Essen. / Gelsenkirchen. Zwei junge Gelsenkirchener stehen wegen Mordversuchs vor Gericht. Sie sollen auf fahrende Autos Steine geworfen haben.

Es ist Zufall, dass am Dienstag vor dem Landgericht Essen ein Prozess beginnt, in dem zwei Jugendlichen versuchter Mord vorgeworfen wird. 14 und 15 Jahre alt sind die beiden Angeklagten. Sie sollen Steine auf fahrende Autos geworfen haben. Zufall deshalb, weil an diesem Tag die Staatsanwaltschaft Koblenz mitteilt, dass die im Siegerland getötete Zwölfjährige vermutlich von zwei Kindern, 12 und 13 Jahre alt, umgebracht wurde.

Das Alter der mutmaßlichen Täter in diesen beiden Fällen verstört. Auch deshalb, weil es bei Gewaltdelikten zum Glück die Ausnahme ist. Im Gegensatz zu den Mädchen aus dem Siegerland müssen die beiden Jungen aus Buer sich vor Gericht verantworten, weil sie die Altersgrenze der Strafmündigkeit knapp überschritten haben.

Zuerst Eier geworfen

Am 18. Dezember vergangenen Jahres begann, was sie laut Anklage fast zu Mördern gemacht hat. Die beiden sind befreundet, einer von ihnen wohnt in der Nähe des Vincketunnels in Buer. Kurz nach Mitternacht, so heißt es, schlichen sie aus dem Haus. Kurz zuvor hatten sie wohl geplant, von einer 300 Meter entfernt gelegenen Fußgängerbrücke Gegenstände auf die Fahrbahn zu werfen, um die aus der Ausfahrt kommenden Autofahrer zu irritieren. Zweimal an diesem Tag warfen sie jeweils ein Ei auf die Straße.

Doch die erhoffte Wirkung blieb aus. So änderten sie ihre Bewaffnung. Ende Dezember feuerten sie Silvesterraketen in Richtung der Autos. Aber die Feuerwerkskörper ließen sich nicht steuern, verfehlten ihr Ziel.

Gehwegplatte zerkleinert

Erneut sollen sie jetzt die Gefahr erhöht haben. Am 3. Januar um 5.43 Uhr nahmen sie eine 30 mal 30 Zentimeter große Gehwegplatte und zerkleinerten diese in Bruchstücke. Diese warfen sie von einem Gehweg oberhalb der Tunnelausfahrt auf die Fahrbahn. Ein Stein traf tatsächlich ein Auto und drang durch die Frontscheibe. Der Fahrer blieb unverletzt und brachte seinen Wagen kontrolliert zum Stehen.

Am Abend dieses Tages warfen sie um 19.10 Uhr einen weiteren Stein. Er traf ein Auto, dessen Windschutzscheibe zerbarst. Auch dieser Fahrer blieb unverletzt. Eine Minute später warfen sie noch einmal einen Stein, diesmal ein kleineres Exemplar. Es richtete nur geringe Schäden an einem Fahrzeug an.

Anwohnern aufgefallen

Bereits am nächsten Tag erließ das Amtsgericht Haftbefehl gegen die beiden. Anwohnern war bereits im Dezember aufgefallen, dass die beiden sich verdächtig verhielten. Einer soll sie sogar angesprochen haben, er solle aufpassen, denn er habe beide im Blick. Der Jugendliche soll aber geantwortet haben, er mache doch gar nichts.

Wegen der Taten vom 3. Januar äußerten die Anwohner ihren Verdacht gegenüber der Polizei. Ihr gelang es, die beiden schnell zu ermitteln. In Vernehmungen räumten beide ihre Tatbeteiligung grundsätzlich ein. Der Jüngere will aber bei den Steinwürfen nicht mehr mitgemacht haben.

Videoaufnahmen für die Freundin

Den Großteil des Beweismaterial haben die Jugendlichen selbst geliefert. Denn während der Taten drehten sie mit dem Smartphone Videos und kommentierten ihre Handlungen. Einige dieser Aufnahmen schickte einer der beiden seiner Freundin. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass er mit diesen Bildern prahlen wollte.

Aufschlussreich für die Ermittler war auch ein Telefonat, das einer der beiden auf der Polizeiwache mit seiner Freundin führte. Offenbar aus Bequemlichkeit hielt er das Smartphone nicht ans Ohr, sondern mit eingeschaltetem Lautsprecher in der Hand. So konnte einer der Beamten mithören, wie fundiert der damalige Verdacht gegen die Jugendlichen war.

Wegen des Alters der Angeklagten ist die komplette Verhandlung nicht öffentlich. Zum Prozessauftakt sollen sie aber ihre früheren Aussagen im Grunde wiederholt haben. Eine Tötungsabsicht bestreiten beide. Drei Verhandlungstage hat die XXV. Jugendstrafkammer angesetzt.

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