NRW. Die Schüler von „Fridays for Future“ machen zum dritten Mal weltweit mobil. Ein Überblick über den bislang größten Streiktag an Rhein und Ruhr.

Der Freitag steht im Zeichen des möglicherweise größten weltweiten Klimastreiks: Während in Berlin das Klimakabinett tagt und in New York der UN-Klimagipfel ansteht, mobilisieren die Schüler der „Fridays for Future“-Bewegung auch in NRW zu zahlreichen Demos. Hier ein Überblick über die geplanten Aktionen:

Fridays for Future: Wo finden überall Demos in der Region statt?

Bochum, 11.45 Uhr, Dr.-Ruer-Platz Neben der Demo macht der „Parking day“ darauf aufmerksam, wie viel Platz Autos wegnehmen, indem mit Fahrrädern, Picknicks, Sofas und Hula-Hoop-Reifen Parkplätze besetzt werden. Verantwortlich zeichnet der Fahrradclub ADFC, der so seinen 30. Geburtstag begeht. Die Mitglieder des Schauspielhauses und der Symphoniker wollen unter anderem eine vielsprachige Version von Herbert Grönemeyers Hymne „Bochum“ auf die Bühne bringen. Die Mitarbeiter der GLS-Bank sind freigestellt und verteilen „gerettetes Essen“.

Bottrop, 14:30 Uhr, Ernst-Wilczock-Platz: In Bottrop wird außerhalb der Schulzeit gestreikt, denn: „Wir wollen nicht mehr nur als die streikenden Schüler dargestellt werden. Stattdessen geht es darum, den Protest in der Bevölkerung zu verankern“, sagt Mitorganisator Sven Hermens. Die evangelische Kirche, der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der Naturschutzbund (Nabu), sowie die Gewerkschaft Verdi, der Paritätische und das Frauenzentrum Courage unterstützen den Demo-Aufruf. Die ev. Kirche hat in Gottesdiensten zur Teilnahme aufgerufen.

Brilon, ab 11 Uhr, Marktplatz

Castrop-Rauxel, 13 Uhr, Marktplatz/Rathaus

Datteln, 12 Uhr, Neumarkt

Dinslaken, 12 Uhr, Neutorplatz

Dorsten, 10.30 Uhr, Marktplatz

Dortmund, 12 Uhr, Friedensplatz

Duisburg, 12.30 Uhr, Hauptbahnhof: Nach der Auftaktkundgebung geht um 13.30 Uhr der Demozug los bis etwa 18 Uhr. Auf Twitter schreiben die Schüler: „Wir rufen auch insbesondere alle Erwachsenen auf, sich uns anzuschließen. Die #Klimakrise geht nicht nur Schüler etwas an!“ Unter anderem appelliert die IG BAU Duisburg an die Arbeitgeber in der Region, ihren Beschäftigten die Teilnahme an der Klima-Demonstration zu ermöglichen.

Düsseldorf, 11 Uhr, Corneliusplatz: Der Nahverkehrsbetrieb Rheinbahn wird seine Busse und Bahnen um 11.55 Uhr für eine Minute an den Haltestellen stehen lassen.

Essen, 10 Uhr, Burgplatz. Auf dem Willy-Brandt-Platz ist von 12.30 bis 22 Uhr ein „Markt for future“ eingerichtet.

Gelsenkirchen, 12 Uhr, Heinrich-König-Platz: Da der zentrale Platz von Gelsenkirchen auch nach seiner Erneuerung von Stein und Beton dominiert wird, begrünen die Schüler ihn selbst. Die ADFC-Radler besetzen wie in Bochum einige Parkplätze und die „Eltern für Zukunft“ bauen Infostände auf.

Zudem trifft am Freitagabend Schalke 04 auf Mainz 05, den ersten klimaneutralen Verein der Bundesliga, der seine Mitarbeiter freistellt für die Klimaproteste. Die genaue Formulierung lautet allerdings „die nicht in den Spieltag involvierten Mitarbeiter“, zudem findet das Spiel glücklicherweise mit ausreichender zeitlicher Distanz zur Demo statt. 500 Mainzer Fans können günstig im vom Verein subventionierten Sonderzug anreisen.

Gladbeck, 11 Uhr, Jovyplatz (Kundgebung am Rathaus): Die Grünen rufen zur Fahrraddemo mit fahrender Straßenblockade auf. Die Idee: Man will eine kritische Masse (Critical Mass) bilden, denn nach der Straßenverkehrsordnung (Paragraf 27) bilden mehr als 15 Radler einen geschlossenen Verband und dürfen auch zu zweit nebeneinander auf der Straße fahren.

