Essen. / Gelsenkirchen. Im Essener Prozess um die verschwundene Gelsenkirchenerin Anna Smaczny droht dem Mord-Angeklagten Michael S. die Sicherungsverwahrung.
Falls das Essener Schwurgericht den Krefelder Michael S. schuldig spricht, die Gelsenkirchenerin Anna Smaczny ermordet zu haben, darf der 47-Jährige nicht auf Milde hoffen. Nach dem Gutachten der Psychiaterin Maren Losch ist Michael S. voll schuldfähig und gilt in ihren Augen weiterhin als gefährlich für die Allgemeinheit. Damit ist er ein Kandidat für eine lebenslange Haftstrafe mit Sicherungsverwahrung.
Die 35 Jahre alte Anna Smaczny hatte den Angeklagten über das Internet kennengelernt. Eine feste Beziehung der beiden hielt nicht lange, im Sommer 2018 trennten sie sich. Dennoch trafen die beiden sich weiterhin, hatten auch Sex miteinander. Laut Anklage gab es immer wieder Streit, weil sie keine feste Beziehung wollte.
Als Machtdemonstration Wohnung angezündet
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Um seine Macht über sie zu demonstrieren, soll Michael S. am 20. September 2018 die Wohnung der Gelsenkirchenerin in Brand gesetzt haben. Anna Smaczny verdächtigte ihn zwar, traf sich aber weiterhin mit ihm. Das soll ihr zum Verhängnis geworden sein. Am 23. Juni 2019 soll Michael S. sie abgeholt und zu seiner Wohnung in Krefeld gefahren haben.
Laut Anklage fesselte er sie dort und tötete sie aus Wut über ihren Trennungswunsch. Dafür soll er ihr eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt und sie erstickt haben. Ihre Leiche soll der frühere Mitarbeiter der Krefelder Müllentsorgung so gut beseitigt haben, dass sie bis heute trotz intensiver Suchaktionen nicht gefunden wurde.
Angeklagter schweigt zu den Vorwürfen
Am 12. August hatte das Essener Schwurgericht das Verfahren begonnen. Michael S. schweigt bislang zu den Vorwürfen. Belastet wird er vor allem durch ein Video, das die Anklage ihm zuschreibt. Zu sehen ist die offenbar tote Anna Smaczny, an der sich der Kameramann dieser Aufnahme vergeht.
Schwer wiegt aber auch, dass er sich im Sommer 2019 im Internet intensiv mit der Frage beschäftigt haben soll, wie man eine Leiche verschwinden lässt und wie man Leichengeruch vermeidet.
1998 Ex-Freundin getötet
Psychiaterin Maren Losch hält ihn für einen hoffnungslosen Fall. Er hat sich von der Gutachterin zwar nicht untersuchen lassen, sie greift trotzdem auf ein umfangreiches Datenmaterial zurück. Denn im Umgang mit Frauen, die ihn verlassen, ist er schon mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Und das wurde dokumentiert.
1998 hatte seine damalige Freundin ihn nach kurzer Zeit verlassen, weil sie ihn zu besitzergreifend fand. Da lauerte er ihr in ihrer Wohnung auf, stach 120 Mal zu. Wegen Totschlags hatte ihn das Duisburger Landgericht zu elf Jahren Haft verurteilt. Wieder auf freiem Fuß, kam es 2014 zu einer weiteren Gewalttat gegen eine Freundin, die ihn verließ. Weitere Frauen klagen darüber, dass er sie nach der Trennung stalkte und massiv bedrohte.
Starke Rachegelüste
Michael S. habe von seiner Persönlichkeit her einfach keine andere Möglichkeit, auf Konflikte zu reagieren. Er schlittere auch immer in die gleichen Konstellationen hinein. Infantil, also kindisch, sei er und erwarte deshalb, dass ihm jeder Wunsch erfüllt werde. Gefühle für die Belange anderer Menschen habe er nicht, entwickele auch starke Rachegelüste.
An dieser Persönlichkeitsstruktur habe sich bis heute nichts geändert. Maren Losch: "Es sind eingeschliffene Verhaltensmuster. Deshalb sind ähnliche Straftaten zu erwarten." Der Angeklagte habe eine "tiefe, innere Neigung zu Straftaten". Dann brachte sie es auf den Punkt, warum sie ihn als einen Kandidaten für die Sicherungsverwahrung sieht: "Er ist für die Allgemeinheit gefährlich."
Vier Sitzungstage hat das Schwurgericht noch geplant. Richter Martin Hahnemann sagte am Montag, die Kammer erwarte am 2. und vielleicht 9. Dezember die Plädoyers, am 15. könne dann das Urteil verkündet werden. Beweisanträge könnten diese Planung aber verändern.