Essen./Hattingen. Erst am Montag ist der Essener verurteilt worden, weil er sie brutal misshandelt hatte. Trotzdem zieht seine Ehefrau ihren Scheidungsantrag zurück.
Zigmal hatte ihr Mann sie verprügelt, zigmal hatte sie ihn angezeigt, aber ebenso oft ihre Anzeige zurückgezogen und sich mit dem heute 41-Jährigen versöhnt. Jetzt ist es offenbar wieder einmal soweit: Nachdem das Essener Landgericht Andreas K. erst am Montag zu vier Jahren und zehn Monaten Haft wegen Misshandlung der Ehefrau in Hattingen und Essen verurteilt hatte, zog die 53-Jährige am Dienstag ihren Scheidungsantrag zurück.
Mit ihrem Rechtsanwalt Volker Schröder, der die Frau in der Nebenklage vertreten hatte, dürfte sie ihre wieder entflammte Liebe nicht besprochen haben. Er hatte am Montag in seinem Plädoyer nicht nur die von Staatsanwalt Niclas von Hobe beantragten zwei Jahre und acht Monate Haft als zu niedrig bezeichnet. Markig hatte er auch zum Angeklagten gesagt: "Wir sehen uns am Mittwoch bei der Scheidung."
Ehefrau wollte mit dem Angeklagten sprechen
Etwas mehr wusste da vermutlich schon Roland Rautenberger, der Andreas K. verteidigte. Er hatte nach dem Urteil das Gericht um eine kurzfristige Besuchserlaubnis für die Frau vor der Scheidung gebeten.
Dieses Gespräch war vermutlich gar nicht mehr nötig, hatte das Ehepaar sich doch nach der Verurteilung durch Kusshand und freundliches Kopfnicken im Gerichtssaal verabschiedet. Am Tag darauf meldete die Ehefrau sich beim Amtsgericht und sagte die Scheidung ab.
"Sie will einen klaren Kopf kriegen"
Auf Anfrage der WAZ übermittelt Anwalt Schröder den Standpunkt der Frau: "Sie ist durch das emotional sehr anstrengende Strafverfahren belastet und will erst einmal einen freien Kopf kriegen. Deshalb lässt sie das Scheidungsverfahren ruhend stellen."
Richter Simon Assenmacher, Vorsitzender der XII. Strafkammer, hatte im Urteil deutlich gemacht, dass das Gericht wenig Sympathien für das Verhalten dieses Paares empfindet. Er sprach von einer "toxischen Beziehung", das heißt, dass beide einander nicht gut tun.
Sie war sein Vorgesetzter
Sie kannten sich aus einem Betrieb, in dem beide beschäftigt waren. Sie in leitender Bürotätigkeit, er als Arbeiter. Die Frau war seine Vorgesetzte. Im Mai 2021 zogen sie zusammen und waren ein Paar. Zuerst im Hattinger Stadtteil Niederbonsfeld, dann in Essen-Horst, schließlich in Altenessen.
Andreas K. hatte nach eigenen Worten seiner Frau von seinem Vorleben erzählt. Sieben Jahre hatte er im Gefängnis gesessen, war 25 Jahre in der rechten Szene und als Hooligan aktiv. Andreas K.: "Das habe ich ihr nie verschwiegen."
Eifersucht löst Harmonie ab
15 Vorstrafen hat er in seinem Leben angesammelt, stand zuletzt unter Bewährung. Seine Frau hatte die ersten Wochen ihrer Beziehung als "harmonisch" bezeichnet. Aber dann ließ er keinen Zweifel an seiner Eifersucht. Die 53-Jährige vor Gericht: "Er sagte mir, wie eine Frau sich zu verhalten hat, und untersagte mir meine privaten Kontakte. Aus krankhafter Eifersucht hat er alle Telefonnummern in meinem Handy gelöscht."
Wofür er jetzt verurteilt wurde: Mal hielt er ihr eine Gaspistole an den Kopf oder würgte sie fast bis zur Bewusstlosigkeit, so dass sie die Kontrolle über ihre Blase verlor. Und mehrfach sperrte er sie in der Wohnung ein, einmal drohte er, sie zu zerstückeln.
Zwei SEK-Einsätze gab es und immer wieder Anzeigen, die sie zurückzog. Mitten in diesem Wechsel aus Liebe, Gewalt und Versöhnung heirateten sie im Dezember. Seit dem 7. März sitzt er in Untersuchungshaft.