Hagen, 12 Uhr, Johanniskirche

Hattingen, 9:30 Uhr, Untermarkt: Auch das Jugendparlament und die Oldies for Future verteilen fotokopierte Zitate von Mahatma Ghandi, Sonnenblumen und Aufkleber fürs Auto.

Herne, 11.59 Uhr, Robert-Brauner-Platz: Hier marschieren allerdings nicht die Schüler, sondern „Oma und Opa for future“. Jutta und Jörg Höhfeld (75) setzen sich „stellvertretend für unsere Enkel ein“. Es ist nicht davon auszugehen, dass sie allein bleiben nach einem offenen Aufruf „Aber selbst zu zweit“, sagt er, „wären wir schon doppelt so viele wie Greta Thunberg, als sie sich im vorigen Jahr allein vor das Parlament in Stockholm gesetzt hat.“

Herten, 10 Uhr, Am Glashaus

Iserlohn, 10 Uhr, Hemberg Parkplatz

Kleve, 10 Uhr, Parkplatz der Ludwig-Jahn-Straße

Lünen, 12 Uhr, Europaplatz

Marl, 12 Uhr, Rathausplatz

Mülheim, 14 Uhr, Kurt-Schumacher-Platz

Neukirchen Vluyn, 16 Uhr, Vluyner Platz 23.09.2019 - 16:00, Vluyner Platz Kreidemalen

Hamm, 10 Uhr, Bei der Stadtbücherei

Herten, 10 Uhr, Am Glashaus

Oberhausen, 11:30 Uhr, Rathaus Schwartzstraße

Oer-Erkenschwick, 10:30 Uhr, Berliner Platz

Recklinghausen, 12 Uhr, Bahnhof

Schwerte, 9 Uhr, Rohrmeisterei

Sprockhövel, 9.30 Uhr, Dresdener Str.: Die vielleicht kleinste Demo des Ruhrgebiets, zumindest nach Körpergröße. Die Grundschule Börgersbruch zieht zur Zwiebelturmkirche.

Werne (an der Lippe), 12 Uhr, Solebadparkplatz

Wesel, 16 Uhr, Rathaus

Witten, 12 Uhr, Rathaus

Xanten, 11:55 Uhr, Markt

Was ist in der Woche nach dem großen Streik los?

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Unter dem Stichwort #week4CLIMATE sind sieben Tage lang Aktionen geplant (21.-27. September). Jedoch wollen die Schüler keineswegs durchstreiken, pro Tag wird es nur zwei bis elf Veranstaltungen geben, die sich über ganz Deutschland verteilen, wobei NRW hier am aktivsten zu sein scheint. Die meisten finden außerhalb der Schulzeit statt.

Zum Beispiel wollen sich am Samstag die Schüler in Mülheim (15 Uhr) und Oberhausen (11 Uhr) zu zwei „Clean-Ups“ treffen, also zum Müllsammeln. Geeignet dreckige Orte werden noch gesucht, das Oberhausener Ruhrufer ist in der Verlosung – zumal der Aktionstag unter dem Motto „Clean oceans“ steht.

Am zweiten Tag geht es um „Life-giving forests“ – man ahnt es, nach den Anfangsbuchstaben C und L geht es tageweise mit I, M, A, T, E weiter. der Schwerpunkt Wald findet seinen natürlichen Fokuspunkt im Hambacher Forst. Die zentrale Diskussion und Mobilisierung dazu läuft in Köln (12 Uhr, Bahnhof). Oberhausen nutzt den Sonntag zu einem Vernetzungs-Picknick am Haus Ripshorst (10 Uhr).

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In zahlreichen Städten will die Fridays-for-Future-Bewegung am kommenden Freitag demonstrieren. Zeitgleich finden weltweit Aktionen statt.
Von Christopher Onkelbach, Tom Mader, Martin Korte

Die „Ice landscapes“ des Montags sind Thema eines Filmabends im Mülheimer Café Ziegler (18 Uhr) und eines Kreidemalens auf dem Vluyner Platz in Neukirchen-Vluyn (16 Uhr).

Erst am 25. September geht es im Ruhrgebiet weiter zum Thema weltweite Klimagerechtigkeit (,,Asymmetry global north vs. global south“). Die Oberhausener Gruppe veranstaltet Workshops im Theater (18 Uhr).

Am 26. September demonstrieren die Hagener (14.30 Uhr, Friedrich-Ebert Platz) für die Bienenrettung. Mit dabei: einige Kindergärten.

Was machen die Unternehmen?

