Essen./Hattingen. Im Essener Knast hatte Sead S. einen Mithäftling verletzt. Jetzt muss er weitere viereinhalb Jahre ins Gefängnis.

Lautstark und fast ohne Pause beschwerte Sead S. sich nach dem Urteil über die viereinhalb Jahre Haft. Aber nachdem er am am 4. Februar 2020 bereits drei Jahre und neun Monate Gefängnis wegen einer Gewalttat in Hattingen bekommen hatte, ahndete das Essener Landgericht jetzt seine Attacken während der Haft in der JVA Essen mit weiteren Jahren Knast.

Einen Mithäftling hatte der 42-Jährige am 22. Mai 2020, also nur wenige Monate nach dem Urteil, grundlos im Gefängnis zusammengeschlagen. Zwei Zähne verlor der Mann. Richter Andreas Labentz, Vorsitzender der XVII. Strafkammer, sprach am Dienstag im Urteil von einer "brutalen Heftigkeit". Er versuchte, dem Angeklagten das Widersinnige dieser Attacke aufzuzeigen: "Diese Tat beging er, als er wegen Körperverletzung einsaß."

Beamte attackiert, Richter beleidigt

Für das Urteil kamen mehrere Delikte zusammen. Bedienstete der JVA hatte Sead S. ebenfalls attackiert und verletzt. Außerdem den Richter, dessen Kammer ihn 2020 verurteilt hatte, in einem im Knast geschriebenen Brief übel beleidigt. Labentz: "Dieser Richter ist nur seiner Funktion nachgekommen." Strafmildernd berücksichtigte die XVII. Strafkammer jetzt, dass Sead S. sich wenige Monate nach diesem Brief in einem weiteren Schreiben bei dem Richter entschuldigt hatte.

Das hatte er auch schon 2020, als er drei Jahre und neun Monate Haft kassiert hatte, weil er seinem Vater ein Messer in den Bauch stach. Damals bedrohte er Richter Björn Schilling direkt nach der Urteilsverkündung mit dem Tode, nahm das aber mit der Bitte um Verzeihung noch im Saal zurück.

Angeklagter voll schuldfähig

Damals wie heute hatten Justizwachtmeister Sead S. mit Handschellen gefesselt in den Saal gebracht. Sein Gewaltpotenzial ist bekannt. Laut psychiatrischem Gutachten der Sachverständigen Maren Losch ist der 42-Jährige aber voll schuldfähig. Er weise zwar dissoziale und paranoide Züge auf, habe sich außerhalb seiner Attacken eigentlich gut im Griff, sagte sie sinngemäß.

Staatsanwalt Volker Widhammer hatte neben einer mehrjährigen Haftstrafe die Sicherungsverwahrung gefordert. Damit hätte Sead S. auch nach verbüßter Haft im Gefängnis festgehalten werden können. Verteidiger Bernd Kachur lehnte diese Maßnahme als unnötig und unverhältnismäßig ab. Dem folgte die Kammer letztlich und wies die Forderung des Staatsanwaltes zurück.

Sead S. war nach dem Urteil kaum zu stoppen. Er warf Richter Labentz eine feindliche Einstellung gegen seine Person vor. Als Labentz den Wortschwall stoppte, stand Sead S. auf, streckte den Wachtmeistern seine Hände entgegen und ließ sich die Handschellen anlegen. Probleme machte er nicht.