Essen. Millionen hatten sie erbeutet, jetzt gab es die Strafen für sieben Angeklagte aus dem nördlichen Ruhrgebiet. Zwölf Jahre Haft bekam der Chef.

Die pfiffige Planung hatte ihnen eine Beute in Höhe von fast drei Millionen Euro gesichert. Aber gerade diese Planung sorgte jetzt auch für das Strafmaß, weil in ihr "eine hohe kriminelle Energie zum Ausdruck" kam, betonte Richterin Karin Maiberg am Montag. Ihre VII. Strafkammer am Landgericht Essen hatte die sieben Angeklagten der Geldtransporter-Bande aus dem nördlichen Ruhrgebiet gerade für eine Reihe von Straftaten verurteilt. Der Anführer, Rodrigues S. (26) aus Recklinghausen, bekam für besonders schweren Raub, Bandendiebstahl und Verstoß gegen das Kriegswaffengesetz zwölf Jahre Gefängnis. Für die übrigen sechs Angeklagten, darunter eine Frau, erkannte die Kammer auf Strafen zwischen einem und sieben Jahren Haft.

Für die Bande gibt es viele Namen: Geldtransporter-Bande, weil der Großteil der Beute aus diesen Fahrzeugen stammt. AMG-Bande, weil die führenden Mitglieder Mercedes fuhr, allerdings in der aufgemotzten AMG-Tuningversion. 100.000 Euro-Bande, weil sie sich versprochen hatten, keine Tat unter dieser Beutehöhe zu begehen. Und schließlich Gentleman-Bande, weil der Großteil ihrer kriminellen Delikte gewaltfrei verlief.

Tippgeber arbeitete für Securityfirma

Der ertragreichste Coup gelang der Gruppe rund um Rodrigues S. im westfälischen Gronau. Laut Gericht verfolgte sie beim Großteil ihrer Taten den Plan, durch Insiderinformationen genaue Kenntnisse über den Transport von Geldern zu haben. Dazu verhalf ihnen der 45 Jahre alte Ahmad A. aus Recklinghausen, den Rodrigues S. schon seit vielen Jahren kennt.

Die Freundschaft stellte einen echten Trumpf dar. Denn Ahmad A. arbeitete früher für eine Sicherheitsfirma, die Geld transportierte und Geldautomaten befüllte. So wusste er genau, wann in Gronau die Einnahmen der im Münsterland verbreiteten Supermarktkette k+k (Volksmund: "komm und klau") abgeholt werden sollten. Am 19. Dezember 2017 war es mal wieder soweit.

Bande sah aus wie echte Security-Mitarbeiter

Die Bande hatte sich zuvor ein baugleiches Auto der Recklinghäuser Securityfirma besorgt und es mit dem Logo des Unternehmens versehen. Ein wenig früher als sonst fuhren sie vor, stiegen in ihren täuschend echt aussehenden Uniformen aus und bekamen problemlos 1,8 Millionen Euro ausgehändigt. Der Schwindel flog auf, als kurz nach ihrer Abfahrt die echten Geldtransporter kamen.

Tipps des Securitymitarbeiters halfen ihnen auch, als die Besatzung eines Geldtransporters mal in Dortmund für wenige Minuten das Auto unbewacht stehen ließ. Es war mit rund einer halben Million Euro zum Auffüllen von Geldautomaten bestückt. Mit einem Nachschlüssel öffnete Rodrigues S. die Schatzkiste.

Nachschlüssel für Geldautomaten kam vom Tippgeber

Ein Nachschlüssel öffnete der Bande auch einen Geldautomaten der Postbank Werne. 254.000 Euro wechselten so den Besitzer. Die Nachschlüssel hatte jeweils Tippgeber Ahmad A. zur Verfügung gestellt. Als besonders vertrauenswürdiger Mitarbeiter der Securityfirma besaß er nämlich einen Notfallkoffer mit 30 Schlüsseln zum Öffnen von Geldautomaten.

Ahmad A. kam im Urteil mit nur drei Jahren Gefängnis besonders gut weg. Die Kammer honorierte, dass er seine Taten nicht nur gestanden, sondern auch die übrigen Bandenmitglieder belastet hatte. Richterin Maiberg: "Er hat Aufklärungshilfe geleistet."

Schmuckhändlerin brutal überfallen

Dass die Bande nicht nur auf die freundliche Art an Geld kommen wollte, musste eine Schmuckhändlerin in Mönchengladbach erfahren. Brutal hatte nach Ansicht der Kammer Rodrigues S. sie vor ihrem Haus abgefangen und zum Öffnen des Kofferraums ihres Autos gezwungen. Todesangst verspürte sie. Die Beute: Ein Schmuckkoffer im Wert von etwas mehr als 300.000 Euro.

Zum Verhängnis wurde der Bande der luxuriöse Lebensstil, aber auch die Plauderfreudigkeit. Als erste Hinweise auf die plötzlich finanziell gut aufgestellten Angeklagten bei der Polizei eingingen, hörten die Beamten ihre Gespräche mit, sammelten so Beweise. Und Rodrigues S. hatte sogar noch in der U-Haft mit einem eingeschmuggelten Handy Details ausgeplaudert. Auch da hörte die Polizei mit.