Essen. Mit seiner Verurteilung war er nicht einverstanden. Jetzt steht er erneut vor Gericht, weil er einen Richter bedroht haben soll.

Am Essener Landgericht werden die inhaftierten Angeklagten nur selten gefesselt in den Saal geführt. Sead S. dagegen erlebt jetzt schon den zweiten Prozessauftakt mit Handfesseln. Angeklagt ist er am Freitag vor der XVII. Strafkammer, im Essener Knast randaliert, einen Mithäftling verletzt und einen Richter beleidigt zu haben.

Anfang vergangenen Jahres war der heute 42-Jährige auch schon gefesselt zur Anklagebank gebracht worden. Damals musste er sich dafür verantworten, dass er in Hattingen seinem eigenen Vater ein Messer in den Bauch gerammt hatte. Seine Frau hielt sich damals mit den Kindern vor ihm verborgen, und sein Vater wollte ihm ihren Aufenthaltsort nicht verraten. Drei Jahre und zehn Monate Haft bekam er dafür am 4. Februar 2020 von der XVI. Strafkammer.

Den Richter mit dem Tode bedroht

Zufrieden zeigte er sich damit nicht. "Sie wollen mich umbringen, aber ich werde Sie umbringen", sagte er damals zu Richter Björn Schilling. Um keinen Zweifel zu lassen, fügte er hinzu: "Diese drei Jahre gehen vorüber, aber danach werden Sie bezahlen. Das verspreche ich vor Gott." Immerhin entschuldigte er sich kurz danach für seine Drohungen.

Laut der am Freitag verlesenen Anklage beruhigte Sead S. sich auch in der Haft nicht. Am 22. Mai 2020 soll er in der Essener JVA einen Mithäftling grundlos angegriffen und geschlagen haben. In seiner Hand habe er eine gebogene Gabel derart verborgen, dass sie als Schlagring diente. Er verletzte den anderen Gefangenen schwer, schlug ihm einen Zahn aus. Sechs Wochen lang habe das Opfer keine feste Nahrung zu sich nehmen können, heißt es in der Anklage.

JVA-Beamten in den Bauch getreten

Kurz danach, so zählt die Anklage weiter auf, trat er nach einem JVA-Beamten, verfehlte den Bauch des Mannes knapp. Einem weiteren Beamten habe er die Nase blutig geschlagen. Danach bändigten ihn mehrere Vollzugsbeamte und transportierten ihn zum BGH. Das ist keineswegs der Bundesgerichtshof, sondern im Knastjargon die Abkürzung für den "besonders gesicherten Haftraum".

Einen Tag später schrieb er dann den Brief an Richter Schilling, in dem das Wort "Hurensohn" noch die mildeste Beleidigung war. Er werde Leichen zählen müssen, wenn er ihn nicht sofort aus dem Gefängnis lasse, drohte er dem Richter.

Gabel als Waffe geplant

Ein weiterer Anklagepunkt betrifft den 28. Mai 2020, als er einen JVA-Beamten im Essener Knast um ein Gespräch bat. Da soll er gesagt haben, er habe mit der Gabel gar nicht den Mithäftling treffen wollen, sondern einen bestimmten JVA-Mann. Den habe er umbringen wollen, und das werde er sicher noch einmal versuchen.

Vor der XVII. Strafkammer räumt er den Großteil der Vorwürfe zwar ein, schwächt seine eigene Verantwortung aber deutlich ab. Beim Mithäftling will in einer Art Notwehr gehandelt haben, weil dieser ihn auf der Treppe geschubst habe. Beim Tritt gegen einen Beamten besteht er darauf, diesen auch getroffen zu haben.

Vorwürfe gegen Gefängnismitarbeiter

Auf die Mitarbeiter im Gefängnis ist er nicht gut zu sprechen. Die hätten ihn oft geschlagen, ihm die Rippen gebrochen. Er differenziert dabei nicht groß zwischen den Gefängnissen in Bochum und in Essen, die ihn beide mal beherbergen durften. Psychiaterin Maren Losch wird in der Verhandlung ein Gutachten über seine Schuldfähigkeit erstatten, er selbst nennt sich manchmal paranoid.

Für den Brief an Richter Schilling hat er sich damals in einem weiteren Brief "für das Schreiben und die Beleidigung" entschuldigt. Beim Verfassen sei er damals "nicht bei Sinnen" gewesen, erklärte er dem Richter. Zwei weitere Tage hat die Kammer für die Verhandlung geplant.