Essen. Der 50-jährige Amokfahrer, der Silvester in Bottrop und Essen Angst und Schrecken verbreitet hatte, muss in die geschlossene Psychiatrie.
Ruhig hörte er zu, nickte ein ums andere Mal und akzeptierte am Schluss das Urteil des Essener Schwurgerichtes. Andreas N., der in der Silvesternacht in Bottrop und Essen mit seinem Auto gezielt auf Ausländer zugefahren war, kommt auf nicht absehbare Zeit in die geschlossene Psychiatrie. Richter Simon Assenmacher betonte am Mittwoch im Urteil, dass es sich keineswegs um die Tat eines Mannes mit rechtsradikalem Hintergrund gehandelt habe, sondern um die eines psychisch schwer kranken Menschen.
Seit 2003 ist der 50 Jahre alte Essener, der an einer paranoiden Schizophrenie leidet, in psychiatrischer Behandlung, zeitweise auch stationär in der Klinik. Richter Assenmacher erinnerte an die Worte des psychiatrischen Sachverständigen Norbert Leygraf, dass Andreas N. als Kranker eigentlich immer alles richtig gemacht habe.
Medikamente korrekt eingenommen
Denn er habe all die Jahre seine Medikamente korrekt eingenommen, Therapien befolgt und sich auch freiwillig in die Behandlung begeben, wenn er Probleme bemerkte.
Dennoch kam es zu den Fällen, die der Richter im Urteil als "dramatische Ereignisse" bezeichnete: "Er fuhr Silvester in Bottrop und Essen über Plätze, Fußgängerzonen und Bürgersteige auf die Feiernden zu. Gezielt steuerte er Menschen ausländischen Aussehens an und nahm ihren Tod billigend in Kauf."
46-Jährige erlitt lebensgefährliche Verletzungen
Noch einmal wurden die Schrecken der Nacht deutlich. Auch mit Videoaufnahmen hatte die Kammer sich ein Bild gemacht, wie Menschen in letzter Not zur Seite sprangen, andere sich nicht retten konnten, zu Boden stürzten und von Andreas N. überrollt wurden. Eine Frau erlitt lebensgefährliche Verletzungen, drohte zu verbluten. Assenmacher: "Nur dank ärztlicher Kunst überlebte die 46-Jährige."
Der Richter sagte, dass die 16 Opfer durch die Tat "vielfach psychisch schwer beeinträchtigt" sind: "Die Folgen für ihr Alltagsleben sind bis heute gravierend." Die Opfer stammen überwiegend aus Afghanistan und Syrien, hatten in Deutschland Schutz vor den Gefahren in ihrer Heimat gesucht.
Keine Tat eines Rechtsradikalen
In ersten Reaktionen hatten Medien und Politiker die Tat als gezielten Anschlag eines Rechtsradikalen bezeichnet. Richter Assenmacher: "Das ist nicht zutreffend. Er ist kein rechtsextremer Täter. Es ist die Tat eines schwer erkrankten Menschen."
Oft richtete der Richter in seiner Urteilsbegründung das Wort an die Opfer. Persönlich anwesend war aber keiner, der in der Silvesternacht angefahren worden war. Allerdings waren ihre Anwälte im Saal, die ihren Mandanten die Worte des Richters vermitteln werden. Denn Assenmacher ging auf die Frage ein, ob Andreas N. dem Gutachter und der Kammer etwas vorgemacht habe. "Wir haben das geprüft und können feststellen, dass er nicht simuliert hat", sagte Assenmacher.
Psychische Störung unbemerkt von Umgebung
Seit Herbst 2018 habe Andreas N. aber einen neuen Schub seiner psychischen Störung erlebt, unbemerkt von seiner Umgebung. Er fühlte sich gedrängt aufzuräumen. Und so fuhr er Silvester zu einem Freund in Bottrop, um diesen beim "Aufräumen" zu helfen.
Schon das gehörte zu seinem Wahn. Bei Andreas N., so das Gericht, seien "Empfindungen vorhanden, die mit der Realität und mit seiner Persönlichkeit nichts zu tun haben." So habe er das Gefühl gehabt, Ausländer bereiteten einen Anschlag vor. Um einer solchen Tat vorzubeugen, fühlte er sich berufen, die Plätze in der Stadt von Ausländern zu säubern.
Weil er schuldunfähig ist, war Andreas N. für die versuchten Tötungsdelikte nicht zu bestrafen. In Freiheit kommt er allerdings nicht, weil er als zu gefährlich für die Allgemeinheit gilt. Regelmäßig wird überprüft, ob er weiter festgehalten werden muss.