Essen./Gladbeck. Mit Schmiergeldern bestachen die Drogenhändler das syrische Regime. Jetzt erkannte das Landgericht Essen auf mehrjährige Haftstrafen für die Bande.

Mit bis zu zehn Jahren und neun Monaten Haft für einen Syrer aus Gladbeck quittierte das Landgericht Essen am Donnerstag die Geschäfte einer Drogenbande. Finanziell beteiligt war laut Urteil auch das syrische Regime unter Präsident Assad.

Die drei Angeklagten, zwei Syrer und ein Algerier, hatten von 2019 bis Ende 2020 im großen Stil mit Captagon-Tabletten, aber auch mit Kokain und Haschisch, gehandelt. Syrien ist einer der Hauptproduzenten der Aufputschdroge Captagon, für die es vor allem in Saudi-Arabien viele Abnehmer gibt. Die Gewinnspanne soll enorm sein. Die Tabletten kosten in der Herstellung wenige Cent, Konsumenten in Saudi-Arabien zahlen dafür aber bis zu 25 US-Dollar.

Früher als Händler tätig

Die drei Angeklagten waren schon früher als Händler mehr oder weniger legaler Waren aktiv, kennen sich deshalb aus im Transportgeschäft und verfügen über ein umfangreiches Netzwerk. Der Gladbecker Mohamad B. soll in seinem Handy allein 18.000 Nummern gespeichert haben. Früher hatte er als Leiter der Spedition seiner Schwiegermutter im Nahen Osten Drogen zwischen Syrien und dem Libanon geschmuggelt.

Die Ware im Millionenwert wurde über das Meer transportiert. Von Syrien aus konnten die Schiffe nicht direkt nach Saudi-Arabien fahren, weil die Zöllner sie dort genau kontrollierten. So verschifften sie die Ladungen erst einmal nach Rumänien.

Schmiergeld an die syrische Armee

Damit die Schiffe mit den Containern den Hafen in Syrien überhaupt verlassen durften, musste die Bande erst einmal Schmiergelder zahlen. Richterin Karin Maiberg: "Die 4. Division der syrischen Armee bekam Schmiergelder, damit sie die Schiffe fahren ließ."

Befehligt wird die Division von Maher al Assad, dem Bruder des syrischen Staatschefs Bashar al Assad. Für jeden Container kassierte er 300.000 US-Dollar. An die eigentlichen Kontrolleure der Division wurden noch einmal 60.000 US-Dollar fällig.

Äpfel und Kartoffelpflanzen als Tarnung

Getarnt durch legale Ware wie Äpfel, Kartoffelpflanzen oder Seife gingen die Drogen übers Meer nach Rumänien. Zum Leidwesen der Bande fiel der Schmuggel aber dort den Behörden auf, die Lieferungen wurden beschlagnahmt und kamen nicht mehr nach Saudi-Arabien.

Fortan hörten Beamte der in Deutschland bei den Ermittlungen federführenden Kripo in Recklinghausen die oft konspirativ geführten Telefonate der Gruppe mit. Im November 2021 schlugen die Fahnder zu und nahmen die Verdächtigen fest.

Kräftiger Strafrabatt für den Kronzeugen

Als Haupttäter gilt der im rheinland-pfälzischen Speyer lebende Iyad C., 55 Jahre alt. Er hatte schon früh ausgepackt und die Strukturen des Schmuggels offenbart. Damit verdiente er sich einen kräftigen Kronzeugenrabatt. Mit neun Jahren Gefängnis kam er für das Ausmaß des laut Urteil bandemäßigen Drogenhandels auf relativ milde neun Jahre Gefängnis.

Auf zwei Jahre und neun Monate Haft lautete das Urteil für den im bayerischen Straubing lebenden Abdelfateh B. Der 44-Jährige hatte sich nur der Beihilfe schuldig gemacht. Dem Sohn des Haupttäters, dem ebenfalls in Speyer lebenden Fouad S, blieb ein Urteil erspart. Weil er nicht am Drogenhandel, sondern nur an Geldwäschedelikten für vergleichweise geringe Beträge beteiligt war, stellte die VII. Strafkammer das Verfahren gegen ihn ein. 6000 Euro musste er dafür ezahlen.

Ohne Geständnis kein Rabatt

Blieb der Gladbecker Mohamad B. Der 39-Jährige hatte sich zwar ebenfalls nur der Beihilfe schuldig gemacht, im Gegensatz zum Haupttäter aber kein Geständnis abgelegt. Deshalb lag er mit zehn Jahren und neun Monaten Haft noch höher als Haupttäter Iyad C. Für den Gladbecker hatte Staatsanwalt Peter Gehring sogar 15 Jahre Gefängnis beantragt.