten Postzentrum an der Bebelstraße das Applied Excellence Department (AED).
Dahinter steckt eine Initiative der Hochschulallianz Ruhr, bestehend aus der Hochschule Bochum, der Fachhochschule Dortmund und der Westfälischen Hochschule mit Standorten in Gelsenkirchen, Bocholt und Recklinghausen. In dem neu eröffneten Forschungszentrum sollen Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter aller drei Hochschulen gemeinsam realistische Ideen entwickeln, wie Großstädte nachhaltiger gebaut, beziehungsweise umgebaut werden können.
Das Ministerium für Kultur und Wirtschaft unterstützt das AED mit elf Millionen Euro. Mit dieser Förderung werden bis Ende 2025 insgesamt sieben Forschungsprojekte finanziert. Es geht um konkrete Lösungsvorschläge, wie alte Industrieflächen zu nachhaltigen Zukunftsquartieren umgebaut werden können, erklärte Bernd Kriegesmann, Präsident der Westfälischen Hochschule bei der Eröffnung.
Projektteams entwickeln mobile Büro-Container
Doch um welche Lösungen geht es konkret? Ihre Ideen stellten die Forschungsteams am Montag vor. So entwickelt ein Team sogenannte „Tiny-Offices“. Gemeint sind Container-Büros, die mindestens 50 Jahre nutzbar sein sollen, den nötigen Strom – beispielsweise durch Solaranlagen – selbst produzieren und flexibel nutzbar sind.
In der Praxis könnte also ein Container erst als Labor und später als Kindertagesstätte genutzt werden, erklärt Matthias Rheinländer von der Westfälischen Hochschule. Da Container transportabel sind, müsste nicht für jede Einrichtung oder Firma ein neues Gebäude errichtet werden. Stattdessen würde der Container an den gewünschten Standort versetzt – Baumaterialien würden eingespart.
In Herne wird es dazu in den nächsten Monaten auf den Parkplätzen der Poststelle Laborcontainer geben. Rheinländer und sein Team versuchen dort, Böden von Giftstoffen zu befreien, indem sie Pflanzen darauf ansiedeln, die die Stoffe aufsaugen und im Anschluss entsorgt werden. Ein wichtiges Kriterium, wenn Büro-Container erst zur Forschung und anschließend zur Kinderbetreuung nutzbar sein sollen.
Forscher wollen in Herne selbstfahrende Taxis testen
Ansätze, wie Menschen in den Zukunftsquartieren mobil bleiben sollen, gibt es im AED ebenfalls. Björn Schäfer, Dozent für Informationstechnik an der FH Dortmund, will mit seinem Team dafür auch den Einsatz von Roboter-Taxis testen, wie es sie seit einigen Wochen in San Francisco gibt. Die könnten nach Ansicht der Forscher neben Bussen und Fahrrädern eine weitere Alternative zum eigenen Auto sein. „Wir hoffen, dass wir dafür in Herne die Fahrerlaubnis für selbstfahrende Autos erhalten“, so der Professor. Einen konkreten Zeitplan, wann dies möglicherweise in Herne getestet werde, nannte Schäfer nicht.
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Zusätzlich erforscht sein Team, wie sich Parkflächen in Quartieren optimal nutzen lassen – indem freie Parkplätze digital erfasst werden. Ewige Suchfahrten nach einem freien Parkplatz würden dann der Vergangenheit angehören, so die Idee der Forscher.
General-Blumenthal könnte langfristig ein Zukunftsquartier werden
Seit dem 1. September wird im AED inzwischen an den Zukunftsquartieren geforscht. Wenn es nach den Verantwortlichen geht, soll die Arbeit der Wissenschaftler in Herne auch über 2025 hinaus fortgesetzt werden. „Sollte uns das gelingen, wollen wir in Herne einen Master-Studiengang an den Start bringen, welcher auf den Ergebnissen unserer Projektteams aufbaut“, sagt Bernd Kriegesmann. Dadurch wolle das AED die nötigen Fachkräfte, um Städte nachhaltig umbauen zu können, direkt selbst ausbilden.
Frank Dudda zeigte sich offen dafür, Brachflächen in Herne nach den Ergebnissen der Forschungsteams zu gestalten: „Wir haben mit dem Dienstleistungspark Schloss Strünkede oder dem Gelände der ehemaligen Zeche Blumenthal die nötigen Flächen, um solche Innovationen zu realisieren“, betonte Hernes Oberbürgermeister. „Genau deshalb sind wir froh, ein solches Forschungszentrum nach Herne geholt zu haben. Von den Ergebnissen können wir auch direkt vor Ort profitieren.“