Bochum. Im August ist es wieder soweit. Und am Anfang fließen oft Tränen, bei Kindern wie Eltern. Zehn Tipps für den Start in die Kindergartenzeit.

Es gibt sie, Dreijährige, die vom ersten Tag an begeistert dabei sind. Aber den meisten: fällt der Start in die Kindergartenzeit schwer. „Nicht verwunderlich“, sagt Beate Renner, Leiterin der integrativen, evangelischen Kita „Tabor“ in Bochum. 55 Kinder zwischen zwei und sechs Jahren werden hier von sieben Erzieherinnen und einem Erzieher betreut, am 1. August kommen hier wie anderswo die Neuen. „Menschen und Umgebung sind fremd, es ist laut und unruhig. Und die alten Hasen gehen gern forsch auf die Neuen zu.“

Zehn Tipps, wie Sie es Ihrem Kind leichter machen. Und sich selbst auch.

1. Bleiben Sie gelassen

„Eltern“, erklärt Kita-Leiterin Beate Renner (51), „sind oft aufgeregter als ihre Kinder.“ Schließlich vertrauten sie den Erzieherinnen an, „was ihnen das Wichtigste im Leben ist“. Sie versteht das („Die kennen uns ja auch nicht.“), rät dennoch zu Gelassenheit und ein wenig Vertrauen. „Das fehlt oft. Und dann müssen wir beim Abschied nicht die Kinder, sondern deren Eltern trösten.“ Aber: Eltern müssten kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie ihre Kinder im Kindergarten abgeben. „Das ist ein guter Ort für sie.“

2. Zeigen Sie eine klare Haltung

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Machen Sie Ihrem Kind deutlich, dass Sie hinter dem Kindergarten stehen, dass Sie es richtig und wichtig finden, dass es hingeht. Sagen Sie ihm etwa: „Ich gehe jetzt arbeiten, der Papa einkaufen und du in den Kindergarten“, empfiehlt Renner. So werde dem Kind klar: Das ist jetzt deine Aufgabe, dein Platz.

3. Besuchen Sie die Kita im Vorfeld

Eltern „klammern“ weniger, können „gut abgeben“, wenn sie die Kita vorher kennen gelernt haben, weiß Erzieherin Beate Renner. Deshalb: Nutzen Sie jeden Infonachmittag, jeden Besichtigungstermin im Vorfeld, besuchen Sie Gottesdienste, Flohmärkte, machen Sie einen Termin – oder „Klingeln Sie einfach mal an und sagen hallo“. Sicher, funktioniert alles nicht in Zeiten von Corona -- aber was immer geht: mit dem Kind zur Kita spazieren, mal über den Zaun gucken. „Atmosphäre aufspüren!“

4. Versuchen Sie es nicht mit Erpressung

Beate Renner leitet die Kita Tabor in Bochum.
Beate Renner leitet die Kita Tabor in Bochum. © Handout | Privat

Vergessen Sie tröstlich Gemeintes wie: „Wenn ich dich abhole, bringe ich dir etwas Schönes mit“ – „Kindergarten ist keine Strafe, die Zeit hier soll den Kindern Freude machen. Das sollten die Eltern transportieren“, sagt Renner.

5. Rüsten Sie Ihr Kind aus

Hausschuhe, Gummistiefel, Matschhose, Brotdose, Trinkbecher – was auch immer in den Kindergarten-Rucksack gehört: „Machen Sie ein Ritual aus dem Einkauf“, sagt Renner. „Suchen Sie gemeinsam mit dem Kind etwas Tolles aus, das es gern mitnehmen wird.“

6. Nehmen Sie sich Zeit für die Eingewöhnung

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„Tabor“ arbeitet nach dem sanften „Berliner Eingewöhnungsmodell“. An den ersten drei Tagen verbringen die Neuen danach jeweils eine Stunde in der Kita, zusammen mit Mama oder Papa. Am 4. Tag frühestens gibt es einen ersten Trennungsversuch, für anfangs 30 Minuten, dann immer länger. Mama oder Papa müssen aber in der Kita bleiben, erst in der „Stabilisierungsphase“ versucht die Erzieherin, das Kind zu wickeln oder zu füttern, mit ihm zu spielen. Einige Tage (oder Wochen) später dürfen die Eltern die Kita verlassen, müssen aber „jederzeit erreichbar“ sein. Die Eingewöhnung ist beendet, wenn das Kind die Erzieherin „als sichere Basis“ akzeptiert und sich von ihr trösten lässt.