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Mittlerweile haben sich über 3000 Unternehmen den „Entrepreneurs for future“ angeschlossen. Und ihre Solidarität mit „Fridays for Future“ bekunden auf der Aktionsseite www.nichtmeinerbe.de fast 2000 Unternehmen, vor allem Mittelständler, Einzelhändler und kleinere Büros: Architekten, Ingenieure, Werber, Gastronomen und Praxen. In Bochum zum Beispiel Eiskirch Moden, das Unternehmen des Bruders des Oberbürgermeisters. Daneben sind Kulturinstitutionen wie die Dresdner Sinfoniker und kleinere IT-Dienstleister gelistet, große Ruhrgebietsmarken sind bislang nicht dabei.

Die bekanntesten Namen stellen Firmen aus der Bio- und Öko-Branche wie die Lebensmittelmarke Allnatura, der Düsseldorfer Energie-Dienstleister Naturstrom. Aus Essen ist auch Ista dabei, das Unternehmen mit knapp 500 Mitarbeitern ist spezialisiert auf Energieeffizienz in Gebäuden. Flixbus wird Teilnehmer gratis zu Kundgebungen fahren und gibt Beschäftigten frei. Die Stadt Düsseldorf will ihren Mitarbeiter die Teilnahme an der Demo über Gleitzeit ermöglichen, auch Oberbürgermeister Thomas Geisel will mitlaufen.

Die Unterstützung durch Firmen wird von Bochum aus organisiert

Bei der Jahresversammlung der GLS-Bank waren Aktivisten von „Fridays for Future“ dabei, ebenfalls dabei: Luisa Neubauer.
Bei der Jahresversammlung der GLS-Bank waren Aktivisten von „Fridays for Future“ dabei, ebenfalls dabei: Luisa Neubauer. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Koordiniert wird die bundesweite Akquise der „Unternehmen für Fridays for Future“ von Bochum aus. Die dort ansässige GLS-Bank hat seit Mai die Federführung, nach einer Vereinbarung mit den bundesweiten Koordinatoren der Schüler-Proteste um Luisa Neubauer – eine sinnige Arbeitsteilung: Während sich die Schüler selbst sehr konsequent von Politikern und Unternehmen abgrenzen, die sich nicht komplett zu ihren Klimaschutz-Zielen bekennen, hält die GLS die Plattform offen auch für Unternehmen, die sich nicht als nachhaltig bezeichnen. „Das Ziel ist es, höchstmögliche Aufmerksamkeit zu erzielen“, sagt GLS-Sprecher Julian Mertens. „Der Druck ist umso höher, je mehr konventionelle Unternehmen mitmachen.“

So freut und wundert man sich in der Szene offenkundig über die Ankündigung der Axel Springer AG, ihre Mitarbeiter freizustellen, sofern diese am Freitag an einer Demo teilnehmen wollen – sind doch gerade die Springer-Blätter „Bild“ und „Welt“ für ihre zum Teil klimaskeptische Positionierung bekannt.

RWE sendet ein Signal

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Der Energiekonzern RWE, als größter Braunkohle-Verwerter und Herr über den Hambacher Forst die beliebteste Zielscheibe der Klimaaktivisten, gibt seinen Mitarbeitern zwar nicht frei. Es wird dennoch als Signal und nicht als Selbstverständlichkeit verstanden, wenn der Vorstandsvorsitzende Rolf Martin Schmitz sagt: „Wenn sich Mitarbeiter engagieren wollen, können sie das in ihrer Freizeit tun.“ Ebenso halten es der Stromanbieter Eon und der Spezialchemiekonzern Evonik.

Auch Gewerkschaften unterstützen die Schüler. Verdi hat über die Bezirke Aufrufe an seine Mitglieder gestartet, sich außerhalb der Arbeitszeit an den Klimaaktionen zu beteiligen. Am Freitag soll auch Verdi-Chef Frank Bzirske in Düsseldorf sprechen. Selbst die IG Metall „begrüßt es, wenn Mitglieder am 20. September Flagge zeigen“, erklärt NRW-Sprecher Mike Schürg. „Wir werden aber nicht zentral aufrufen. Ein Aufruf zu einem Streik ist nur im Rahmen von Tarifverhandlungen zulässig.“ Zudem vertrete man „Beschäftigte, deren Branchen besonders vom ökologischen Umbau der Wirtschaft betroffen sind. Deshalb gibt es unterschiedliche Sichtweisen zwischen uns und Fridays for future darüber, welche Schritte zur Erreichung der Klimaziele notwendig sind und in welcher Geschwindigkeit die Zwischenziele bis 2050 erreichbar sind.“