Essen./Hattingen. Erst kam die Liebe, dann die Gewalt und dann die Ehe. Jetzt muss sich ein 41-Jähriger wegen Misshandlung seiner Frau verantworten.
Es begann mit Liebe. Aber dann prägte Gewalt die Beziehung des Paares, das dennoch den Weg zum Traualtar fand. Laut Anklage vor der XII. Essener Strafkammer ist für die außergewöhnlich brutalen Taten häuslicher Gewalt der Essener Andreas K. verantwortlich. Der 41-Jährige bestreitet aber, seine Frau in den Ehewohnungen in Hattingen und Essen auch nur geschlagen zu haben.
"Ich liebe sie immer noch", sagt der Angeklagte am Montag. Und seine 53 Jahre alte Frau nennt die ersten Wochen der Beziehung "total harmonisch, wirklich gut". Aber sie erzählt auch von zahlreichen Polizeieinsätzen, insbesondere zweimal durch das SEK, und verschweigt nicht, dass sie mehrfach ihre Anzeigen zurückgezogen habe, weil sie an eine Besserung ihres Partners glaubte.
Ehefrau spricht von krankhafter Eifersucht
So lange kennen sie sich nicht einmal. Vor zwei Jahren fing er als Arbeiter in dem Betrieb an, in dem sie als kaufmännische Niederlassungsleiterin arbeitete. Vor etwas mehr als einem Jahr kamen sie dann zusammen. Doch nach wenigen Wochen soll er angefangen haben, ihr Vorschriften zu machen: "Er sagte mir, wie eine Frau sich zu verhalten hat, und untersagte mir meine privaten Kontakte. Aus krankhafter Eifersucht hat er auch alle Telefonnummern in meinem Handy gelöscht."
Manche Kontakte verlor sie auch so. Ihre Eltern und einer ihrer Söhne lehnten Andreas K. ab. Ob's an seinen Tätowierungen lag oder ihnen seine 15 Vorstrafen bekannt waren? Nach eigenen Angaben hat er rund sieben Jahre seines Lebens im Gefängnis gesessen. Er will das nie verschwiegen haben: "Meine Frau kannte mein Vorleben. Auch, dass ich 25 Jahre in der rechten Szene und als Hooligan aktiv war."
Trennungswunsch mit Gewalt beantwortet
Anfang Juli 2021, da waren sie nicht einmal zwei Monate zusammen, kam es laut Anklage zur ersten Tat: Damals wohnten sie im ländlichen Hattinger Stadtteil Niederbonsfeld. Sie habe sich von ihm trennen wollen. Da soll er ihr eine Pistole an den Kopf gehalten und gedroht haben: "Trennung gibt es nicht." Ebenfalls in Hattingen soll er sie am 30. Juli aufs Bett gedrückt und verlangt haben, sie solle die Trennung überdenken. Dabei habe sie Blutergüsse erlitten.
Am 1. August hatten sie im Essener Stadtteil Horst eine neue Wohnung bezogen. Bei einer Autofahrt ging es wieder um die Trennung. Jetzt soll er ihr die in seinem Besitz illegale Pistole an den Kopf gehalten haben. Etwas später versöhnten sie sich wieder. Dennoch kam es laut Anklage schon am 17. September zur nächsten Tat: Bei einem Streit soll er sie so heftig gewürgt haben, dass sie einnässte. Zuvor soll er die Türen verriegelt und die Fenstergriffe abmontiert haben. Zwei Tage lang, so heißt es, habe er sie eingesperrt und sie zwischenzeitlich mit der Pistole bedroht.
Trotz Gewalt geheiratet
Es wird nicht für jeden nachvollziehbar sein: Aber drei Monate später heirateten die beiden. Zu einer Verhaltensänderung des Angeklagten kam es aus Sicht der Staatsanwaltschaft nicht. Bei einem Streit am 21. Januar soll er die Türen versperrt haben. Dann habe er eine Säge und eine Reisetasche geholt und ihr den Tod angedroht: "Jetzt ist Feierabend. Ich bringe dich um, zerstückele dich und packe dich in die Tasche." Danach soll er sie erneut bis zum Einnässen gewürgt haben. In einem unbewachten Moment holte sie den Schlüssel, lief aus der Wohnung und alarmierte die Polizei.
Aber wieder kam es zur Versöhnung. Mittlerweile wohnten beide in Altenessen, weil der Vermieter in Horst wegen der vielen Polizeieinsätze mit der Kündigung gedroht hatte. Aber auch in der neuen Wohnung kam es zu Gewalttaten bis hin zum Würgen. Erst bei einer Aktion am 6. März kam Andreas K. in U-Haft.
Angeklagter: Sie mich mit Messer angegriffen
Der Angeklagte bestreitet jede Gewalt. Im Gegenteil: Sie habe ihn mal mit dem Messer angegriffen. Die 53-Jährige bleibt dagegen bei ihren Vorwürfen. Ihre Aussage hat aber einige Widersprüche zum Tatablauf.
Begutachtet wird der Angeklagte vom Psychiater Marc-Philipp Lochmann. Hintergrund ist die Angabe der Frau, der Angeklagte habe ihr mal erzählt, dass in seinem Kopf die Stimmen dreier Zwerge ihm befehlen, sie umzubringen.
Rechtsanwalt Volker Schröder, der die Frau in der Nebenklage vertritt, fragt den Angeklagten nach der Zukunft dieser Ehe. "Ich denke, wir haben gute Chancen", sagt Andreas K. Ob er nicht sauer auf seine Frau sei, weil er wegen ihrer angeblichen Falschaussage in Haft sitze. Enttäuscht sei er, sagt K., aber nicht sauer. Insgesamt vier Sitzungstage hat die Kammer angesetzt.