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Drei bis sechs Wochen dauert es in der Regel, bis es soweit ist. „Die Eltern müssen sich dafür Urlaub nehmen. Oder Sie wechseln sich mit Omas und Opas ab“, erklärt Renner. Aber alles brauche seine Zeit, eben auch, sich an diesen neuen Lebensabschnitt zu gewöhnen.“ Und natürlich: fließen selbst bei einer so sanften Eingewöhnung hin und wieder Tränen, bei Kindern wie Eltern.

7. Verabschieden Sie sich vernünftig

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Vor allem: Verabschieden Sie sich schnell. „Gehen Sie in die Hocke, nehmen Sie Ihr Kind in den Arm, drücken Sie ihm einen Kuss auf die Nase oder knubbeln Sie es – wie es bei Ihnen üblich ist. Und dann verschwinden Sie“, rät Renner. Wichtig sei zudem, dem Kind konkret zu sagen, wann man es abhole, etwa „nach dem Abschlusskreis“ oder „nach deinem Mittagsschlaf“. „Und das muss man dann unbedingt einhalten. Versprechen zu brechen ist eine Katastrophe.“ Ach ja: Sich einfach leise davon zu stehlen – „ist Betrug am Kind“, sagt Beate Renner. „Bei sowas hol’ ich die Eltern auch zurück.“

8. Quetschen Sie Ihr Kind nicht aus

Es sei ganz normal, dass Kinder nach dem Kindergarten nichts erzählen wollen. Die „liebste Frage der Eltern“ (Was gab’s zu essen?) beantworteten die meisten mit „Nudeln“, täglich. „Wir haben deshalb einen Speiseplan aufgehängt, für die Eltern“, sagt Renner. „Warten Sie, bis das Kind bereit ist, zu erzählen.“

9. Gönnen Sie ihm Ruhe ...

Nach den ersten Kindergartentagen sind die Neulinge „völlig in den Möhren“, weiß die Erzieherin. Sie würde Eltern nicht vorschreiben wollen, ein Wieviel an weiteren Terminen, Musikunterricht, Sportkursen, Verwandtenbesuchen den Kleinen darüber hinaus zuzumuten ist. aber sie denkt: „Weniger wäre oft mehr.“ Eltern müssten zudem in der ersten Zeit als „Blitzableiter“ fungieren, wenn es im Kindergarten nicht rund lief. Kinder verändern sich in dieser Zeit, müssen ihre Erlebnisse verarbeiten. Das mache Eltern Angst. Aber sie sollten „es einfach aushalten“. Ein Waldspaziergang, so Renners Rat, beruhige oft, beide Parteien.

10. ...aber keine Pause

Einige Ratgeber empfehlen „Kindergarten-Pausen“ für Neulinge, die sich schwer einfinden. „Bloß nicht!“, meint Expertin Renner. „Kinder sind klug. Die haben das rasch raus – und dann kommt man nicht mehr los davon.“ Kontinuierlich bringen und pünktlich abholen sei der richtige Weg zum Ziel. Und wenn sich Eltern und Kind nach Wochen der Eingewöhnung noch immer nicht lösen können? „Dann harmoniert man vielleicht nicht, oder ist es wirklich zu früh für den Kindergartenstart“, glaubt Renner. „Ich kenn aber nur vielleicht eine Hand voll solcher Fälle.“

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