Essen. Jakob Funke gründete mit Erich Brost 1948 die WAZ. Lesen Sie das Portrait eines Zeitungsmannes, der sein Handwerk von der Pike auf lernte.

Jakob Funke, der 1948 gemeinsam mit Erich Brost die Westdeutsche Allgemeine Zeitung, somit die Keimzelle der heutigen Funke-Mediengruppe, gründet, ist keiner, der den großen Auftritt sucht, der sich mit großer Geste in der Öffentlichkeit bewegt. Jakob Funke, der Mann, der von der Pike auf die Kunst des Zeitungsmachens erlernt, beweist schon sehr bald, dass er noch ganz andere Qualitäten hat, als die eines hervorragenden Journalisten.

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Eine Tatsache, die ihm später, vor allem, was die Gründungsphase der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung angeht, wertvolle Dienste erweisen wird. Denn er bewegt so unendlich viel, dieser mit seinen 1,65 Metern nun wahrlich nicht groß gewachsene Mann, dem zudem ganz gewiss nicht in die Wiege gelegt worden ist, einmal an der Spitze der größten deutschen Regional-Zeitung zu stehen. Einer Zeitung, deren wirtschaftlicher Erfolg die Grundlage legt, für die in der bundesdeutschen Medienwelt viel beachtete Erfolgsgeschichte eines deutschen Zeitungsverlages.

Als noch nicht einmal 14-jähriger Heranwachsender wird der spätere Vollblutjournalist Jakob Funke zu Beginn des 1. Weltkriegs in die Zeitungswelt hineingeworfen. Ein knappes Jahr nach dem Tod seines Vaters am 27. März 1914 entdeckt seine Mutter eine Anzeige in der damals in Essen erscheinenden Rheinisch-Westfälischen Zeitung (RWZ). Eine Entdeckung mit Folgen.

Dort heißt es: „Zum sofortigen Eintritt suchen wir noch einen fleißigen, geweckten Knaben für leichte Bürodienste.“ Für den „geweckten Knaben“ Jakob Funke ist es eine Anzeige, die sein Leben für immer verändern wird.

Das tragende Erfolgsrezept

Absolut verwunderlich aus heutiger Sicht: Dieser so kundige und vor allem in seiner Sprache so lesernahe Journalist Jakob Funke tritt mit der Gründung der WAZ viele Jahre später als Journalist völlig in den Hintergrund und arbeitet fortan als „Verlagsmanager“, wie man es vermutlich heute formulieren würde. Vielleicht war diese strikte Aufgabenteilung zwischen Erich Brost, der nicht nur Herausgeber, sondern auch Chefredakteur des neuen Blattes wurde, und Jakob Funke, das eigentliche Erfolgsrezept. Eine äußerst wirkungsvolle Rezeptur für die später so bewunderte, von manchen auch beneidete WAZ.

Jakob Funke mit der Fotografin Marga Kingler bei einer frühen Weihnachtsfeier der jungen WAZ, wahrscheinlich noch in Bochum.
Jakob Funke mit der Fotografin Marga Kingler bei einer frühen Weihnachtsfeier der jungen WAZ, wahrscheinlich noch in Bochum. © WAZ-Archiv

Der höchst umtriebige Jakob lernt zunächst die Welt der Zeitung von Grund auf kennen. Vertrauten wird er später immer wieder voll Stolz von diesen Lehrjahren berichten. Ohne Schulabschluss, ohne akademische Bildung, schwimmt er schon bald oben mit, zieht die Aufmerksamkeit seiner Vorgesetzten auf sich. Vom einfachen Hausboten, der treppauf treppab Manuskripte aus der Schreibstube zur Setzerei bringt, entwickelt er sich stetig weiter.

Die Chance auf „Lebensstellung“ früh genutzt

Von Reinhold Wulle, dem damaligen Chefredakteur der RWZ, hat Karl Sabel, Jakob Funkes langjähriger Freund und Wegbegleiter, den Spruch überliefert. „Mein Sohn, wenn du fleißig bist, kannst du hier eine Lebensstellung haben.“ Wie recht Wulle behalten sollte.

Jakob Funke bleibt, mit nur kurzen Unterbrechungen zeitlebens der Zeitung verbunden, er hat seine Lebensstellung, seine Lebensaufgabe gefunden. Schnell findet er sich zurecht in dieser hektischen, damals noch vom typischen Geruch nach Blei und Druckerschwärze dominierten Arbeitsatmosphäre.

Ein schwieriges Kapitel in Jakob Funkes Leben ist die Zeit des Nationalsozialismus. Zwar attestieren ihm verschiedene Quellen ein distanziertes Verhältnis zu den Nazis. Doch bedeutet gerade diese Zeit für Funke, der spät NSDAP-Mitglied geworden war, auch ganz persönlich eine Zäsur, die ihm beinahe jede weitere Betätigung auf dem Feld des von ihm geradezu geliebten Journalismus unmöglich gemacht hätte

Kenner der Ruhrgebiets-Mentalität

Jakob Funke gehört nach dem Krieg zu denen, die sich rasch wieder unentbehrlich machen. Doch geschieht dies nicht ohne Widerstand. Erich Brost will Funke, dessen hervorragende Kenntnis des Ruhrgebiets er schätzt und dessen Kontakte er dringend benötigt, unbedingt in sein Gründungsteam der NRZ einbauen, was er auch tut.

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Brost hat später die WAZ-Lizenz erhalten. Sein Name steht auf dem Dokument. Doch der Mann aus Danzig, der Emigrant, wäre ohne den umtriebigen Funke, den Intimkenner der Ruhrgebiets-Mentalität als Fremder im Revier sicherlich sang- und klanglos untergegangen. Und Funke kennt viele Leute. Vor allem findet er in seiner zupackenden Weise den direkten Weg zu vielen Menschen, die ihm für dieses Projekt äußerst nützlich sein würden. So nimmt es nicht Wunder, dass wichtige Köpfe des alten RWZ-Verlages bald wieder an zentraler Stelle der in der neuen Zeitung arbeiteten.

Jakob Funke machte Günther Grotkamp zum Vertrauten

Den Beginn der späteren Zeitungsgruppe WAZ, dem Vorläufer der heutigen Funke Mediengruppe, trieb er kurz vor seinem Tod gemeinsam mit dem 1960 von ihm ins Unternehmen geholten Günther Grotkamp voran. Die ehemals selbstständigen Zeitungen Westfälische Rundschau, Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung und die Westfalenpost, sollten bald dazu gehören. Auch an dem später so erfolgreichen Konzept, der wirtschaftlichen Einheit, bei gleichzeitiger Unabhängigkeit der Redaktionen, beteiligte er sich noch. Funke war es auch, der Grotkamp zum Vertrauten machte.

Jakob Funke stirbt am 5. Februar 1975, nur vier Tage nach dem Tod seiner Frau Rosemarie. Das Unternehmen, dessen Keimzelle die WAZ ist, trägt seit 2013 seinen Namen. Als Zeichen für die familiäre Struktur des Verlages aber auch als Würdigung seines Lebenswerks.

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Dieser Beitrag erscheint anlässlich des 75. Geburtstages der WAZ. Alle Artikel zum Jubiläum finden Sie unter waz.de/75jahrewaz. Unsere große Jubiläumsausgabe können Sie auch online durchblättern als digitales „Flipbook“: waz.de/jubilaeum.