Essen. Die beiden Jugendllichen aus Gelsenkirchen, die Anfang des Jahres auf Autos Steine geworfen hatten, müssen vorerst nicht ins Gefängnis.
Den beiden Gelsenkirchener Jugendlichen, die am 3. Januar auf vorbeifahrende Autos faustgroße Steinbrocken geworfen hatten, bleibt das Gefängnis vorerst erspart. Die XXV. Jugendstrafkammer am Landgericht Essen rückte im Urteil vom angeklagten Mordversuch ab und erkannte auf gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, versuchte gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung. Beide bekamen Jugendstrafen in Höhe von einem Jahr und zehn Monaten, berichtete Gerichtssprecher Mathias Küster über den Ausgang der Verhandlung, die aus Jugendschutzgründen nicht öffentlich stattfand.
Auch Staatsanwältin Sonja Hüppe wertete die Tat in ihrem Plädoyer nicht mehr als versuchtes Tötungsdelikt, sondern ging auch von einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr aus. Sie hatte jeweils zwei Jahre Jugendstrafe gefordert und nur dem Jüngeren der 14 und 15 Jahre alten Angeklagten Bewährung zugebilligt. Die Verteidiger David Ostermann und Aykan Akyildiz beantragten für beide Bewährungsstrafen.
Eier geworfen und Raketen abgefeuert
Das Tatgeschehen hatte sich über mehrere Wochen jeweils in der Dunkelheit hingezogen. Es begann am 18. Dezember vergangenen Jahres am Ausgang des Vincketunnels in Gelsenkirchen-Buer, der in der Nähe der Wohnung eines der Angeklagten liegt. Autos verlassen ihn mit Tempo 40.
Zunächst hatten die beiden Freunde, die sich aus dem Fußballverein kennen, zweimal ein Ei auf Autos geworfen. Das reichte ihnen nicht. Einige Tage später feuerten sie zweimal Silvesterraketen ab, verfehlten aber Autos.
Steinbrocken auf Autos geworfen
Richter Markus Dörlemann sprach in der Urteilsverkündung von einem „gegenseitigen Hochpuschen“ der Jugendlichen. Denn was am 3. Januar geschah, erinnerte nicht mehr an jugendlichen Leichtsinn. Die beiden zertrümmerten eine Gehwegplatte in sieben bis acht Zentimeter große Steinbrocken, die sie auf mehrere Autos warfen. Dabei filmten sie sich, offenbar um ein Mädchen zu beeindrucken.
Im Gegensatz zu früheren Darstellungen der Ermittlungsbehörden hatte wohl doch kein Stein die Scheiben durchschlagen, sie nur beschädigt. Die Fahrer hatten ihre Wagen zum Stillstand bringen können und blieben unverletzt. Die Polizei kam den Angeklagten schnell auf die Spur, weil das Verhalten der Jugendlichen zuvor Passanten aufgefallen war.
Vom Tötungsvorsatz abgerückt
Die Jugendkammer begründete das Abrücken vom Tötungsvorsatz vor allem mit der geringen Geschwindigkeit der Fahrzeuge. Dass sie die Gehwegplatte in kleinere Stücke zertrümmert hatten, ebnete den Jugendlichen ebenfalls den Weg zu einer milderen Sanktion.
Eine Antwort auf die Frage nach dem Motiv hatte die Kammer nicht. Schon Verteidiger Akyildiz hatte gemutmaßt, dass am Ende niemand wissen werde, was in den Köpfen der beiden vorgegangen sei.
Haftbefehle aufgehoben
Die Haftbefehle hob das Gericht auf. Es machte aber Unterschiede bei der Bewährung. Dem 14-Jährigen gestand es diese ohne Einschränkungen zu.
Beim Älteren, der in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht ist, behielt es sich die Bewährung vor. Erst in einem halben Jahr will die Kammer entscheiden, ob er sein Leben so in den Griff bekommen hat, dass auch bei ihm eine Bewährung vertretbar erscheint.