Essen. Sie waren Freunde, doch dann ging es um Geld. Wegen Mordes muss sich ein 46 Jahre alter Essener vor dem Landgericht verantworten.

Jahrelange Freundschaft verband die beiden. Doch als es um 31.000 Euro ging, musste Hadji A. sterben, glaubt Staatsanwältin Elke Hinterberg. Sie hat Ervin M. wegen heimtückischen Mordes aus Habgier angeklagt. Seit Mittwoch muss sich der 46-Jährige aus Essen-Überruhr vor dem Essener Schwurgericht verantworten.

Das Opfer und der Angeklagte stammen aus dem Ort Skopje, der Hauptstadt von Nord-Mazedonien. Als der ebenfalls 46 Jahre alte Hadji A. vor mehreren Jahren nach Deutschland kam, lernte er in Essen den Angeklagten kennen. Dieser lebte schon länger im Land, half ihm. Beide wohnten zuletzt in Überruhr-Holthausen, waren fast Nachbarn.

Streit auf dem Friedhofsparkplatz

Spätestens am 14. April 2021 soll diese Freundschaft zu Ende gegangen sein. Laut Anklage habe Ervin M. seinen Freund, der zur Arbeit wollte, gegen 21.30 Uhr auf den Parkplatz am städtischen Friedhof in Überruhr-Holthausen gelenkt. Dort soll es Streit gegeben haben, weil Hadji A. 31.000 Euro zurückverlangt hatte, die der Angeklagte für ihn aufbewahrt hatte.

Weil er das Geld nicht abgeben wollte, soll er zunächst mit einem Hammer viermal auf den Kopf seines Freundes eingeschlagen und ihm dann ein Messer elfmal in Brust und Bauch gestochen haben.

Rettung kam zu spät

Zwischenzeitlich sei noch ein Autofahrer auf der Straße gewesen, dem das Opfer "Polizei, Polizei" zugerufen habe. Weil dieser Zeuge das Messer in der Hand des Angeklagten gesehen habe, sei er vorbeigefahren und habe aus sicherer Entfernung die Polizei gerufen. Doch die Rettung für Hadji A. kam zu spät. Er starb kurze Zeit später an den Folgen seiner schweren Verletzungen.

Bei Ermittlungen im Umfeld des Opfers kam die Polizei relativ schnell auf Ervin M., den besten Freund. Der Firma, bei der dieser beschäftigt war, ließ sich auch der in Tatortnähe gefundene Hammer zuordnen.

31.000 Euro dem besten Freund anvertraut

Die Polizei erfuhr auch, dass Hadji A. zu Lebzeiten als sehr fleißiger, hilfsbereiter und sparsamer Mann galt. Mit seiner Arbeit und öffentlichen Zuwendungen ernährte er nicht nur Ehefrau und vier Kinder, sondern sparte auch Geld an. Weil er Angst hatte, im Asylbewerberheim bestohlen zu werden, so erzählte die Familie, habe er insgesamt 31.000 Euro dem Angeklagten als seinem besten Freund anvertraut.

Auch der Angeklagte hatte offenbar seinen Platz in Deutschland gefunden und ging einer festen Arbeit nach. Als Mechaniker verdiente er rund 3000 Euro im Monat, Vorstrafen stehen nicht in seinem Register.

Angeklagter will später aussagen

Sein Verteidiger Bernd Kachur erklärt dem Gericht am Mittwoch, dass sein Mandant erst zu einem späteren Zeitpunkt aussagen werde. Richter Jörg Schmitt lässt deshalb die Vernehmung bei der Polizei abspielen, die auf Video aufgezeichnet worden ist. Darin schildert Ervin M. eine Notwehrlage, das angebliche Opfer habe ihn töten wollen.

Er holt dafür weit aus. Hadji A. sei einige Zeit zuvor nach Mekka gereist und radikalisiert sowie kriminell zurückgekehrt. Er habe sich an verbrecherischen Geschäften in Serbien und Mazedonien beteiligt. Dabei sei es um Kreditkartenlesegeräte gegangen, mit denen dort Taxifahrer die Karten ihrer Kunden illegal kopieren und zu Geld machen würden. Deshalb habe Hadji A. das Geld gewollt.

Angeklagter beschuldigt das Opfer

Ervin M. will den Freund ermahnt haben, dass dies der falsche Weg sei. Er solle damit aufhören. Schließlich will der Angeklagte ihm auch gedroht haben, zur Polizei zu gehen, um diese kriminellen Aktivitäten anzuzeigen.

Am 14. April sei er mit Hadji A. unterwegs gewesen. Dieser habe über seltsame Geräusche am Auto geklagt und ihn gebeten, sich diese mal während der Fahrt anzuhören. Plötzlich habe Hadji A. den abgelegenen Parkplatz am städtischen Friedhof in Überruhr angesteuert. Dort habe er ihn aufgefordert, mal unter den Wagen zu schauen.

Ervin M. spricht von Notwehr

Sie seien erneut in Streit geraten. Unvermittelt habe Hadji A. ihn mit der Faust ins Gesicht geschlagen und offenbar einen Gegenstand aus seiner Kleidung ziehen wollen. Da will er mit dem Hammer auf Hadji A. eingeschlagen haben. Der sei aber aufgesprungen und mit einem großen Messer auf ihn losgegangen. Im Gerangel sei dann wohl das Messer mehrmals in den Körper des Freundes eingedrungen. Er selbst sei dann geflüchtet.

Was davon stimmt? An vier weiteren Tagen will das Schwurgericht das herausfinden.