Essen. Beim Geldausgeben liegt NRW vorn - zumindest, wenn es um die Verwendung der Mittel aus dem Konjunkturpaket II geht. Aufträge im Wert von 750 Millionen Euro sind bereits vergeben, 2000 Aufträge sind an die Betriebe im Land ergangen. Investiert werden soll vor allem in die Bildung.
Der Bolzplatz bekommt einen Ballfangzaun, die Landstraße den Verteilerkreis, das Theater ein dichtes Dach. In NRW haben die Kommunen das ihnen zugedachte 2,3 Milliarden schwere Konjunkturpaket II offenbar stärker liebgewonnen als anderswo. Für 750 Millionen Euro sind Aufträge vergeben. 444 Seiten dick ist die aktuelle Aufstellung der Projekte, die helfen sollen, die angeschlagene Wirtschaft wieder flott zu machen. 2000 Aufträge sind raus an die Betriebe. 70 Prozent der geplanten Maßnahmen sind sogar bereits begonnen. „Wir haben in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu anderen Bundesländern deutlich die Nase vorn“, lobt Landesinnenminister Ingo Wolf (FDP). Ein Großteil soll der besseren Bildung dienen.
Baustelle Schule
Wenn Schülerinnen und Schüler in der nächsten Woche in ihre Klassen zurückkehren, werden sie dort also häufig Schuttberge und Baustellen vorfinden. Der Staat steckt gerade landesweit 694 Millionen Euro alleine in das Aufpeppen der vielerorts maroden Schulinfrastruktur.
So erfährt die Wuppertaler Gesamtschule in der Florian Geyer-Straße eine Totalsanierung der Heizung, ihre Fenster werden ausgetauscht, ein neuer Sonnenschutz installiert. Duisburg baut in die Gemeinschaftsgrundschule am Hochfelder Markt für 90 000 Euro eine Heizungssteuerung ein, die letztlich die Betriebskosten um 30 Prozent senken soll. In der Essener Unesco-Schule werden die alten Fenster rausgeworfen. An insgesamt 1695 Schulprojekten im Land wird gewerkelt.
Ganz einfach
Wolf will mit der Veröffentlichung der Bauaktivitäten Gerüchten zuvorkommen, die Kommunen zeigten kein Interesse an dem Konjunkturprogramm. Er lobt deren Eifer in NRW und führt dies auf die einfacher Art und weise zurück, wie hierzulande die Anträge gestellt werden können. Per E-Mail nämlich. Die Bezirksregierungen segnen die Projekte dann in der Regel ab. "Die Auswahl der Projekte liegt alleine in der Verantwortung der Kommunen", sagt Wolf.
Doch: Geht das zu schnell? Vielleicht zu unüberlegt? Es gibt, bundesweit, natürlich Kritik am Programmpaket. Wenn es das Ziel ist, besonders energiesparende Investitionen anzuschieben: Wieso kauft der Bundespräsident dann neue Autos für die Gärtner von Schloss Bellevue und die Bundeswehr 3000 neue Maschinenpistolen von Heckler und Koch?
Neue Parkplätze
Auch in der NRW-Liste stehen einige Vorhaben, die Nachfragen provozieren. Essen verpasst der Bühne des Grillo-Theaters eine neue Tonanlage. Der Bildung wegen? Und die Stadt Düsseldorf gibt sich ganz autofreundlich und will eine Million Euro in mehr als 300 neue Parkplätze beim ISS-Dome stecken samt HighTech-Parkleitsystem. Die 37 Bäume, die mit Geld aus dem Konjunkturprogramm an gleichem Ort gepflanzt werden sollen, könnten vielleicht nur ein Trostpflaster für Umweltschützer sein.
Allerdings sind auch Fahnder des Bundesrechnungshofes unterwegs, die Fehlinvestitionen aufspüren sollen. Sie dürfen sich erstmals in Angelegenheiten von Gemeinden einmischen.
Herbst-Boom
Das Land glaubt unterdessen, dass der Herbst einen neuen Bauschub bringt. "Geballte Nachfrage lässt die Unternehmen in einigen Bereichen an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen", weiß der Innenminister. Was bedeutet: Aufträge kommen später - und vielleicht gerade richtig, wenn in einigen Monaten der Arbeitsmarkt massiv einbrechen sollte.